Frühlingstagung Verbandsziele: Praxisforschung Jahrestagung T H E M E N H E F T – D I A B E T E S T Y P 1 : U P D AT E 02/2021 www.kinderaerzteschweiz.ch info@kinderaerzteschweiz.ch Jahrestagung 2021 Familie? Familie! Donnerstag, 9. September 2021 Seedamm Plaza in Pfäffikon (SZ) Familie? Familie!
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3 02 / 2021 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ INHALT / IMPRESSUM ■ HABEN SIE ANREGUNGEN, KRITIK ODER LOB? Dann schicken Sie uns eine E-Mail an: info@kinderaerzteschweiz.ch Wir freuen uns. IMPRESSUM REDAKTIONSTEAM: Dr. med. Matthias Furter, Winterthur; Dr. med. Stefanie Gissler Wyss, Neuendorf; Dr. med. Raffael Guggenheim, Zürich; Dr. med. Irmela Heinrichs, Uster (Leitung); Dr. med. Cyril Lüdin, Muttenz; Dr. med. Nadia Sauter Oes, Winterthur; Dr. med. Martin Schmidt, Rheinfelden; Dr. med. Jürg C. Streuli, Uznach; Dr. med. Kerstin Walter, Bern; Dr. Daniel Brandl, PhD, Geschäftsführer HERAUSGEBERIN: Verlag Praxispädiatrie GmbH, Badenerstrasse 21, 8004 Zürich ABO: 4 Ausgaben/Jahr: Fr. 48.– inkl. Porto (für Mitglieder inklusive) Spezialpreis für MPAs, Mütter- und Väterberatungsstellen sowie Nonprofit-Organisationen im Bereich Kinder- und Jugendgesundheit: Fr. 32.– inkl. Porto BILDER / ILLUSTRATIONEN: Alamy Stock Photo, Wikipedia/Wikimedia Commons, Anaïs Schmidt, Daniel Brandl, Kinderärzte Schweiz, Caroline Brugger Schmidt, Melanie Hess, Martin Schmidt, diabetesschweiz, Ciao Corona/Universität Zürich, Beatrice Kivanc, Sandra Burri, Teilnehmende Frühlingstagung 2021, Gesa Schweizer, Referierende und Moderierende Jahrestagung 2021, KIS Arbeitsgruppe Jahrestagung 2021, Universitäts-Kinderspital beider Basel UKBB, Kerstin Walter, Udo Meinhardt, Diabetes Technology & Therapeutics, Shutterstock, Verlag Kirchheim und Co., Verlag Karger, Verlag Mabuse, Springer Verlag, Kirchheim Mainz, FIONAARTS Fotografie Fiona Piola, Fachstelle kindsverlust.ch, Hanser Literaturverlage, Hogrefe. KORRESPONDENZ: Kinderärzte Schweiz Badenerstrasse 21, 8004 Zürich Telefon 044 520 27 17 info@kinderaerzteschweiz.ch, www.kinderaerzteschweiz.ch INSERATE: Dr. med. Cyril Lüdin, cyril@luedin.eu GRAFIK, SATZ UND DRUCK: Vogt-Schild Druck AG, CH-4552 Derendingen Auflage: 1075 Expl. Nächste Ausgabe: 03 / 2021 Redaktionsschluss: 25. Mai 2021 ISSN 2296-2549 (Print) ISSN 2673-4656 (Online) GENDERGERECHTE SPRACHE: Wir achten in unseren Artikeln auf gendergerechte Sprache. Das heisst, wir beziehen Frauen und Männer gleichermassen in unsere Texte ein, denn Frauen fühlen sich mit der männlichen Form nicht automatisch mitgemeint. Präferenziell wird eine genderneutrale Sprache verwendet. Wenn dies nicht möglich ist, wird zwischen männlicher und weiblicher Form alterniert, jedoch ohne Wertungen/Diskriminierungen (wie z. B. «Professoren und Studentinnen»), bzw. solche Wertungen sollen sich abwechseln. In Ausnahmefällen ist die schwerfällige Beidnennung männlich/ weiblich möglich; diese versuchen wir jedoch zu vermeiden. Drucksache myclimate.org/01-21-105204 EDI TOR IAL 5 Diverse Dimensionen des Diabetes VERBANDSZ I ELE 7 Forschung in der Praxispädiatrie – wir machen Fortschritte P INNWAND 8 Lesenswertes aus dem KIS Vorstand, unseren Arbeitsgruppen und dem Rest der Welt BERUFSPOL I T I K 9 mfe FRÜHL INGSTAGUNG 10 Kinderärzte Schweiz Frühlingstagung vom 18. März 2021 11 Selfies 12 MPA Referat – «Schlafverhalten und Wohlbefinden von Jugendlichen während des COVID-19-Lockdowns im Frühling 2020» 12 MPA Referat – «Von verstopften Rohren und wie man sie entstopft» 13 Ärzte Referat – «Notfälle – Erkennung/Erstbehandlung» 15 Ärzte Referat – Allergologie: «Frühlingsgefühle in Aug und Nas!» 15 Ärzte Referat – HNO: «Paukenerguss – Worauf muss ich achten?» JAHRESTAGUNG 17 Kinderärzte Schweiz Jahrestagung vom 9. September 2021 – ohne Abkürzungen FORTB I LDUNG: THEMENHEFTTE I L 19 Diabetes-Technologie in der Pädiatrie – Realität und Zukunftsmusik 23 Glossar Diabetologie 24 Beurteilung der Blutzuckerkontrolle im Zeitalter der kontinuierlichen Sensorüberwachung 28 Psychische Aspekte beim Juvenilen Diabetes mellitus Typ 1 30 Sind Kinder mit Diabetes Typ 1 «hilflos»? 33 Mein Leben mit dem Diabetes 34 Diabetes mellitus im Kindesalter – was bedeutet diese Diagnose für eine Familie? 37 Wieso ein Notfall-Bracelet bei Jugendlichen sinnvoll ist 39 Büchertipps zum Thema «Diabetes mellitus und Kinder» PUBL I REPORTAGE 42 Rehabilitation chronisch kranker Kinder und Jugendlicher an der HGK Davos KURSE /WORKSHOPS / FORTB I LDUNGEN 43 Kurse KIS 44 Veranstaltungskalender 44 Die gute Fortbildung DAS GUTE K INDERBUCH FÜR DI E PRAX I S 45 «Lulu in der Mitte» 45 «Bestiaire helvétique» FÜR S I E GELESEN 46 «Lotte, träumst du schon wieder?» © Kinderärzte Schweiz
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5 02 / 2021 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ EDI TOR IAL Liebe Leserinnen und Leser Vor hundert Jahren haben die beiden sympathischen Herren auf dem Titelbild das Hormon Insulin erstmals isoliert und damit den Beginn der Diabetestherapien möglich gemacht. Nun konnten Patienten gerettet werden, die eine den Symptomen nach gut bekannte, aber bisher tödliche Erkrankung erdulden mussten. Die beiden Mediziner sind Charles Best (links) und Frederick Banting (rechts). Natürlich waren sie nicht die einzigen beiden Forscher, die an den Arbeiten beteiligt waren. Der Nobelpreis zwei Jahre später wurde zwar nicht offiziell, aber kollegial zu viert geteilt, ohne den abgebildeten Hund «Marjorie». Dieser hatte 70 Tage ohne Pankreas überlebt, indem er Pankreassekrete injiziert bekam und man so die Therapiewirksamkeit beweisen konnte. Wir möchten in dieser Ausgabe einen Überblick geben über einige Aspekte dieser komplexen und vielschichtigen Erkrankung. Wir konzentrieren uns dabei auf den bei Kindern und Jugendlichen hauptsächlich vorkommenden insulinpflichtigen Diabetes Typ 1. Er kann heute mit hochentwickelten technischen Therapieoptionen behandelt werden, welche nicht nur vor 100 Jahren noch komplett utopisch geklungen hätten. Durch den Artikel von Marie-Anne Burckhardt werden diese faszinierenden Möglichkeiten und weitere Entwicklungen deutlich. Udo Meinhardt zeigt, wie man die gewonnenen Daten nutzen und interpretieren kann, und dank des Glossars von Melanie Hess kann man auch in Zukunft schnell nachschlagen, was die vielen verwendeten Fachbegriffe denn wirklich bedeuten. Wie schon zu Zeiten von Banting und Best ist der Diabetes Teamwork, das von Anfang an unbedingt auch die psychischen und sozialen Aspekte berücksichtigen muss. Denn es steht trotz aller Technik der Mensch im Mittelpunkt. Dies soll betont werden durch die Ausführungen von Astrid Walukiewicz und Beatrice Göschke über ihre Erfahrungen aus den Diabetes-Sprechstunden. Wie Anaïs, eine betroffene Jugendliche, und ihre Eltern mit der Krankheit umgehen, soll