KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2020

36 FORTB I LDUNG: THEMENHEFTTE I L 02 / 2020 K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ A n einem regnerischen Freitag im November trifft sich ein überschaubares Grüppchen von zehn Kurs- teilnehmern und vier Tutoren im Kursraum der Labor- gemeinschaft 1 in Zürich. Es zeigt sich schnell, die so- nografischen Vorerfahrungen sind sehr unterschiedlich: von im Ausland ausgebildeten «Profis», die mehrere Monate intensiv die Sonografie betrieben haben und zur Anerkennung in der Schweiz noch den Schein be- nötigen, bis zu den «Amateuren», die sich die Sono- grafie im Praxisalltag aneignen. Zu Letzteren gehöre ich, vor 13 Jahren im ersten Assistentenjahr in der inne- ren Medizin in einem Landspital als «Sono-Assistent» auf den Geschmack gekommen, war es während der Pädiatrieweiterbildung unmöglich, in die Radiologie- domäne vorzudringen. Erst als Oberärztin in einer klei- neren Kinderklinik konnte ich erste Erfahrungen in der pädiatrischen Sonografie sammeln. Nun also sollte mich der Kurs fit machen, die Sonografie in der zukünftigen eigenen Praxis mit Selbstvertrauen anzuwenden. Nach einem Theorieblock mit Repetition der normalen Sonoanatomie trudeln die ersten «Patienten» ein, allesamt Jungs zwischen vier und zehn Jahren. Geduldig lassen sie uns (drei Teilnehmer pro Tutor und Kind) Leber, Milz, Pan- kreas und Nieren darstellen. Einige Kursteilnehmer wagen sich an die Königsdisziplin: die Darstellung der nicht-ent- zündeten Appendix. Und jedes Mal ein Glücksmoment in der Gruppe, wenn der Wurm ins Bild schlängelt. Ein grosses Wow-Erlebnis wartet am Nachmittag des ers- ten Kurstages auf mich: die Thoraxsonografie. Weder am Grundkurs 2006 noch im pädiatrischen Aufbaukurs 2012 hatte ich davon gehört. Nun werden mir A-Lines, B-Lines und Seashore-Zeichen präsentiert, und ich staune, dass ich sonografisch virale von bakteriellen Pneumonien unter- scheiden können soll. Zur Diagnostik des Pneumothorax sei die Sonografie dem Röntgenbild gar offiziell überlegen. Auch das wird am Kind geübt, und nebenbei auch ein Blick auf den Thymus (Salz- und Pfeffermuster…toll!) gewor- fen. Da nun auch weibliche Probanden vor Ort sind, nut- zen wir die Chance und suchen die Ovarien, was bei den präpubertären Mädchen gar nicht so einfach ist. Der zwei- te Tag steht dann ganz im Zeichen der Sonografie des Be- wegungsapparates. Der Kursleiter Raoul Schmid zeigt uns Bilder aus seiner Praxis: nebst dem Klassiker distale Ra- diusfrakturen auch Fingerfrakturen, Humerusfrakturen, eine Radiusköpfchenfraktur und eine «Trampolinfraktur» an der Tibia. Teils aufwendig die Einzelbilder digital zu ei- nem Gesamtbild rekonstruiert, sodass man sich den Kno- chen zweidimensional entsprechend dem Röntgenbild vor- stellen kann. Als Aha-Erlebnis sehe ich das berühmte «Fat pad sign», mit dem ich mich konventionell-radiologisch im- mer schwer getan habe, nun sonografisch eindrücklich und vor allem eindeutig vor mir. Ja, das finde ich! Und als Ab- schluss-Zückerli haben wir beim letzten Patienten nochmals Würmer entdeckt. Richtig gelesen, im Plural: Oxyuren, die sich in ihrer Schleimhülle an die Darmwand geheftet haben und uns auf dem Bildschirm ins Auge springen! Insgesamt habe ich im Kurs viel gelernt, sehr viele prak- tische Erfahrungen gesammelt, und vor allem viel Selbst- vertrauen für die Anwendung der Sonografie in der Praxis gewonnen. ■ DR. MED. JANINE RHINER FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, OBERUZWIL Korrespondenzadresse: janinerhiner@hotmail.com Auf Wurmsuche am Abschlusskurs pädiatrische Sonografie

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