KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2020

15 03 / 2020 BERUFSPOL I T I K K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ A m 1. Januar 2020 ist die Verordnung über die Inte- grität und Transparenz im Heilmittelbereich (VITH) in Kraft getreten (siehe https://www.admin.ch/opc/de/ official-compilation/2019/1395.pdf). Diese besagt unter anderem, dass Rabatte und Rückvergütungen an Fach- personen, welche verschreibungspflichtige Arzneimittel verschreiben, abgeben und/oder einkaufen, nicht er- laubt sind, es sei denn, die Vergünstigungen werden an die Patienten weitergegeben. Mit dieser Bestimmung soll verhindert werden, dass die Ärzteschaft durch Ra- batte ungebührlich beeinflusst wird. Die FMH hat in der SAEZ vom 6. November 2019 auf die neuen gesetzlichen Bestimmungen aufmerksam ge- macht. mfe Haus- und Kinderärzte Schweiz hat in ih- rem Newsletter vom Februar 2020 darauf hingewiesen, dass sämtliche Vergünstigungen dokumentiert und an die Patienten weitergegeben werden müssen (mit we- nigen Ausnahmen). Weitergabe von Vergünstigungen Vergünstigungen sind vom Leistungserbringer in der Rechnung aufzuführen und an den Schuldner weiter- zugeben. Eine nur teilweise Weitergabe von Vergünsti- gungen kann zwischen den Verbänden der Leistungs- erbringer und der Versicherer schriftlich vereinbart werden, wobei mehr als 50% an den Schuldner der Leistung weitergegeben werden müssen. Gleichwertige Gegenleistungen Gleichwertige Gegenleistungen, etwa bei der Bestel- lung und Lieferung von Heilmitteln, gelten nicht als «nicht gebührende Vorteile», sofern sie vorgängig mög- lichst präzise sowohl in Hinsicht auf die Leistungen als auch auf die Abgeltung schriftlich vereinbart werden und in einem angemessenen Verhältnis zur Abgeltung stehen. Aufwände für Logistik, Lagerkosten oder Lager- risiko können abgegolten werden, eine schriftliche Ver- einbarung muss vorliegen. Rabatte Wenn Preisrabatte oder Rückvergütungen keinen Ein- fluss auf die Wahl der Behandlung haben, gelten sie nicht als «nicht gebührende Vorteile». Ob dies erfüllt ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Rabatte können als Preisrabatte (Fixbetrag oder Prozentsatz des Brut- topreises) oder als Mengenrabatt (Verhältnis zwischen Liefermenge und zu bezahlender Menge) erteilt wer- den. Auch sind Rückvergütungen möglich. Unzulässig sind Rabatte, sofern sie dazu führen kön- nen, dass ein ungeeignetes verschreibungspflichtiges Arzneimittel oder ein geeignetes verschreibungspflich- tiges Arzneimittel übermässig verschrieben, abgegeben oder angewendet wird. KIS-Mitglieder haben sich beschwert über die unter- schiedliche Handhabung dieser Verordnung durch die Lieferanten, meist zum Nachteil der Ärzteschaft, und den Verband zum Handeln aufgefordert. KIS hat bei neun Pharmafirmen und Grossisten Erkundigungen eingeholt. Tatsächlich werden Transportkosten unter- schiedlich be- und verrechnet. Zur Beachtung: ■ Rabatte, Rückvergütungen usw. sind nicht erlaubt, ausser sie werden an die Patienten weitergegeben. ■ Rabatte müssen aufseiten Lieferant wie Bezüger do- kumentiert und auf Verlangen dem BAG vorgelegt werden. ■ Für die Mehrheit der Praxen lohnt sich dieser Auf- wand kaum. Somit ist es am einfachsten, auf Rabat- te jeder Art zu verzichten. ■ Das Gesetz lässt einen gewissen Interpretationsspiel- raum offen – was auch aus den unterschiedlichen Konditionen der Lieferanten hervorgeht – der, wenn gewünscht, mit der nötigen Vorsicht genutzt werden kann. ■ Logistik- und Lieferkosten fallen je nach Firma, Fre- quenz, Menge und Aufwand sehr unterschiedlich aus und werden vom Lieferanten festgelegt. ■ Der Markt erlaubt es, Angebote untereinander zu vergleichen. ■ Logistik- und Lieferkosten müssen ausgewiesen werden. Der Preis dafür kann verhandelt werden. Preisreduktionen sind nicht automatisch als unge- bührliche Vorteile zu interpretieren. Der Erlass von Transportkosten durch den Impfstoffhersteller dürfte eher als Begünstigung eines einzelnen Produkts und somit als weiterzugebender Rabatt beurteilt werden, als der Erlass durch den Grossisten, der eine Vielzahl von Medikamenten liefert und somit kein bestimm- tes Produkt bevorteilt und damit den Therapieent- scheid des Arztes nicht einmal theoretisch beein- flusst. ■ Eine juristische Klärung anzustreben, um alle mög- lichen Probleme à priori zu lösen, wäre zeitaufwen- dig. Prozesse müssten allenfalls im konkreten Fall ge- führt werden. ■ DR. MED. ROLF TEMPERLI VORSTANDSMITGLIED MFE HAUS- UND KINDERÄRZTE SCHWEIZ, EHRENMITGLIED KINDERÄRZTE SCHWEIZ, LIEBEFELD Korrespondenzadresse: temperli-rossini@bluewin.ch Rabatte bei Lieferkosten von Heilmitteln LITERATUR: 1. Schweizerische Ärztezeitung, Ursina Pally Hofmann, 19. Novem- ber 2019; 100(45): 1484–1487. DOI: https://doi.org/10.4414/ saez.2019.18338

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