ebenso berücksichtigt werden wie die Anregung, mit einem Notfall-Armband der alltäglichen Gefahr von Hypoglykämien begegnen zu können. Caroline Brugger erklärt uns den in Bezug auf Diabetes noch praktisch unbekannten Anspruch auf Hilflosenentschädigung, wie er in unserem Schweizerischen Sozialversicherungssystem aus der komplexen Betreuung eines betroffenen Kindes erwachsen kann. Und wussten Sie, dass in der Schweiz nach einer Berner Erhebung etwa die Hälfte der neuentdeckten Diabetespatienten in ketoazidotischem und damit potenziell lebensgefährdetem Zustand ins Spital kommen? In Deutschland sind es nur ca. 25%! Mehr Aufmerksamkeit, oder modern «Awareness», von uns allen kann hier nicht schaden – daher liegt dem Heft ein Flyer bei, der von der Patientenorganisation «diabetesschweiz» lanciert und zum Aushang z. B. imWartezimmer entworfen wurde. So können Patienten bzw. deren Eltern für die Symptome eines Diabetes sensibilisiert werden und gezielt Beratung suchen. Ausserhalb des Themenheftteils lassen wir die erfolgreiche KIS Frühlingstagung vom 18. März 2021 in diesem Heft Revue passieren und erinnern Sie an unsere Jahrestagung vom 9. September 2021, welche hoffentlich als Präsenzveranstaltung in Pfäffikon (SZ) durchgeführt werden kann. Ursula Laasner und Marc Sidler berichten über die Fortschritte der Arbeitsgruppe Forschung in der Praxispädiatrie, Rolf Temperli über aktuelle Themen aus der Berufspolitik und wie immer gibt es auch Rezensionen von Büchern, welche uns besonders gut gefallen haben. Wir danken allen Autorinnen und Autoren für ihre engagierte und wertvolle Mitarbeit. Wir sind uns sicher, dass unsere Leserinnen und Leser der scheinbar bekannten Erkrankung Diabetes einiges an neuen Erkenntnissen abgewinnen können. Herzliche Grüsse, Melanie Hess und Martin Schmidt Diverse Dimensionen des Diabetes DR. MED MELANIE HESS LEITENDE ÄRZTIN ENDOKRINOLOGIE/ DIABETOLOGIE, UNIVERSITÄTSKINDERSPITAL BEIDER BASEL UKBB, BASEL Korrespondenzadresse: melanie.hess@ukbb.ch DR. MED. MARTIN SCHMIDT FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN FMH, MITGLIED REDAKTIONSKOMMISSION, PRAXISPÄDIATER IN DER GEMEINSCHAFTSPRAXIS ÄRZTE AM WERK, RHEINFELDEN Korrespondenzadresse: martin.schmidt@hin.ch Die Themen der folgenden Hefte sind: News 03/2021: Qualität in der kinderärztlichen Praxis News 04/2021: Jahrestagung News 01/2022: Mythen in der Pädiatrie News 02/2022: Reisemedizin
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7 02 / 2021 VERBANDSZ I ELE K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ An der Wintertagung vom 30. Januar 2020 traf sich eine Gruppe interessierter KIS Mitglieder mit einem Gremium von Expertinnen im Bereich Forschung. Das Ziel war, eine Bestandesaufnahme zu machen, wo wir zum Thema Forschung in der Praxispädiatrie stehen – einem der Verbandsziele unseres Vereins. (Wir haben in den KIS News Nr. 1/2020 darüber berichtet.) Spontan erklärten sich Anna Pirker, Kirsten Schiesser, Ralf von der Heiden und Ursula Laasner dazu bereit, in der von Marc Sidler geleiteten neuen Arbeitsgruppe Forschung in der Praxispädiatrie mitzuarbeiten. Während die Wintertagung 2020 glücklicherweise noch kurz vor dem Ausbruch der Pandemie «live» stattfinden konnte, wurden alle weiteren Treffen der AG pandemiebedingt via Zoom durchgeführt. In den ersten Meetings hat die Gruppe Themen debattiert und ausgewählt, welche für Forschungszwecke in der Praxis interessant, relevant und praktisch durchführbar sind. Ausserdem wurden die Kontakte mit dem Universitäts-Kinderspital Zürich (PD Dr. med. Michael von Rhein, Leiter Pädiatrische Versorgungsforschung und Dr. med. Johannes Trück, DPhil) sowie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW (Prof. Dr. Julia Dratva, Abteilungsleiterin Forschung Gesundheitswissenschaften und Prof. Dr. Frank Wieber, Stv. Leiter Forschung für Gesundheitswissenschaften) vertieft. Mit beiden Institutionen haben wir ab Beginn gemeinsame Projekte und Möglichkeiten besprochen. In Zusammenarbeit mit dem Universitäts-Kinderspital Zürich ist der Aufbau einer Forschungsplattform geplant. Diese soll ermöglichen, schweizweite Daten aus kinderärztlichen Praxen an einem zentralen Ort zu sammeln und aufgrund dieser Datensammlung Fragestellungen einzuspeisen und indikative Antworten zu erhalten. Im Kanton Zürich wurde zur Evaluation dieser Plattform ein Pilotprojekt zum Thema Corona (SentiPED Covid-Analyse Praxis) lanciert: Kinderärzte tragen wöchentlich die Ergebnisse der Corona-Abstriche ihrer Praxen sowie gewisse Eckdaten wie Alter und vermeintliche Herkunft der Ansteckung ein. Anschliessend erhalten alle Teilnehmenden eine Auswertung der Daten sowie deren Interpretation vom Universitäts-Kinderspital Zürich. Dies ermöglicht es den Pädiaterinnen, immer auf dem aktuellsten Stand für ihre spezifische Region zu sein. Zurzeit nehmen rund 30 Praxen am Pilot teil. Basierend auf diesem erfolgreichen Pilotprojekt ist nun eine nationale Datenbank geplant, wofür vom UniversitätsKinderspital Zürich mit KIS als Projektpartner (vertreten durch Marc Sidler, Ralf von der Heiden und Ursula Laasner) ein entsprechendes Gesuch zur finanziellen Unterstützung durch die Universität Zürich und die ETH eingereicht wurde. Diese nationale Datenbank soll in einem ersten Schritt mit kurzen Fragen/Antworten zum Thema Impfungen/Impfberatung aufgebaut werden. ZusätzlichzudieserZusammenarbeitmitdemUniversitätsKinderspital Zürich ist KIS aktiv involviert an der Planung eines Forschungsprojektes mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW. Es wurde kürzlich ein Antrag zur finanziellen Unterstützung durch den Schweizerischen Nationalfonds SNF für ein gemeinschaftliches Forschungsprojekt eingereicht. Als Thema findet sich auch hier das omnipräsente Coronavirus wieder. In diesem Projekt geht es im Kern darum, zu beleuchten, welche Konsequenzen das Coronavirus in der pädiatrischen Praxis auf die Anzahl spezifischer Konsultationen sowie die allfällige Verschiebung von Präsenzkonsultationen auf virtuelle Fachgespräche hat. Auch hier ist KIS als Projektpartner beteiligt (vertreten durch Marc Sidler und Ursula Laasner). Um die Forschung in der kinderärztlichen Praxis für teilnehmende Ärzte zusätzlich attraktiv zu gestalten, hat die Arbeitsgruppe ausserdem vorgeschlagen, für Forschungsprojekte bzw. für die Teilnahme an Forschungsprojekten Fortbildungscredits zu gewähren. Es freut den KIS Vorstand sehr, dass sich ein engagiertes Team dem wichtigen Thema der Forschung in unseren Praxen angenommen hat und dass wir im ersten Jahr des Bestehens dieser Arbeitsgruppe unsere zahlreichen Ideen bündeln sowie ein paar erste Pflöcke einschlagen konnten. Unsere Vision eines gesamtschweizerischen Forschungsnetzwerks Praxispädiatrie nimmt sukzessive Formen an. Ziel ist es, auch die Kolleginnen und Kollegen der Romandie und aus dem Tessin miteinzubeziehen. Es war uns von Anfang an klar, dass wir zur Realisierung dieses Verbandsziels weder Finanzen noch Technologie oder Manpower über Nacht aus dem Hut zaubern können – es geht jedoch Schritt für Schritt vorwärts und wir haben einen langen Atem. Wir hoffen, dass viele KIS Mitglieder in Zukunft ein wenig ihrer Zeit für wichtige Forschungsprojekte in der Praxis einsetzen werden und halten euch natürlich über unsere Fortschritte auf dem Laufenden. ■ DR. MED. URSULA LAASNER MITGLIED ARBEITSGRUPPE FORSCHUNG IN DER PRAXISPÄDIATRIE, WINTERTHUR Korrespondenzadresse: ursula.laasner@hin.ch DR. MED. MARC SIDLER PRÄSIDENT KINDERÄRZTE SCHWEIZ, BINNINGEN Korrespondenzadresse: marc.sidler@hin.ch Forschung in der Praxispädiatrie – wir machen Fortschritte
