KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2020

41 03 / 2020 FORTB I LDUNG: THEMENHEFTTE I L K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ (nach einer längeren Einnahmepause können die Allergie- symptome wieder auftreten) [6]. Ablauf In der Regel erfolgt zunächst ein Aufdosierungstag, an dem in 20–30-minütigen Abständen beginnend mit Pro- teinmengen im µg-Bereich das Nahrungsmittel oral verab- reicht wird. Dies sollte in einem tagesstationären Umfeld erfolgen und ebenso wie die gesamte Immuntherapie nur von einem Facharzt für Allergologie durchgeführt werden, welcher bereits ausreichend Erfahrung mit der OIT hat. Im Anschluss an die letzte Dosis muss der Patient noch min- destens 2 Stunden überwacht werden. Danach wird in der sogenannten Steigerungsphase die tägliche Dosis mit einem minimalen Intervall von 14 Ta- gen erhöht. Dies muss unter ärztlicher Kontrolle beim Al- lergologen erfolgen In den USA wurde kürzlich ein erstes Produkt für die Erd- nuss OIT von der FDA (Food and drug administration) zu- gelassen, ansonsten müssen die jeweiligen Dosen, wel- che der Patient für die tägliche Einnahme mit nach Hause nimmt, jeweils mit einer Präzisionswaage abgemessen und doppelt kontrolliert werden (Abb. 1). Wenn die Menge des tolerierten Allergens grösser wird, kann je nach Lebensmit- tel die tägliche Dosis vom Patienten bzw. seinen Eltern zu Hause selbst abgemessen werden. Nach ca. 6 Monaten ist meistens die Erhaltungsdosis er- reicht. Diese liegt je nach Studienprotokoll zwischen 300 und 4000mg Nahrungsmittelprotein. Nun schliesst sich noch eine Erhaltungsphase an, in der der Patient die glei- che Menge täglich einnimmt. Erst nach Erreichen be- stimmter Laborparameter kann eine Einnahmepause er- wogen werden. Nach ca. 2–3 Monaten muss dann mittels erneuter Nahrungsmittelprovokation unter ärztlicher Auf- sicht getestet werden, ob eine bleibende Toleranz im Sinne einer echten Desensibilisierung erreicht wurde. Nebenwirkungen Sehr häufige Nebenwirkungen bei der OIT sind gastroin- testinale Symptome wie Übelkeit, Erbrechen oder Bauch- schmerzen. Da bei der oralen Immuntherapie das Allergen eingenom- men wird, kann es auch zu klassischen allergischen Symp- tomen wie Schwellungen im Gesicht (Quincke-Oedem), Ausschlägen, Atemnot (z. B. Asthma) oder kardiovaskulä- ren Symptomen (z. B. Blutdruckabfall) kommen. Ein Adre- nalin-Autoinjektor muss daher jederzeit zur Verfügung ste- hen. Bei Bedarf werden Medikamente eingesetzt, um die Symptome zu lindern. Bei 10–20% der Patienten ist eine Desensibilisierung we- gen starker Nebenwirkungen nicht möglich. Fazit Die orale Immuntherapie stellt für Nahrungsmittelaller- gien aktuell die einzige kausale Therapie dar. Es konnte gezeigt werden, dass sie im Kindesalter und für die Nah- rungsmittel Erdnuss, Hühnerei und Kuhmilch ausreichend effektiv und sicher ist. Das Risiko von systemischen Reak- tionen ist jedoch im Vergleich zu der Eliminationsdiät er- höht. Die Patienten, welche sich für eine OIT entscheiden, müssen daher gut informiert werden und eine hohe Be- reitschaft zur Mitarbeit zeigen. Die Therapieentscheidung muss also sehr individuell getroffen werden. Trotzdem ist es wichtig, den Patienten mit Nahrungsmittelallergi- en diese Therapieoption anzubieten, da gezeigt werden konnte, dass sie mit einer deutlich verbesserten Lebens- qualität einhergeht. ■ REFERENZEN 1. Sicherer S, Sampson H, A review and update on epidemiology, pathogenesis, diagnosis, prevention, and management, J All Clin Immunol Vol 141, Issue 1, January 2018, 41–58. 2. Pajno GB, Fernandez-Rivas M, Arasi S, et al. EAACI Guidelines on al- lergen food allergy. Allergy. 201873…799–815. 3. Anagnostou K, Isalm S, King Y, et al. Assessingthe efficacy of oral im- munotherapy for desensitisation of peanut allergy in children (STOP II): a phase 2 randomised controlled trial. Lancet. 2014 ;383 :1297– 1304. 4. Eppstein-Rigbi N, Goldberg MR, et al. Quality of life of children aged 8–12 years undergoing food allergy oral immunotherapy: child and parent perspective, Allergy 2020 April 29. 5. Chu D, Wood R, et al. Oral immunotherapy for peanut allergy (PACE): a systematic review and meta-analysis for efficacy and safe- ty. The Lancet. Vol 393, 10187, P2222–2232, June 1, 2019. 6. Nurmatov U, Dhami S, Arasi S, et al. Allergen immunotherapy for IgE-mediated food allergy: a systemic reviewamd meta-analysis. Al- lergy. 2017;72:1133–1147.

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