KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2020
6 BERUFSPOL I T I K : COV ID- 19 02 / 2020 K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 25. Februar 2020: In den Medien häufen sich Artikel über zunehmende COVID-19-Fälle in Italien. Für mich – die Skiferien im Berner Oberland geniessend – scheint das alles noch weit weg. Dann eine WhatsApp-Nachricht von unserem Geschäftsführer Daniel Brandl betreffend einer Medienanfrage, ob Schweizer Kinderärzte Emp- fehlungen an die Eltern und Kinder richten würden wie die italienischen Kinderärzte, sollte das neue Corona- virus auch in der Schweiz auftauchen. Ich habe damals noch die naive Vorstellung, dass das Virus vielleicht die Schweiz verschonen würde, und verweise auf die Hygie- ne- und Verhaltensmassnahmen des BAG. Wenige Stun- den nach dieser Medienanfrage meldet das BAG den ersten bestätigten Corona-Fall in der Schweiz… Heute – ein Vierteljahr später – ist die Welt eine andere. Wie wir alle wurde auch KIS in den letzten Monaten mit Fragen und Problemen konfrontiert, wie wir sie uns vor einem halben Jahr nicht im Traum hätten vorstellen kön- nen. Unsicherheiten und Fragen – deutlich mehr als kla- re Antworten – stellen sich jede Woche, trotz viel Wissen und Stellungnahmen von Experten bzw. Möchtegern- Experten. Wie sollten wir uns während der Pandemie verhalten und in die Debatten einreihen? Innerhalb von KIS haben wir uns früh dafür entschieden, bei fachspezifischen Fragen mit den pädiatrischen Experten (Infektiologen) zusammenzuarbeiten, was dank einem raschen und unkomplizierten Austausch mit der SGP möglich war. Es ging uns darum, das medizini- sche Wissen zu bündeln und dieses unseren Mitgliedern schnell und unkompliziert zugänglich zu machen. Tägli- che E-Mails, welche im Kern die gleichen Informationen weiterverbreiteten, wie wir sie von so vielen Seiten be- reits im Stundentakt erhielten, empfanden wir nicht als zielführend. Deshalb wurden unsere Diskussionen aus der Praxis an das Expertengremium der SGP weiterge- leitet und in den SGP Newslettern beantwortet. Die- se wurden jeweils zeitnah auf die ständig aktualisierte und rege besuchte COVID-19-Webseite für Mitglieder von KIS gestellt. Wir bedanken uns an dieser Stelle beim Vorstand und der Geschäftsstelle der SGP für die aus- gezeichnete Zusammenarbeit während dieser Krise. Un- ser Dank gilt auch mfe, deren rechtliche und tarifarische Informationen wir niederschwellig an unsere Mitglied- schaft weiterleiten durften. Weil ein Mangel an Fachkräften in den Spitälern be- fürchtet wurde und in vielen Praxen die Patienten aus- blieben, stellten wir über Nacht die KIS COVID-19 tem- poräre Stellenbörse für Kinderärzte und MPAs auf die Beine. Unser Beispiel machte Schule, sodass wir dieses Projekt nach einigen Wochen einstellen konnten, zu- gunsten der umfassenden «Care Now» medizinischen Stellenbörse der ETH Zürich und anderen Akteuren, wo wir als Partner mitwirken. Lange bevor das Thema eines Schutzkonzeptes für Arzt- praxen von der FMH aufgenommen wurde, haben wir mit «Tipps für die Praxis» praktische Empfehlungen für die Arbeit in der täglichen Praxis zusammengestellt, wel- che auch von anderen Berufsverbänden übernommen wurden. Es sollten bewusst Empfehlungen bleiben und keine Leitlinie, denn in jeder Praxis sind die Abläufe und räumlichen Voraussetzungen verschieden, sodass jeder Praxispädiater nicht darum herum kam, unsere Empfeh- lungen an seine Strukturen anzupassen. Hinzu kommt, dass wir mehr denn je spürten, dass jeder Kanton sein eigenes Gesundheitssystem hat, was sich unter anderem in der Bereitstellung von Schutzmaterial zeigt oder in der Empfehlung, die Diagnostik in der Praxis oder nur in ent- sprechenden Zentren durchzuführen. Dass die «Tipps für die Praxis» mit der ersten Lockerung des Lockdowns am 28. April 2020 schliesslich zu einem Bestandteil des Schutzkonzeptes zum Betrieb von Arztpraxen der FMH wurden, zeigt, dass die Meinung unseres Berufsverbandes auch bei den «Erwachsenen- medizinern» gehört wird. Die Wahrnehmung unseres Berufsverbandes als wichti- ge Stimme für die Kinder- und Jugendmedizin in diesem Land konnte durch ausgewählte Auftritte in den Me- dien unterstrichen werden. Im Verlauf der letzten Wochen wurde allmählich klar, dass Fragen, deren Beantwortung wir zu Beginn der Co- rona-Pandemie bewusst den Experten überlassen ha- ben, einen grossen Einfluss auf unsere praktische Arbeit DR. MED. MARC SIDLER PRÄSIDENT KINDERÄRZTE SCHWEIZ, BINNINGEN Korrespondenzadresse: marc.sidler@hin.ch KIS in Corona-Zeiten: von Praxispädiatern für Praxispädiater
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