8 BERUFSPOL I T I K 01 / 2020 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 12 Pinnwand Lesenswertes aus dem KIS Vorstand, unseren Arbeitsgruppen und dem Rest der Welt Die in den obigen Texten erwähnten Links können in der E-Paper-Version dieses Heftes angeklickt werden. Neue Studienergebnisse: Jedes fünfte Schulkind hatte schon Corona Die Studie «Ciao Corona» der Universität Zürich hat zum dritten Mal 2500 Kinder aus 275 Klassen und 55 Schulen auf Antikörper gegen das neue Coronavirus getestet. Dabei zeigt sich: Knapp 20 Prozent aller Kinder haben bis April 2021 Antikörper gegen das neue Coronavirus gebildet. Zwei Drittel der infizierten Kinder und Jugendlichen bleiben symptomlos. Bei 80 Prozent der infizierten Schülerinnen und Schüler bleiben die Antikörper mindestens 6 Monate erhalten. 2 Prozent der Infizierten berichten über Symptome, die mit Long-COVID vereinbar sind. Die grosse Mehrheit der Schülerinnen und Schüler machte bei allen Testrunden (Sommer 2020, Herbst 2020, Frühling 2021) mit. Das erlaubt einen aussagekräftigen Langzeitvergleich. Das Wichtigste in Kürze: • Proportionaler Anstieg der Infektionen auch bei Kindern • 80 Prozent behielten Antikörper über 6 Monate • Clustering von Ansteckungen wächst proportional • Wenig Symptome vereinbar mit Long-COVID • «Ciao Corona»-Resultate stützen Massnahmen Weitere Informationen finden Sie auf https://www.ciao-corona.ch/3-testreihe. (Text/Logo: www.ciao-corona.ch) Impulsatelier «Qualität in der Praxispädiatrie» vom 27. Mai 2021 Eine Gruppe von aktiven und interessierten Teilnehmenden hat sich am 27. Mai 2021 in Zürich zum Impulsatelier (dem Nachfolger der traditionellen KIS Wintertagung) getroffen. Zwei Referate gaben die gewünschten Impulse für spannende Diskussionen zum Thema Qualität. Wir werden in den KIS News Nr. 3/21 (Themenheft «Qualität in der pädiatrischen Praxis») ausführlich darüber berichten. (Text/Foto: KIS-DFB) Arbeitsgruppe Jahrestagung Danke vielmals für eure zahlreichen Anmeldungen zur Jahrestagung vom 9. September 2021. Wir legen alles daran, dass wir uns vor Ort in Pfäffikon (SZ) treffen können und hoffen, dass eine Grossveranstaltung mit rund 500 Personen erlaubt und sicher durchführbar sein wird. Voraussichtlich wird ein Impfnachweis oder die Bestätigung eines negativen Coronatests eine Bedingung zum Eintritt sein. Glücklicherweise sind schon viele unserer Mitglieder bereits geimpft. Wir legen die Impfung allen an KIS Fortbildungen Interessierten ans Herz. Natürlich gibt es einen Plan B – wir bleiben jedoch optimistisch, dass wir diesen nicht aktivieren müssen. Genaue Details werden wir nach den Sommerferien bekanntgeben. Anmeldungen nehmen wir auf www.jahrestagung.ch gerne entgegen. (KIS/DFB-CC) Arbeitsgruppe Kurswesen Am Donnerstag, 27. Mai 2021, wurde die erste grössere KIS Fortbildung seit Langem als Präsenzveranstaltung durchgeführt! Der Workshop «HNOUpdate für MPAs» hat mit rund 40 Teilnehmenden und Referierenden in Zürich stattgefunden. Um die Sicherheit aller Beteiligten zu gewährleisten, hat der KIS Vorstand beschlossen, als Teil der Schutzmassnahmen einen Impfnachweis oder eine negative Testbestätigung für nicht geimpfte Teilnehmende zu verlangen. Dies hat bestens funktioniert und wir freuen uns sehr darüber, dass unser Kurswesen wieder Schwung aufnimmt. (Text: KIS/BK-DFB) Kampagne zur frühzeitigen Erkennung eines Diabetes mellitus bei Kindern Einen Typ-1-Diabetes bei Kleinkindern/Kindern zu erkennen ist oft schwierig. Die Symptome sind Eltern zu wenig bekannt und wer rechnet schon damit, dass sein Kind an einem Diabetes erkranken könnte? Die Diagnose wird deshalb nicht selten erst aufgrund einer Hospitalisierung wegen diabetischer Ketoazidose gestellt. Als Patientenorganisation möchten wir mit einer einfachen Kampagne Eltern in Ihrer Praxis oder Ihrem Besprechungsraum auf Diabetes aufmerksam machen. Dabei zählen wir auf Ihre Mithilfe und bitten Sie, das beigelegte Plakat an einem gut sichtbaren Ort in Ihrer Praxis aufzuhängen. Zusätzliche Exemplare können jederzeit bei uns bestellt werden: sekretariat@diabetesschweiz.ch. Wir hoffen, dass wir mit diesem Plakat erreichen können, dass Diabeteserkrankungen bei Kindern früh genug erkannt und behandelt werden. Eltern stehen diabetesschweiz und Swiss Diabetes Kids bei Fragen gerne zur Verfügung. (Text/Logo: diabetesschweiz)
9 02 / 2021 BERUFSPOL I T I K K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ Ausgaben Covid kostete die Schweizer Wirtschaft allein im Jahr 2020 76 Mrd. Franken. Der Bund zahlte 2020 15 Mrd. für die Pandemie, davon 11 Mrd. für Kurzarbeitsentschädigungen und 194 Mio. für die Covid-Testung. Der Bund liess 14 Mio. Masken vergammeln und bezahlte bis zu Fr. 8.90 pro Stück. Der Bund liess 14 Mio. CovidTeste ablaufen und setzte somit 17 Mio. Franken in den Sand. Das BAG investierte 23 Mio. Franken für die Bewerbung der sehr begrenzt zur Verfügung stehenden Covid-Impfung. Sparen Angesichts von Fehlleistungen und hohen Ausgaben muss anderswo gespart werden, am einfachsten bei der Ärzteschaft. Die Covid-Impfung soll inklusive aller Administration in vier Minuten erledigt werden (aktuell werden je nach Kanton unterschiedliche Zuschläge gewährt). Als Steuerzahler würde man es begrüssen, wenn die Impfung im Impfzentrum nicht viel mehr als Fr. 60 kosten würde. Das BAG will den Arztlohn um 15% unter das Niveau von 1995 kürzen und uns dafür 14% länger arbeiten lassen. Andererseits wird das Abpacken von fünf Selbsttest in einen Plastiksack mit bis zu Fr. 25 vergütet, in der Apotheke. Nationale Politik Das Tabakproduktegesetz wird immer noch in den eidgenössischen Räten diskutiert. Noch ist offen, ob unsere Tabakinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» zur Abstimmung kommt oder ob ein griffiges Gesetz den Rückzug der Initiative erlaubt. Auch weiterhin umstritten sind die vom Bund vorgeschlagenen Kostendämpfungsmassnahmen. mfe hat ausführlich darüber berichtet. Der Bundesrat hat die «Zielvorgaben (jährliche Vorgabe eines Kostenziels mit Korrektur über den Preis der Leistung)» aus dem Sparpaket