KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2020

27 03 / 2020 FORTB I LDUNG: THEMENHEFTTE I L K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ gleich zur subkutanen Immuntherapie (SCIT) seltener beobachtet. Patienten mit einer chronischen Erkran- kung der Mundschleimhaut sind für die SLIT nicht ge- eignet. Darüber hinaus gelten ähnliche Kontraindi- kationen wie bei der SCIT (Tabelle 4) [9], wobei die Gebrauchs- und Fachinformationen des jeweiligen Herstellers zu beachten sind. Sekundärprävention Bei allergischer Rhinokonjunktivitis konnte für ein SCIT- Präparat mit Birken- oder Gräserallergenen oder einer Birken-Gräser-Mischung eine Minderung des Risikos der Entwicklung von allergischem Asthma in einem prospektiven, aber offenen Studiendesign demons- triert werden («preventive allergy treatment (PAT) stu- dy» [12,13]). Dieser Effekt ist auch sieben Jahre nach Beendigung der SCIT gegenüber der nur symptoma- tisch behandelten Kontrollgruppe nachweisbar [14]. Auch für SLIT hat sich zumindest für die Graspollen- Tablette hinsichtlich der Erstmanifestation eines Asth- ma bronchiale ein gewisser präventiver Effekt gezeigt unter und bis 2 Jahre nach Therapieende [15]. Bei Mono- und Oligosensibilisierungen kann die Ent- wicklung neuer Sensibilisierungen reduziert werden [16–19]. Hinweise auf diese und andere sekundär präventive Effekte konnten bis zu zwölf Jahre nach Beendigung der SCIT mit einem modifizierten Aller- genpräparat im Vergleich zu einer unbehandelten Kontrollgruppe in einem offenen Studiendesign be- schrieben werden [16]. Eine neuere Studie zur SLIT konnte eine Reduktion der Neusensibilisierungen zei- gen, wogegen dieser Effekt in einer anderen (ebenfalls offenen) Studie nicht belegt werden konnte [20, 21]. Sekundärpräventive Aspekte, insbesondere die Reduk- tion von Neusensibilisierungen und ein vermindertes Asthmarisiko, sind wichtige Gründe, den Therapiebe- ginn im Kindes- und Jugendalter früh zu wählen. Da- bei sollten solche Produkte berücksichtigt werden, für die entsprechende Effekte gezeigt worden sind [9]. Durchführung SCIT mit Inhalationsallergenen Bevor man mit einer subkutanen Immuntherapie be- ginnt, sollte eine detaillierte Vorbereitung erfolgen [9]. Der Patient wird erst nach aktuellen Beschwerden (Al- lergie, Fieber, Infektzeichen etc.), der Verträglichkeit der letzten Injektion und Erkrankungen und Verlauf in der Zwischenzeit, Veränderungen in der Medikamen- teneinnahme und erhaltene Impfungen in der Zwi- schenzeit befragt. Allenfalls erfolgt eine Untersuchung zur Beurteilung, ob beim Patienten im Falle einer Al- lergie, einer Asthma-Dekompensation, eines Infektes Tabelle 2 Tabelle 3 Indikation zur SIT mit Allergenen a Nachweis einer Immunglobulin-E(IgE)-vermittelten Sensibilisierung (vorzugsweise b mit Hauttest und c /oder d In-vitro-Diagnostik) und eindeutiger Zusammenhang mit klinischer Symptomatik (ggf. Provokationstestung) Verfügbarkeit von standardisierten bzw. qualitativ hochwertigen Allergenextrakten Wirksamkeitsnachweis der geplanten SIT für die jeweilige Indikation und Altersgruppe Allergenkarenz nicht möglich oder nicht ausreichend Alter der Patienten ≥ 5 Jahre a Alle Punkte sollten erfüllt sein. b Sensibilisierungsnachweis in der Schweiz vorzugsweise mit dem Hauttest. c Und bezieht sich auf seltene Allergene bzw. diagnostisch unsichere Ergebnisse. d Oder bezieht sich auf Bedingungen, die keinen Hauttest zulassen und die Diagnostik bei Kindern unter fünf Jahren. Nützliche Allergenkomponenten bei der Indikationsstellung einer Immuntherapie (Majorallergene a versus Panallergene b ) Majorallergene Bet v 1 → Birke, Betula pendula (früher Betula verrucosa ) Ole e 1 → Esche – keine eigene Komponente, stattdessen aufgrund der sehr hohen Kreuzreaktivität: Ölbaum: Olea europaea Phl p 1/5 → Gräser, Phleum pratens (Wiesenlieschgras) Art v 1 → Beifuss, Artemisia vulgari s Amb a 1 → «Ragweed», Ambrosia artemisifolia (beifussblättrige Ambrosie) Der p 1/2 → Hausstaubmilben, Dermatophagoides pteronyssinus Alt a 1 → Alternaria, Alternaria Alternata Komponenten, die positive Hauttests erklären, aber nicht als Indikation für Immuntherapie gelten sollten (Panallergene b ) Profiline: z.B.: Amb a 8 («Ragweed»), Ara h 5 (Erdnuss), Bet v 2 (Birke), Cor a 2 (Hasel- nuss), Hev b 8 (Latex), Phl p 12 (Gras), Tri a 12 (Weizen) Polcalcine: z.B.: Aln g 4 (Erle), Amb a 9 («Ragweed»), Art v 5 (Beifuss), Bet v 4 (Birke), Phl p 7 (Gras) a Der Name einer Allergenkomponente leitet sich aus den ersten drei Buchstaben des Gattungs- und dem ersten Buchstaben des Artnamens ab, z.B. Wiesenlieschgras Phleum pratense → Phl p 1. Die Nummerierung folgt oft der Reihenfolge der Erstbeschreibung und gleiche Nummern bedeuten daher leider nicht automatisch Kreuzreak- tivität. Die Kreuzreaktivitäten sind bei manchen Allergenfamilien so hoch, dass eine Extrabestimmung der einzel- nen Komponenten nicht notwendig ist: Buchenartige (PR-10-Proteine): Bet v 1 (Birke) ↔ Aln a 1 (Erle) ↔ Cor a 1 (Haselnuss); Gräser (Gräser-Gruppe-1-Allergen): Phl p 1 (Wiesenlieschgras) ↔ Cyn d 1 (Hundszahngras) ↔ Lol p 1 (Weidelgras) ↔ Tri a 1 (Weizen); Hausstaub- und Mehlmilben: Cystein-Proteasen: Der p 1 ↔ f1, NPC2-Fami- lie: Der p 2 ↔ f 2. Das tagesaktuelle internationale WHO/IUIS-Online-Verzeichnis für alle Allergenkomponenten ist unter folgender URL abrufbar: www.allergen.org . b Definition: Ein Majorallergen ist eine Allergenkomponente, gegen die mehr als 50% der sensibilisierten Allergiker spezifisches Immunglobulin E (IgE) aufweisen (z. B. bei Gräserpollenallergie: Majorkomponenten: Phl p 1, 2, 5, 6; Minorkomponente: Phl p 11). Panallergene kommen in vielen Arten vor und sind klinisch meist unbedeutend, erklären aber irrelevant positive Haut- und/oder Bluttests auf Extraktbasis: z.B. Profiline sind zurzeit aus 48 Pflanzenarten beschrieben. Täglich kommen neue Vertreter hinzu, für aktuelle Listen siehe: www.meduniwien.ac.at/allergens/allfam.

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