KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 4/2020

15 04 / 2020 JAHRESTAGUNG K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ D er grösste Teil der Information wird mit dem Auge wahrgenommen. Nicht nur für die Augenentwick- lung, auch für die allgemeine Entwicklung ist es wichtig, dass das Kind gut sieht. Ein Baby sieht bei der Geburt ca. 10–15% und durch den Lernprozess «Sehen» erreicht ein ca. 4 Jahre altes Kind 100%. Auch die Zusammen- arbeit Auge – Hirn ist zu Beginn noch nicht ganz ausge- reift und wird durch den Gebrauch der Augen trainiert. Aus diesem Grund: Je früher eine Störung am Auge vor- liegt, desto grösser sind die Schäden für das Auge. Und umgekehrt, je früher die Störung behoben wird, desto besser sind die Chancen auf eine Heilung. Ursache für unscharfe Bilder Organische Ursachen: Ptose (geschlossenes Augenlid), Hornhauttrübung, Erkrankung auf Netzhaut, zu hoher Augendruck Refraktionsfehler (Unvermögen des Auges, Bilder scharf zu fokussieren): Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit, Stabsichtigkeit (durch Hornhautverkrümmung) Schielen: Babyschielen, Pseudoschielen, Mikrostrabismus. Beim Schielen, auch Strabismus genannt, schauen beide Augen nicht in die gleiche Richtung. Das Gehirn kann die Bilder nicht richtig verschmelzen und es werden Doppel- bilder wahrgenommen. Die Problematik wird vom Hirn erkannt und ein Auge wird «ausgeschaltet», d.h. dieses Auge wird nicht weiterentwickelt, obwohl es vollkom- men gesund wäre. Mit einer Okklusionstherapie (Augen- pflaster) kann das Sehvermögen, beziehungsweise die Zusammenarbeit von Auge und Gehirn, trainiert werden. Dabei wird ein Auge über einen gewissen Zeitraum mit einem Pflaster abgedeckt. Eine Okklusionstherapie kann eine Amblyopie (Schwachsichtigkeit) verhindern oder eine bereits vorhandene Amblyopie therapieren. Bis ca. im 6. Lebensjahr reagieren die Augen auf Störun- gen besonders empfindlich und bleibende Schäden kön- nen die Folge sein. Deshalb ist es wichtig, einen organi- schen Fehler, eine Refraktionsanomalie oder ein Schielen frühzeitig zu entdecken. Plusoptix: Dieses Gerät ist ein gutes Hilfsmittel in der Praxis, wel- ches die häufigsten Ursachen einer Schwachsichtigkeit bei Kindern schnell erkennen kann. Wichtig ist, dass während des Testverfahrens die MPA gut beobachtet und dokumentiert. Z.15B.: «Kind musste weinen», «Kind hat gut mitgemacht», «Apparat konnte nichts messen trotz guter Kooperation» usw. Eine solche Mitteilung kann ausschlaggebend sein, ob weitere Abklärungen notwendig sind oder nicht. Lang Stereotest: Der Stern-Katze-Auto-Test (Lang Stereo-Test) zeigt an, ob die Augen gut miteinander arbeiten. Bei einem Strabis- mus kann das Kind die 3D-Bilder nicht erkennen. Auch hier gilt gut zu dokumentieren, ob und wie sich das Kind gegenüber den 3D-Bildern verhält. Z.B.: «Laut Augenverlauf des Kindes hat es alle 3 Bilder gesehen, konnte die Bilder aber nicht benennen», «Das Kind woll- te das 3D-Bild ergreifen», «Das Kind zeigte auf Katze und Stern, doch nicht aufs Auto» usw. Einen positiven Stereotest erreicht das Kind nur, wenn es die drei Bilder auf der Karte benennen kann. Sehtest, Monokulare Sehprüfung (Lea Hyvärinen, O-Test, E-Test) Wichtig dabei ist, die genaue Distanz einzuhalten und das vollständige Abdecken des Auges. Dafür empfiehlt die Ophthalmologie Insel die Augentests immer mit Au- genpflaster durchzuführen. Das heisst, man klebt ein Auge gut ab, führt den Sehtest durch, klebt das andere Auge ab und wiederholt den Test. Nur so hat man die Si- cherheit, dass das Testresultat stimmt. Es ist unser Ziel als MPA, die Augentests sorgfältig und genau durchzuführen. Ein Kinderspiel? Bestenfalls. ■ MIRJAM LEIBUNDGUT MPA IN DER GRUPPEN- PRAXIS BOLL, BOLL Korrespondenzadresse: m.leibundgut@bluewin.ch Referentin: Rosalba Fröhlich, Dipl. Orthoptistin an der Universitätsklinik für Augenheilkunde am Inselspital, Bern MPA Referat Ophthalmologie: «Augenscreening, ein Kinderspiel?»

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