herausgelöst und will sie als indirekten Gegenvorschlag der Kostenbremse-Initiative der CVP/Die Mitte gegenüber stellen. Die Initiative will die Krankenkassenprämien an die Lohnentwicklung koppeln. Wie das zu geschehen hätte, lässt sie offen. Der Bundesrat lehnt die Initiativen ab. mfe lehnt den Kostendeckel «Zielvorgaben» ab, weil der Plan die Bekämpfung der Kostensteigerung auf die Leistungserbringer abwälzt, weil er die Politik von jeder Verantwortung befreit, weil er nichts anderes als eine Rationierung darstellt, zu Lasten der Patienten. Als Grundversorger (Kostensteigerung + 2% in 20 Jahren, und erst noch vom Bundesrat gewollt) hätten wir nichts zu befürchten, müssten wir nicht Kostensteigerungen in anderen Bereichen ausgleichen helfen. Covid-Impfung Die Covid-Impfung für Jugendliche steht vor der Tür, vielleicht auch schon für Jüngere. Noch haben wir von den Fachverbänden nichts gehört. Kinder und Jugendliche werden vielleicht besser durch ihre Pädiaterin geimpft als im Impfzentrum oder in der Apotheke. Werden die Kinder und Jugendlichen vorwiegend zu ihrem eigenen Schutz geimpft oder zur Annäherung an die Herdenimmunität? Weil impffähige aber impfunwillige Erwachsene nichts dazu beitragen? Wie zum Beispiel die 50% uneinsichtigen und unsolidarischen Pflegefachpersonen in Pflegeheimen? Tiefrisiko-Populationen impfen in Zeiten von Impfstoffknappheit? Influenza- versus Covid-Impfung? Es ist offensichtlich, dass wir nicht alle Impfwilligen in unseren Praxen zeitgerecht impfen können. Wir haben auch noch andere Aufgaben zu erfüllen, die neu geschaffenen Impfzentren nicht. Ebenso offensichtlich ist, dass niemand kostengünstiger impfen kann als wir: Wir kennen unser Klientel, unser Personal ist schon geschult und geübt, die Infrastruktur ist bereits vorhanden. Und wir können nicht akzeptieren, dass die Kassen, die Gesundheitsdirektorenkonferenz und einige Kantone frivol behaupten, dass Fr. 24.50 auch genügen (oder gar Fr. 14.50?), wider besseres Wissen. Wirtschaft in Kinderarztpraxen Falls die Jahresrechnung Ihrer Praxis 2020 schlechter ausfällt im Vergleich zum Vorjahr, so entspricht das dem Trend: Pädiaterinnen und Pädiater waren von der Krise mehr betroffen als alle anderen Fachrichtungen und haben 2020 weniger Patienten betreut, weniger lang gearbeitet und folglich weniger Umsatz erzielt (in der Grössenordnung von minus 8%). Erst die Roko- und MAS-Zahlen werden uns Informationen über das Betriebsergebnis liefern. Ausblick Mit der doppelten Freiwilligkeit zum Elektronischen Patientendossier ist es vorbei. Qualität wird strenger kontrolliert. Auf beide Themen werden wir zurückkommen. Die Präsidien von mfe, KIS und SGP treffen sich regelmässig zum Austausch, letztes Mal am 10. Mai. Es geht dabei jeweils um den gegenseitigen Informationsaustausch, Abgrenzungen der verschiedenen Aufgabenbereiche und Koordination der geplanten nächsten Schritte. Immer mit dem Ziel, die medizinische Grundversorgung zu stärken. ■ DR. MED. ROLF TEMPERLI VORSTANDSMITGLIED MFE, EHRENMITGLIED KINDERÄRZTE SCHWEIZ, LIEBEFELD Korrespondenzadresse: temperli-rossini@bluewin.ch
10 FRÜHL INGSTAGUNG 02 / 2021 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ Die ersten Schritte im Bereich Online-Fortbildungsveranstaltung hatte wir von KIS ja bereits im September 2020 mit der Jahrestagung gemacht. Wir hatten damals weder genügend Vorlauf- noch Übungszeit, um ein entsprechendes Format perfekt aufzuziehen. Wir zählten damals ein wenig darauf, dass unsere Mitglieder uns Anfängerfehler verzeihen würden, falls technisch nicht alles rund laufen würde. Glücklicherweise gab es keine Probleme und die Online-Jahrestagung wurde von allen Teilnehmenden sehr positiv aufgenommen. Die Frühlingstagung vom 18. März 2021 war das zweite Online-Fortbildungsangebot von KIS und folgte erneut dem erfolgreichen Format der Jahrestagung 2020: ein Nachmittag gefüllt mit praxisbezogenen Referaten für MPAs und Ärzte. Der Himmel über Zürich war an jenem Tag grau, die Gegend um den Hauptbahnhof menschenleer. Die vibrierende Geschäftigkeit des Frühlings war weg. Weshalb war dann mein Puls dennoch zu hoch? War es die Vorfreude auf die Veranstaltung oder das Wissen darum, dass der Kredit für Laufanfängerinnen von Online-Formaten bereits aufgebraucht war, welche die Anspannung bewirkten? Wohl beides zugleich. Dazu kam noch das Wissen um die totale Abhängigkeit von der Technik, die Dreh- und Angelpunkt jeder Onlineveranstaltung ist. Während des Weiterlaufens begann sich meine Nervosität Schritt um Schritt zu verringern. Es war mir doch klar, dass wir die Frühlingstagung mit unseren kompetenten Referierenden Dres. Céline Ritter Schenk, Yael Gilgen-Anner, Michael Hitzler, Oskar Jenni und Marc Sidler (Präsident von KIS) auf ein mehr als solides Fundament gestellt hatten. Sicher war auch, dass das Vorbereitungsteam, hervorragend unterstützt von Daniel Brandl und Bea Kivanc der KIS Geschäftsstelle, die Veranstaltung präzise durchdacht und organisiert hatte. Als dann Marc Sidler und Sandra Burri endlich lächelnd die rund 400 Fortbildungsteilnehmenden begrüssten und auf den Bildschirmen sichtbar wurden, ging ein erstes – auch durch die Masken hörbares – Aufatmen durch die Reihe der vor Ort Anwesenden. Sowohl die beiden MPA Vorträge als auch die drei Referate für Ärztinnen boten ein klar strukturiertes Teaching mit Fokus auf praxisrelevante Inhalte an und beantworteten aktuelle Fragestellungen unseres Fachgebietes zum jeweiligen Thema. Sandra Burri und Marc Sidler moderierten den Nachmittag gekonnt. Sie nahmen die online gestellten Fragen entgegen, damit sie von den Referierenden beantwortet werden konnten. Jedes erfolgreich ausgestrahlte Referat trug weiter zur Entspannung vor Ort bei. Ja, KIS war online erneut gut unterwegs. Die Zeit verging kurzweilig und sehr schnell. Am Ende des Nachmittags war klar, dass sich die innovative Arbeit für die Frühlingstagung gelohnt hatte. Auch die Auswertung der Feedbacks zeigte, dass unsere Online-Fortbildung von den KIS Mitgliedern mit Dankbarkeit und grossem Interesse verfolgt worden ist. Im Namen der Arbeitsgruppe JaTa bedanke ich mich bei den engagierten Referierenden; der Firma Klewel, welche sich perfekt um die technischen Belange gekümmert hat; unseren geschätzten Sponsoren für ihre grosszügige finanzielle Unterstützung sowie allen Beteiligten, die dazu beigetragen haben, die Frühlingstagung zu organisieren und so erfolgreich umzusetzen. ■ DR. MED. CAMILLA CEPPI COZZIO VORSTANDSMITGLIED KINDERÄRZTE SCHWEIZ, LEITERIN ARBEITSGRUPPE JAHRESTAGUNG, DÜBENDORF Korrespondenzadresse: c.ceppi@hin.ch Kinderärzte Schweiz Frühlingstagung vom 18. März 2021 Kameramann und Techniker der Firma Klewel. Fotos: KIS Das Team Moderierende und Geschäftsstelle ist glücklich, dass alles gut läuft: (v.l.n.r.) Marc Sidler, Beatrice Kivanc, Sandra Burri, Daniel Brandl.
