KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2020

38 FORTB I LDUNG: THEMENHEFTTE I L 03 / 2020 K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ laufdatum veralteten Autoinjektor durch einen Karton in ein Wasserglas zu injizieren, um ein Gefühl für das Handling zu bekommen und den Respekt vor dem Pen zu verlieren. Kinder von 7,5 bis 25kg Körpergewicht erhalten den «Junior Pen» mit 150µg Adrenalin. CAVE: Der Jext ® ist, im Gegensatz zum Epipen ® , erst ab 15kg zugelassen, explizit wird jedoch im Compendium erwähnt, dass auch Kinder mit geringerem Körperge- wicht in lebensbedrohlicher Situation unter ärztlicher Aufsicht den Jext 150µg erhalten dürfen . Kinder ab 25kg Körpergewicht erhalten den «Er- wachsenen-Pen» mit 300µg Adrenalin. Adrenalin aufziehen: Die Dosierung beträgt 0,01mg/ kg Adrenalin, maximal 500 µg i.m.. Das Adrenalin wird aus der Ampulle (1mg/ml) pur mit einer Tuberkulinspritze aufge- zogen. Eine Verdünnung ist im Gegensatz zur intravenösen Gabe nicht erforderlich. Das heisst, für ein Kind mit 20kg Körpergewicht werden 0,2ml Adrenalin aufgezogen und z.B. über eine 25G Kanüle (orange) unverdünnt intramuskulär in- jiziert. Es empfiehlt sich, das Aufziehen in Ruhe durchzu- spielen, damit es in der Akut- situation beherrscht wird und die nötigen Utensilien schnell greifbar sind. Wann kann ich mit der Adrenalingabe zuwarten? Bei einer rein kutanen allergischen Reaktion (Urtikaria/ Angioödeme) kann zunächst eine Therapie mit syste- mischen Antihistaminika und ergänzend systemischen Steroiden erfolgen und der weitere Verlauf unter inten- siver Überwachung abgewartet werden. In dieser Situ- ation sollte aber Adrenalin bereitgehalten werden. Die kutane Reaktion kann in eine Anaphylaxie übergehen. Sobald zusätzlich respiratorische und/oder kardiovasku- Foto: Quellenpraxis – Naemi Artmann Adrenalin Autoinjektor Adrenalin aufziehen Vorteile Schnell griffbereit Kostengünstig Patienten sehen direkt, wie der Pen funktioniert, im Sinne eines Teachings für die Anwendung zu Hause Lange Haltbarkeit Kaum Dosierungsfehler Individuelle Dosierung möglich Für Säuglinge <7,5 kg möglich Nachteile Kurze Haltbarkeit Verzögerung der Applikation durch vorgängig erforderliches Aufziehen Nicht für Säuglinge <7,5 kg zugelassen Dosierungsfehler eher möglich Kostenintensiv Fixe Dosierung Für eine zweite Injektion muss ein weiterer Autoinjektor vorhanden sein Beispiele möglicher Anaphylaxie-Szenarien in der Kinderarztpraxis: A. Ein Kind kommt mit plötzlich aufgetretener Urtikaria, Husten und angestrengter Atmung in die Praxis, die be- gleitenden Eltern wissen nicht, was passiert ist. Allergi- en sind nicht bekannt. Die Diagnosekriterien 1) sind er- füllt: plötzlich einsetzendes Ereignis, die Haut und die Atmung sind betroffen ➔ eine anaphylaktische Reakti- on ist sehr wahrscheinlich. Dieses Kind sollte unverzüg- lich Adrenalin i.m. erhalten. B. Ein Kind kommt direkt nach dem Konsum einer Nuss- mischung in die Praxis mit Juckreiz, geschwollenen Lip- pen, Bauchschmerzen und rezidivierendem Erbrechen. Die Diagnosekriterien 2) sind erfüllt: plötzlich einset- zendes Ereignis, Kontakt zu wahrscheinlichem Allergen (Nuss), mind. zwei Organsysteme sind betroffen ➔ eine anaphylaktische Reaktion ist sehr wahrscheinlich. Dieses Kind sollte unverzüglich Adrenalin i.m. erhalten. C. Ein Kind bekommt einige Minuten nach der Injektion ei- ner subkutanen Immuntherapie mit Gräserpollen Nau- sea und Atemnot. Die Diagnosekriterien 2) sind erfüllt: plötzlich einsetzendes Ereignis, Kontakt zu wahrschein- lichem Allergen (Gräserpollen Immuntherapie), zwei Organsysteme sind betroffen ➔ eine anaphylaktische Reaktion ist sehr wahrscheinlich. Dieses Kind sollte un- verzüglich Adrenalin i.m. erhalten. Bemerkung: Auch wenn es sich hier differentialdiagnostisch um eine psychosomatisch bedingte Reaktion handeln könn- te, ist im Zweifelsfall vom Gefährlicheren auszugehen und die Gabe von Adrenalin ist indiziert. Vor- und Nachteile von Adrenalin- autoinjektoren versus Adrenalin selbst aufziehen.

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