KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2020
19 03 / 2020 BERUFSPOL I T I K K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ S o ging und geht in dieser speziellen Zeit vieles «nor- mal» weiter, wie zum Beispiel das Impfen. Gerade rechtzeitig vor den beginnenden Beschränkungen fand Ende Januar erneut ein Treffen zu NSI (Nationale Strate- gie zu Impfungen) statt. Das BAG lädt regelmässig alle Beteiligten dieses Bereiches zum Gedankenaustausch sowie zum Erarbeiten von Massnahmen zur Verbesse- rung der Durchimpfungsraten ein. Vor dem Plenum gab es Inputvorträge (Stand der Ar- beiten, Impfen in der Apotheke, Entwicklungen und Stand e-Impfausweis und andere), in kleineren Grup- pen wurden dann bestimmte Themenbereiche bearbei- tet (zum Beispiel: Umsetzungsbeispiele und Diskussion von kantonalen Impfkampagnen, Ärzteschaft im Dilem- ma zwischen Impfempfehlungen und Impfstoffverfüg- barkeit – wie damit umgehen?, Beratungstools/Bera- tungstipps für Impfskeptische). Aufgrund der Tatsache, dass möglichst alle beim Impfen involvierten Gruppen dabei sind – also nicht nur die Impfenden, sondern auch die «Beratenden» – wirkt die Arbeit dieser Institution zwar manchmal ein wenig träge, doch bietet sich hier die Möglichkeit, Inputs und Anliegen aus der Praxis so- wie Wünsche an die beratenden Institutionen (Mütter-/ Väterberatungen, Hebammen, Schulen und andere) einzubringen – und natürlich auch umgekehrt, also ent- gegenzunehmen. Unabhängig von allen Strategien, Diskussionen und Workshops müssen aber wir Praxispädiater uns immer wieder bewusst machen, dass es insbesondere in unse- ren Händen liegt, wie gut die Durchimpfungsraten sind: also jede Möglichkeit nutzen, um den gültigen Impf- plan umzusetzen und allfällige Impflücken zu schlies- sen – von der Geburt bis zum Adoleszenten (und viel- leicht noch bei deren Eltern). Hier ein paar Stichpunkte zum stattgefundenen Work- shop, der letztlich die Aufgabe hat, die Rahmenbedin- gungen zu verbessern: ■ Zentraler Impfstoffeinkauf: Nicht zuletzt wegen einer Anfrage im Nationalrat beschäftigt sich das BAG mit der Frage, ob es nicht einen zentralen Ein- kauf der Impfstoffe durch den Bund geben könn- te/sollte (um Versorgungslücken zu vermeiden). Es wurde eine Zusammenfassung einer externen Un- tersuchung zu diesem Thema vorgestellt. Die Prä- sentation, die dies eher befürwortet, überzeugte allerdings nicht. Abgesehen davon, dass einseitig nahezu nur Länder befragt wurden, die dies bereits tun (wie Österreich), scheinen die Ergebnisse der er- lebten Praxis zu widersprechen und es wurden zu- dem viele praktische Gesichtspunkte nicht berück- sichtigt. In meinen Augen kann ein zentraler Einkauf Versorgungslücken nicht verhindern (ausser zulasten anderer Länder durch sehr hohe Konventionalstra- fen), da er eine Monopolisierung begünstigt. Dies habe ich mir erlaubt anzumerken. ■ Impfen in den Apotheken: Von der Vertreterin der Apotheken wurde die bisherige Entwicklung als grosser Erfolg bezeichnet und eine Ausweitung der Impfmög- lichkeiten für die Apotheken gefordert. Es ist natürlich jede Möglichkeit zur Verbesserung der Durchimpfungs- raten zu begrüssen. Das Impfen in den Apotheken ist bisher in der Regel (noch) auf das Alter ab 16 Jahren begrenzt, doch scheint von etlichen Apotheken eine Ausweitung auch auf Kinder durchaus erstrebenswert – dies würde ich als sehr problematisch ansehen. ■ Swissmedic: Nach wie vor ist die (Neu-) Zulassung von Impfstoffen ein heikles Thema. Hier ist sicherlich kei- ne schnelle Änderung zu erwarten (oder kann Corona auch hier die Zukunft verändern?), doch scheint bei Swissmedic «der stete Tropfen» ein wenig Wirkung zu zeigen. Man konnte zarte Versuche der Verbesserung erahnen. ■ Vergütungen: Lieferunterbrüche bei den Impfstoffen verursachen nicht nur einen «Imageschaden» für die Impfungen, sondern in den Praxen auch erhebliche or- ganisatorische Umtriebe sowie unbezahlte Leistungen. Es war kaum jemandem bewusst, dass wir die durch diese Problematik verlängerte Beratungszeit kaum zu- lasten der Patienten (also Versicherungen), schon gar nicht der Hersteller, verrechnen können. Also machen wir «brav ethische Freiwilligenarbeit». Immerhin zeich- net sich die Möglichkeit ab, dass das Impfen von der Franchise / Selbstbeteiligung befreit wird – ja sogar eine Impftarifposition scheint nicht ganz unmöglich (bei NSI natürlich nicht zu beschliessen, aber doch zu «bewer- ben»). Es gab an diesem Tag natürlich viele andere Gespräche und (auch kontroverse) Diskussionen. Auch wenn keine kon- kreten sofortigen Ergebnisse zu erwarten sind, ist es wich- tig, bei allen solchen Veranstaltungen die Praxispädiatrie zu vertreten, denn nur so können wir versuchen mitzuge- stalten. ■ DR. MED. JAN CAHLIK VORSTANDSMITGLIED KINDERÄRZTE SCHWEIZ, MITGLIED BAG ARBEITSGRUPPE NATIONALE STRATEGIE ZU IMPFUNGEN, AFFOLTERN AM ALBIS Korrespondenzadresse: jan.cahlik@bluewin.ch Alles Corona? Natürlich nicht, auch wenn es manchmal immer noch so scheinen mag… «Impfen geht weiter!» Nationale Strategie zu Impfungen (NSI) Workshop, Januar 2020
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