11 02 / 2021 FRÜHL INGSTAGUNG K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ DR. DANIEL F. BRANDL, PHD GESCHÄFTSFÜHRER KINDERÄRZTE SCHWEIZ, ZÜRICH Korrespondenzadresse: daniel.brandl@ kinderaerzteschweiz.ch Wir hatten alle Teilnehmenden gebeten, uns Selfies zu schicken, damit wir und unsere Lesenden sehen können, wo und wie ihr die KIS Online-Frühlingstagung miterlebt habt. Wir danken euch für die vielen lustigen und originellen Zusendungen! Die Auswahl war so gross und gut, dass die KIS-interne Jury das originellste Selfie schlussendlich auslosen musste. Kinderärzte Schweiz Frühlingstagung vom 18. März 2021 Selfies «Wo ist die Katze?» «Seit Mi ag v l dabei» «Brist St l Ch t» Wir gratulieren der Gewinnerin Frau Dr. med. Alexandra Holenweg von der Kinderarztpraxis in Langenthal und freuen uns mit ihr über ihren Gratiseintritt zur KIS Jahrestagung vom 9. September 2021. «Multitasking» «Selbst in ein Gal ie weit, weit weg w d uns e F tbildung geschaut.»
12 FRÜHL INGSTAGUNG 02 / 2021 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ Unser Schlafverhalten wird in jedem Alter stets verändert. Als Säugling haben wir kurze Schlaf-WachZyklen. Als Kleinkind erwachen wir dann schon weniger häufig in der Nacht und sind am Tag länger wach, das heisst unsere Zyklen verlängern sich. Als Jugendlicher erwachen wir eigentlich dann in der Nacht schon nicht mehr und sind insgesamt 3 Stunden im Tiefschlaf. Dies ist viel, denn als Erwachsener ist man nur noch ca. 80 Minuten im Tiefschlaf. Mit 16 Jahren pendelt sich unser Schlafverhalten dann langsam ein. Die meisten Menschen benötigen 8 Stunden Schlaf pro Nacht. Einige Kinder haben Mühe mit dem Einschlafen. Es ist wichtig zu wissen, mit welcher Tätigkeit sich die Kinder befassen, bevor sie ins Bett gehen. Das Blaulicht, welches z.B. auf unseren Telefonen ist, sorgt dafür, dass wir uns nicht müde fühlen. Es kann somit helfen, ab ca. 20.00 Uhr einen Blaulichtfilter zu aktivieren, damit wir die Müdigkeit spüren. Nun noch kurz zu einem aktuellen Thema: Das Coronavirus hat viele negative Seiten hervorgebracht. Ein positiver Aspekt wäre jedoch das Schlafverhalten im Lockdown. Im Jahr 2020 hatten wir längere Schlafphasen aufgrund des Lockdowns, denn wir konnten später aufstehen an den Wochentagen, da wir im Homeoffice gearbeitet haben. Die Lebensqualität war im Jahr 2020 trotz allem leicht erhöht – ein Zeichen dafür, dass unser Schlaf eventuell unsere Lebensqualität steigert? ■ «Von verstopften Rohren und wie man sie entstopft» – Obstipation beim Säugling und Kind Rund 95% der Obstipationen bei Kindern sind funktionell. Das heisst, es gibt keine organische Ursache für die Verstopfung. Oftmals habe ich besorgte Eltern am Telefon, welche das Gefühl haben, dass ihr Neugeborenes verstopft ist. Wichtig ist für mich nun zu überprüfen, ob dieser Säugling voll gestillt ist oder nur Flaschenmilch erhält. Ein Säugling, welcher gestillt ist, hat eine Stuhlfrequenz von 10× pro Tag bis 1× alle 10–14 Tage. Ein Säugling, welcher formulaernährt ist, sollte jedoch 1–3× pro Tag stuhlen. Dies ist für mich ein sehr wichtiger Punkt, welchen ich aus diesem Referat mitnehmen werde in meinen Praxisalltag. Die Bristol-Stuhlformen-Skala lasse ich ebenfalls in meine Telefonberatung einfliessen. Sie sehen die Skala auf der Mindmap bildlich dargestellt. Typ 3 und Typ 4 sind normal. Da die Obstipationen bei den Kindern grösstenteils funktionell sind, ist es wichtig, dass die Eltern ihren Stress senken und den Kindern ein REFERENT: DR. MED. MARC SIDLER Facharzt FMH Kinder- und Jugendmedizin, Schwerpunkt pädiatrische Gastroenterologie und Hepatologie, Praxispädiater in Binningen, BL und Oberarzt pädiatrische Gastroenterologie am Universitäts-Kinderspital beider Basel AUTORIN: MICHELLE RAEMY, MPA Kinder- und Jugendpraxis am Bollwerk, Bern Korrespondenzadresse: kinderarzt.bollwerk@hin.ch MPA Referate «Schlafverhalten und Wohlbefinden von Jugendlichen während des COVID-19Lockdowns im Frühling 2020» REFERENT: PROF. DR. MED. OSKAR JENNI Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Extraordinarius für Entwicklungspädiatrie, Universität Zürich (UZH) und Co-Leiter Abteilung Entwicklungspädiatrie am Universitäts-Kinderspital Zürich AUTORIN: MICHELLE RAEMY, MPA Kinder- und Jugendpraxis am Bollwerk, Bern Korrespondenzadresse: kinderarzt.bollwerk@hin.ch sicheres Umfeld bieten. Die gesunde Ernährung sowie auch die körperliche Aktivität sind zudem wichtig, um Obstipationen bei Kindern vorzubeugen. ■ Mindmap: Gesa Schweizer, MPA, Praxis de Garis, Zofingen Mindmap: Gesa Schweizer, MPA, Praxis de Garis, Zofingen
13 02 / 2021 FRÜHL INGSTAGUNG K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ Anaphylaxie ■ Klinischer Verdacht, wenn entweder: 1. Haut/Schleimhaut + Atemwege oder Hypotonie 2. ≥2 von 4 Kriterien: Haut/Schleimhaut, Atemwege, Hypotonie, Gastrointestinal 3. Hypotonie nach bekanntem Allergen. ■ Therapie: 1. Entfernung Allergen 2. Um Hilfe rufen 3. Adrenalin (0,01mg/kg oder Epipen-junior® ≤25kg, Epipen® > 25kg) 4. Nach APLS: A: Adrenalin Inhalation 5mg B: Salbutamol Inhalation 5mg in 1ml NaCl 0,9% oder 6–12 push C: NaCl 0,9% i.v. Bolus 20ml/kg 5. Glucocorticoide: Betametason p.o. (Betnesol® 0,25mg/kg), Prednison p.o. 1mg/kg (max. 75mg) 6. Antihistaminikum: Levocetirizin p.o. (Xyzal® 0.25mg/kg max. 5mg ■ Notfallset: (Adrenalin-Autoinjektor 150/300 x 2), Antihistaminikum p.o. & Glucocorticoid p.o. FPIES Food-protein Induced Enterocolitis Syndrome ■ Diagnose: Erbrechen 1–4h nach einer Mahlzeit + 3 Kriterien (Blässe, Lethargie, Hypotension/-thermie, Diarrhö nach 5–10h, schlechter AZ, wiederholt nach gleichem Allergen) ■ 3 Hauptauslöser: Milch, Soja, Getreide. Braucht keine Sensibilisierung ■ IgE / Pricktests negativ! ■ DD: Sepsis (aber kein Fieber), Virale GE/Food poisoning (Kontakt?), Anaphylaxie, … ■ Therapie: Symptomatisch gemäss Schweregrad, bis Adrenalin! Gastro/Allergo Kontrolle, Vermeiden. Münze oder Batterie? ■ Batterie: «Doppelkontur» auf Röntgenbild ■ Lokalisation: Wenn auf a.p.-Bild kreisrund: im Oesophagus. Falls in Trachea: meistens im Querschnitt ■ Notfall!! Nekrose -> Jede Minute zählt! • Abklären, ob Ops frei vor Überweisung • Canada: Honig 2 TL alle 10min geben, max. 6 x -> schützt Schleimhaut Intraabdominelle Verletzung «Handle Bar Injury»: Hochrisikoverletzung (Sterblichkeit bei Blutung 9%) ■ 30% Milz/Leber/Niere, 15% Magen-Darm-Trakt ■ Klinische Untersuchung: Hämatom Nabel/ Flanke, Dermabrasionen, Zeichen eines akuten Abdomens ■ FAST-US: bei freier Flüssigkeit (bei Kindern zuerst im kleinen Becken) -> Ad CT PIMS-TS = MISC Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome – temporarily associated with Sars-Cov-2 ■ Haut: Erythematöse Papeln, Schuppen, trockene Haut (Extremitäten, verstreut) ■ Definitionen verschieden gemäss WHO / RCPCH / CDC, aber grob: Klinische Diagnose • Fieber, starke Entzündung (Erhöht: CRP oft >150, Neutrophile) mit zusätzlichen Ausprägungen • Single or multiorgan dysfunction (shock, cardiac, respiratory, renal, GI, neurological) • Ausschluss anderer mikrobieller Ursachen (z.B. Sepsis, Enterovirus, SSSS) • Sars-Cov-2 PCR kann pos oder neg sein ■ Ähnlich wie Kawasaki: • Fieber, hohe Entzündungsmarker • Ausschlag, Konjunktivitis, Myocarditis • Vaskuläre Beteiligung, Koronarien • Syndrom anerkannt, schlecht verstanden ■ Im Unterschied zu Kawasaki: • Frühe GI Symptome (Kolitis) ■ Wichtig: es nicht zu verpassen (Koronarienaneurysmen) aber nicht zu «überdiagnostizieren» bei jedem «Fieber, Bauchschmerzen, hohem CRP» (Be-/Überlastung vom System, Sorgen, Eltern…) ■ REFERENTIN: DR. MED. CÉLINE RITTER SCHENK Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Spezialgebiet Kindernotfall medizin, Leitende Ärztin an der Klinik für Pädiatrie im HFR Freiburg – Kantonsspital AUTORIN: DR. MED. SARA PHULL-MEIER Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin FMH, MediZentrum Landhaus, Steffisburg Korrespondenzadresse: sara.phull@hin.ch Ärzte Referate «Notfälle – Erkennung/Erstbehandlung» Céline Ritter Schenk. Fotos: KIS Marc Sidler sammelt, analysiert und organisiert viele Fragen aus dem Publikum.
In der Druckausgabe befindet sich auf dieser Seite ein Hinweis für medizinische Fachpersonen.
15 02 / 2021 FRÜHL INGSTAGUNG K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ Frau Dr. Yael Gilgen-Anner, HNO-Ärztin in eigener Praxis in Basel, hat uns mit einem reich bebilderten und mit Fallbeispielen illustrierten Vortrag den Paukenerguss, Ursache der häufigsten erworbenen Hörstörung in den ersten drei Lebensjahren, nähergebracht. Einen Paukenerguss findet man oft zufällig bei Routine-Trommelfellinspektionen. Im Gegensatz zu einer Otitis media ist hier das Trommelfell nicht entzündlich verändert und der Erguss nicht putrid. Trotz der Tatsache, dass Paukenergüsse häufig vorkommen, ist die Pathophysiologie dahinter noch in vielem unklar. Der flache kurze Verlauf der Eustachischen Röhre bei Kindern scheint Infekte und Ergüsse zu begünstigen. Vermehrte respiratorische Infekte (Kindertagesstätte, Nuggi), eine Adenoidhyperplasie, kraniofaziale Fehlbildungen, Trisomie 21, Zilienfunktionsstörungen, männliches Geschlecht, genetische Komponenten, gastroösophagealer Reflux und eine Rhinitis allergica sind prädisponierende Faktoren für die Entwicklung eines Paukenergusses. Vorbeugend wirken Stillen, die Pneumokokkenimpfung, eine rauchfreie Umgebung, kein Nuggi, gute Händehygiene und möglicherweise Trinken in aufrechter Haltung. Retraktionstaschen im Trommelfell gehören immer abgeklärt, sklerotische Veränderungen auf dem Trommelfell nicht. Die meisten Paukenergüsse heilen spontan und bedürfen keiner Therapie, eine Kontrolle nach 3–6 Monaten ist zu empfehlen (möglichst in den Sommermonaten). Paukenergüsse, die über die Sommermonate nicht abheilten, sind grosszügig einem HNO-Arzt zu überweisen, da die Chance auf eine Ausheilung in den infektreicheren Wintermonaten abnimmt. Ebenso sollten Risikokinder früh weitergeleitet werden. Hierzu gehören Kinder mit vorbestehender Hörminderung, Spracherwerbsstörung oder globaler Entwicklungsretardierung, Autismus-Spektrum-Störung, starker Sehbehinderung, Trisomie 21 und kraniofazialen Fehlbildungen wie z.B. Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Antibiotika lassen den Paukenerguss nicht schneller abheilen und bergen das Risiko einer Resistenzentwicklung, Belüftungsmanöver wie Valsalva oder Otovent, aber auch topische Steroide bei Adenoidhyperplasie, begünstigen die Ausheilung. Bei persistierenden Paukenergüssen kommen Interventionen wie Parazentese, Paukenröhrchen (kurzzeitig oder langzeitig), Adenotomie und neu auch Tubendilatationen zum Zug. Tritt Otorrhoe unter Paukenröhrchen auf, reicht eine topische Antibiotikatherapie mit Ciprofloxacin (nicht ototoxisch), allenfalls sollte vorgängig eine Gehörgangsreinigung erfolgen. ■ HNO: «Paukenerguss – Worauf muss ich achten?» REFERENTIN: DR. MED. YAEL GILGEN-ANNER Fachärztin Hals-NasenOhrenkrankheiten FMH, spez. Phoniatrie, Spezialgebiet Kinder-HNO und Pädaudiologie, Praxis HNO beim Zoo, Basel, Belegärztin Universitätskinderspital beider Basel AUTORIN: DR. MED. PIA DE GARIS-WERFELI Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Kinderarztpraxis de Garis, Zofingen Korrespondenzadresse: degaris@hin.ch Manche meinen immer noch, eine allergenspezifische Immuntherapie (AIT) bei Pollenallergie sei nur etwas für Kinder mit Asthma. Doch das sei völlig falsch, betonte Michael Hitzler. Nicht zuletzt erhöhe die AIT die Chance, dass es gar nicht erst zu einem Etagenwechsel in Richtung Asthma komme: «Wir stellen die Weichen und sollten nicht bis später damit warten!» Vor Beginn der AIT muss zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass die vermutete Allergie tatsächlich besteht. Dazu gehören eine erneute, sorgfältige Anamnese (Allergietagebuch während der Pollensaison führen lassen!) sowie spezifische Tests (Pricktest, antigenspezifische IgE). Testbefunde und Anamnese müssen in Einklang stehen: «Diagnostik ohne Anamnese ist nichts wert!» Liegt keine Sensibilisierung gegen das entsprechende Hauptallergen (Bet v 1, r phl p1,5, ole e1) vor, ist eine AIT nicht indiziert. Sie wäre dann wahrscheinlich nutzlos und könnte sogar neue Sensibilisierungen auslösen. Ob eine AIT subkutan (SCIT) oder sublingual (SLIT) erfolgt, hängt vom individuellen Fall und den verfügbaren Allergenextrakten ab: «Wenn zum Beispiel eines der relevanten Allergene nur als SCIT verfügbar ist, eine Spritzentherapie aber noch nicht möglich ist, warte ich nicht ab, bis das Kind reif dafür ist, sondern ich fange lieber früh mit einer verfügbaren SLIT an, auch wenn diese nicht alle Allergene abdeckt», sagte der Referent. Bezüglich der Coronavirus-Pandemie gilt: Kinder ohne Infektion und ohne Kontakt zu Infizierten sollten ihre SCIT oder SLIT genauso fortführen wie üblich. In Quarantäne oder im Fall einer Infektion mit SARS-CoV-2 sind sowohl eine SCIT als auch eine SLIT zu unterbrechen. ■ Allergologie: «Frühlingsgefühle in Aug und Nas!» REFERENT: KD DR. MED. MICHAEL HITZLER Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Schwerpunkt pädiatrische Pneumologie FMH, Praxispädiater in Baar und Méd. Adjoint Pneumologie und Allergologie im Kinderspital Luzern AUTORIN: DR. RENATE BONIFER Redaktorin «Pädiatrie», Neuhausen am Rheinfall Korrespondenzadresse: renate.bonifer@rosenfluh.ch
16 Jahrestagung 2021 Familie? Familie! Donnerstag, 9. September 2021 Seedamm Plaza in Pfäffikon (SZ) Familie? Familie!
17 02 / 2021 JAHRESTAGUNG K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ Kinderärzte verwenden in den Krankengeschichten gerne schlanke Abkürzungen wie VSD, HWI und viele andere mehr. Weniger ist mehr, weil das Hinterlegen der Diagnose mittels Kürzel effizient und zeitsparend ist. Akronyme aus drei Buchstaben sind bei Kinderärztinnen beliebt. Sie werden auch in anderen Kontexten genutzt, nicht zuletzt auch zur Bezeichnung von Berufsverbänden wie KIS. Die Begriffe Ups, USP und UVP setzen sich zwar auch aus drei Zeichen zusammen, doch sind sie kaum in einer eKG zu finden. Sie kommen aus dem Englischen und haben bei genauer Betrachtung viel mit der Planung der KIS Jahrestagung 2021 zu tun. – Aber jetzt mal schön der Reihe nach… Ups vermisst sein Gegenstück downs, so wie KIS es vermisst, euch, geschätzte MPAs und Mitglieder, physisch zu treffen. Während der Vorbereitungsphase der Jahresversammlung 2020 hat die Arbeitsgruppe JaTa ein Wechselbad von Höhen und Tiefen begleitet. Damals fehlte pandemiebedingt die Planungssicherheit vollständig. 2021 ist die Ausgangslage doch etwas anders. Viele KIS Mitglieder sind bereits geimpft. Die Fallzahlen sind stetig rückläufig. Das sind für uns im Moment gute Gründe, um mutig auf Ups zu setzen: Ziel ist es, am 9. September 2021 in Pfäffikon (SZ) die KIS JaTa als Präsenzveranstaltung durchzuführen. USP ist das englische Kürzel für Alleinstellungsmerkmal (Unique Selling Proposition). Die JaTa hat unangefochten ein Alleinstellungsmerkmal, weil sie sich durch ein breites Angebot an praxisrelevanten, interaktiven pädiatrischen Workshops und Masterklassen auszeichnet. Das entsprechende Merkmal hat sich bereits früher ins kollektive Gedächtnis der Teilnehmenden eingeprägt. Es versteht sich von selbst, dass auch 2021 klasse Referentinnen und Referenten für euch bereit sind, um gemeinsam pädiatrisches Wissen zu diskutieren und zu vertiefen. Nur die Erklärung zu UVP fehlt noch. Das steht für Nutzenversprechen (Unique Value Proposition). Dies ist der Nutzen, der sich auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden ausrichtet. Folglich war und ist es unsere Priorität, für euch ein Programm zusammenzustellen, das sich passend auf eure kinder- und jugendmedizinischen Bedürfnisse ausrichtet. Für ein passendes Sicherheitskonzept ist an der JaTa ebenfalls gesorgt. Die genannten Kürzel bekräftigen, wie wichtig es für uns von KIS ist, mittels einer Präsenzveranstaltung im September 2021 wieder real sichtbar zu werden. Keine Abkürzung wird zur gewünschten Sichtbarkeit führen, doch bleiben wir mal hartnäckig optimistisch. Wir freuen uns auf eure Anmeldungen zur JaTa vom 9. September 2021 auf www.jahrestagung.ch. ■ DR. MED. CAMILLA CEPPI COZZIO VORSTANDSMITGLIED KINDERÄRZTE SCHWEIZ, LEITERIN ARBEITSGRUPPE JAHRESTAGUNG, DÜBENDORF Korrespondenzadresse: c.ceppi@hin.ch Kinderärzte Schweiz Jahrestagung vom 9. September 2021 – ohne Abkürzungen Alle Referierenden und Moderierenden sowie die gesamte Arbeitsgruppe Jahrestagung 2021 freuen sich darauf, Sie zu sehen! Fotos: KIS-Programmheft Jahrestagung 2021
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19 02 / 2021 FORTB I LDUNG: THEMENHEFTTE I L K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ Einleitung Kinder und Jugendliche mit Typ 1 Diabetes (T1D), ihre Familien und die betreuenden Diabetologen waren und sind bei der Diabetes-Technologie oft an vorderster Front. Ein 14-jähriger Jugendlicher mit T1D war der erste Patient, der das vor 100 Jahren entdeckte Insulin erhielt. Die erste batteriebetriebene Insulinpumpe, 1979 lanciert, wurde ebenfalls zuerst bei Kindern und Jugendlichen getestet. Im Jahre 1999 kam ein erstes Gerät zur kontinuierlichen Glucose-Messung (CGM=continuous glucose monitoring) in der Klinik auf einer pädiatrischen Intensivstation zum Einsatz. Seither wurden im Bereich der Diabetes-Technologie viele Fortschritte erzielt und die Technologie wird laufend verbessert. Ziel dieses Artikels ist es, einen Überblick über die aktuell in der Schweiz verfügbare Diabetes-Technologie für Kinder und Jugendliche zu geben sowie einen kurzen Ausblick in die Zukunft zu wagen. Realität Insulinpumpen-Therapie Die kontinuierliche subkutane Insulininfusion (CSII=continuous subcutaneous insulin infusion) via Insulinpumpe hat sich in den letzten Jahren zu einer StandardtherapieOption entwickelt. Im internationalen Mittel verwenden ca. 50% der Kinder und Jugendlichen mit T1D eine Insulinpumpe, je nach Klinik variiert diese Zahl zwischen 30 und 70% (Sherr et al 2018). Eine Insulinpumpe besteht aus einem portablen System mit Steuereinheit, Pumpenmotor und Insulinreservoir mit Infusionskanüle ohne (=Patchpumpen) oder mit Katheterschlauch (=Schlauchpumpen), Abbildung 1. Die Insulinpumpe gibt zum einen kontinuierlich eine variabel vorprogrammierte Menge an schnell wirksamem Insulin ab (=Basalrate). Zu den Mahlzeiten und/oder zur Korrektur wird zudem noch manuell ein Bolus abgegeben. Die Insulinpumpentherapie wird durch den behandelnden Endokrinologen/Diabetologen verordnet; die Kosten sind bis zu einem Maximalbetrag durch die Grundversicherung gedeckt. Unter Umständen wird dieser aber je nach Menge des Verbrauchsmaterials überschritten und die Restkosten müssen durch die Familien selbst getragen werden. Ein Vorteil der CSII gegenüber mehreren täglichen Injektionen (MDI=multiple daily injections) ist die flexiblere, physiologischere Dosierung des Insulin-Basis-Bedarfs, angepasst an die individuellen und tageszeitlichen Gegebenheiten. Auch kann eine kurzfristige Anpassung durch eine temporäre Reduktion (z.B. bei Sport) oder Erhöhung (z.B. aufgrund von Krankheit) der Basalrate erfolgen. Nachteile einer Insulinpumpen-Therapie kann das Fehlen des langwirksamen Basalinsulins sein. Bei Abschaltung/Entfernung der Insulinpumpe oder einer Pumpenfehlfunktion (z.B. abgeknickte Insulinkanüle) kommt es innerhalb kürzester Zeit zu einem absoluten Insulinmangel und einem erhöhten Risiko einer diabetischen Ketoazidose. Durch die CSII kann im Vergleich zu MDI eine verbesserte Stoffwechselkontrolle (gemessen am HbA1c) sowohl kurz- als auch längerfristig erreicht werden (Johnson et al 2013, Sherr et al 2016), dies ohne Zunahme von schweren Hypoglykämien oder vermehrten Ketoazidosen (Karges et al 2017). Auch die Lebensqualität kann mit einer Insulinpumpe verbessert werden (Mueller-Godefrey et al 2018). In Insulinpumpen sind zudem Bolus-Rechner verfügbar, welche anhand der Eingabe der Kohlenhydratmenge, des aktuellen Blut- oder Sensor-Glucose-Wertes sowie dem noch aktiven Insulin eine Empfehlung zur benötigten Insulindosis abgeben können. Bolus-Rechner als Hilfestellung zur Berechnung des Mahlzeiten- und Korrekturinsulins stehen auch in konventionellen Blutzucker-Messgeräten oder Diabetes-Apps zur Verfügung. Bei diesen Modellen wird jedoch das aktive Insulin nicht miteinberechnet – je nachdem, wie lange die letzte Injektion mit schnell wirksamem Insulin zurückliegt, ist also Vorsicht geboten. Kontinuierliche Glukosesensor-Systeme Aktuell stehen neben den konventionellen kapillären Blutzucker-Messgeräten Glucose-Sensor-Systeme zur kontinuierlichen Glucose-Messung in der Gewebeflüssigkeit DR. MED. MARIE-ANNE BURCKHARDT, PhD FACHÄRZTIN KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, SPEZIELL PÄDIATRISCHE ENDOKRINOLOGIE UND DIABETOLOGIE OBERÄRZTIN PÄDIATRISCHE ENDOKRINOLOGIE UND DIABETOLOGIE, UNIVERSITÄTSKINDERSPITAL BEIDER BASEL UKBB Korrespondenzadresse: marie-anne.burckhardt@ukbb.ch Diabetes-Technologie in der Pädiatrie – Realität und Zukunftsmusik Abbildung 1: Aktuelle Insulinpumpen-Typen. Patch-Pumpe (links): Die mechanische Einheit mit Insulinreservoir sitzt direkt über einer subkutanen Kanüle am Körper, die Steuerung erfolgt über ein separates, Handy-ähnliches Gerät. Schlauchpumpe (rechts): Das Insulin wird vom Reservoir innerhalb der Pumpe via Katheterschlauch über eine subkutan gelegene Kanüle appliziert. © Universitäts-Kinderspital beider Basel UKBB
20 FORTB I LDUNG: THEMENHEFTTE I L 02 / 2021 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ zur Verfügung (CGM=continuous glucose monitoring bzw. FGM=flash glucose monitoring). Ein CGM-/FGMGerät besteht aus einem subkutan liegenden Sensor, der an einen Transmitter gekoppelt ist und via Bluetooth oder Nahfeld-Kommunikation die Glucose-Werte auf einer Insulinpumpe, einem Lesegerät oder in einer App anzeigt. Während bei den CGM-Geräten die Glukosewerte automatisch angezeigt werden, müssen die Daten bei den FGM-Geräten mit einem Lesegerät / einer LeseApp per Scan abgerufen werden. Neben dem Vorteil, dass der gesamte zeitliche GlucoseVerlauf angezeigt wird, besteht die Möglichkeit zur Meldung der Über- oder Unterschreitung von vordefinierten Glucose-Grenzwerten sowie die Einschätzung der Änderungsgeschwindigkeit der Gewebs-Glucose durch Anzeige von Trendpfeilen. Seit der Zulassung der FGM-Systeme in der Schweiz Mitte 2017 und Kostenübernahme durch die Krankenkasse hat die Nutzung von GlucoseSensor-Systemen stark zugenommen. Aktuell nutzen mehr als 80% der Kinder und Jugendlichen in unserer Klinik ein FGM- oder CGM-System. Die regelmässige Nutzung von CGM und auch FGM kann, zumindest kurzfristig, zu einer verbesserten Stoffwechsel-Kontrolle führen (JDRF Study Group 2008, Landau et al 2018). Auch die Lebensqualität und Hypoglykämie-Angst verbessern sich (Burckhardt et al 2018). Fallbeispiel 1 illustriert, wie durch CGM die Hypoglykämie-Angst und StoffwechselKontrolle verbessert wurde. In Tabelle 1 sind die zurzeit in der Schweiz bei Kindern und Jugendlichen zugelassenen Glucose-Sensor-Systeme mit ihren jeweiligen Besonderheiten und Regelung der Kostenübernahme dargestellt. Die aktuell verfügbaren Systeme können sowohl bei einer Insulintherapie mit MDI als auch mit CSII verwendet werden. Durch die zunehmende Verbreitung von kontinuierlichen Glukosesensor-Systemen nehmen neben dem klassischen HbA1c als Parameter zur Stoffwechselkontrolle auch andere Werte wie die Zeit im Zielbereich (TIR=time in range) oder die Zeit im hypoglykämen Bereich eine zunehmend wichtige Rolle ein (siehe dazu auch den Artikel von PD Dr. med. Udo Meinhardt über HbA1c und neuere Parameter zur StoffwechselKontrolle auf Seiten 24–27). Kombination von CGM und Insulinpumpe – automatisierte Insulindosierung a) Low Glucose Suspend (LGS) und Predictive Low Glucose Suspend (PLGS) Systeme CGM-Systeme können mit einer Insulinpumpentherapie kombiniert werden und ermöglichen durch einen in der Pumpe vorhandenen Algorithmus die Basalinsulin-Zufuhr vor (PLGS) oder bei Erreichen (LGS) eines niedrigen Glukose-Wertes zu unterbrechen. Diese Systeme sind seit mehreren Jahren in der Schweiz verfügbar. Durch diese Therapie kann die Hypoglykämie-Rate, die Zeit in der Hypoglykämie deutlich vermindert (Bergenstal et al 2013, Abraham et al 2018) und Eltern und Angehörigen die Angst vor nächtlichen Hypoglykämien genommen werden. b) Hybrid-Closed Loop (HCL) Systeme Die neusten Kombinations-Geräte, in der Schweiz seit Anfang 2019 auch im Klinikalltag nutzbar, können die Basalinsulin-Zufuhr nicht nur bei drohenden Hypoglykämien ausschalten, sondern anhand der aktuellen Sensorglucose-Wert auch bei hohen Glukose-Werten dynamisch anpassen. So entsteht ein sogenanntes «Hybrid-Closed-Loop» (HCL) System. «Hybrid» deswegen, weil die Abgabe des Bolusinsulins für die Mahlzeiten anhand der gegessenen Kohlenhydrat-Menge immer noch manuell erfolgen muss. In klinischen Studien konnte eine deutliche Verbesserung der TIR und auch eine Verbesserung des HbA1c-Wertes gezeigt werden (Thabit et al 2015, Brown et al 2019, McAuley et al 2020). Auch bei Personen mit suboptimaler Stoffwechselkontrolle zeigt sich eine deutliche Verbesserung (Tauschmann et al 2018), dies wird anhand von Fallbeispiel 2 erläutert. In der Schweiz sind aktuell die MiniMedTM 670G und 780G und seit Mai 2021 auch die t:slim X2TM Insulinpumpe mit Control-IQ Technologie für Kinder und Jugendliche zugelassene HCL-Systeme. Das DBLG1 System von Diabeloop, das sich mit der Accu-Chek® Insight Pumpe nutzen lässt, ist aktuell ab 18 Jahren in der Schweiz Fallbeispiele Fallbeispiel 1: 7-jähriges Mädchen mit T1D, diagnostiziert im Alter von 5 Jahren. Die Insulintherapie erfolgte während der ersten 6 Monate mit MDI, danach Wechsel auf eine Insulinpumpe. Das Glucose-Monitoring erfolgt mittels FGM, ohne Alarme. Aktuell zeigt sich eine unzureichende Stoffwechselkontrolle mit einem HbA1c von 8,1%. Die Eltern berichten über eine starke Hypoglykämie-Angst. Es erfolgt der Wechsel von FGM auf CGM mit Alarmen und Überwachung der Glucose-Werte via App für Angehörige. Drei Monate nach dem Wechsel berichten die Eltern über eine Abnahme der Hypoglykämie-Angst, der HbA1c-Wert ist auf 7,6% gesunken, die TIR liegt bei 57%. Fallbeispiel 2: 14-jähriger Jugendlicher mit T1D, diagnostiziert im Alter von 9 Jahren. Die aktuelle Therapie besteht aus einer Insulinpumpe kombiniert mit CGM mit PLGS. Darunter zeigt sich eine unzureichende Stoffwechselkontrolle mit einem HbA1c von 8,6%. Es erfolgt die Umstellung auf ein HCL-System. Darunter kommt es zu einer deutlichen Verbesserung der Glukose-Werte in der Nacht mit geringerer Glucose-Variabilität, auch tagsüber zeigen sich weniger starke Schwankungen. Die TIR nimmt um 12% zu und der HbA1cWert verbessert sich auf 7,9%.
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