KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2020

29 02 / 2020 FORTB I LDUNG: THEMENHEFTTE I L K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ D ie Vorteile dieser Untersuchungsmodalität schei- nen auf der Hand zu liegen. Neben dem wichtigs- ten Argument, der strahlenfreien Untersuchung, kann die Extremität in eingenommener Schonhaltung un- tersucht werden. Eine äusserst schmerzhafte Mobili- sierung zur Röntgenaufnahme in 2 Ebenen bleibt dem Kind damit erspart. Mit den modernen und kleinen Ultraschallgeräten, die nur aus einem Schallkopf und einem Tabletcomputer bestehen, kann dies heutzutage auch ohne Aufwand «bed-side» durchgeführt werden. Dennoch steht bis heute der zu erwartende Siegeszug der Sonografie bei der Frakturdiagnostik im Kindesalter noch aus. Zum einen liegt dies an der noch fehlenden Studienlage, um den Goldstandard «Röntgen» bei den zur Ultraschalldiagnostik geeigneten Frakturen auch in den Spitälern abzulösen, zum anderen aber wohl auch am fehlenden Vertrauen der niedergelassenen Anwen- der in die eigene Umsetzung und Beurteilung der Un- tersuchungsmethodik. Dieser Artikel soll daher die 3 häufigsten Indikationen zur Ultraschalldiagnostik bei Frakturverdacht der obe- ren Extremität im Kindesalter methodisch beleuchten. Grundsätzliches zur Methodik Um mittels Sonografie eine Fraktur zu diagnostizieren, wird ein hochfrequenter (>7,5 MHz), linearer Schall- kopf gewählt. Je grösser die Auflagefläche des Schall- kopfes ist, desto mehr kann von der traumatisierten Ex- tremität dargestellt werden. Die meisten Knochen sind oberflächennah gelegen. Um eine bessere Abbildbar- keit zu gewährleisten, ist daher eine Vorlaufstrecke not- wendig. Zumeist ist hierfür eine entsprechend grosse Menge Ultraschallgel ausreichend. Sondenposition, Geräteeinstellung und Sonoanatomie Der Linearschallkopf wird in Längsrichtung des zu un- tersuchenden Knochens aufgesetzt. Der Schallwellen- gang sollte orthogonal zur Kortikalis des Knochens lie- gen. Die Tiefeneinstellung sollte so gewählt werden, dass die Knochenkortikalis in der Mitte des Monitors abgebildet wird. Der Fokus sollte knapp oberhalb der Kortikalis positioniert werden. Nachdem die Sondenposition und die Geräteeinstellun- gen richtig gewählt wurden, stellt sich die Kortikalis als helle, scharf begrenzte Linie dar, an der es zur Totalrefle- xion des Schalls kommt. Alle Bildinformationen, die sich von der Sonde aus gesehen distal des Kortikalisreflexes befinden, sind daher rein virtuell. (Abb. 1) Das Wissen um Wachstumszonen und deren Darstel- lung im Ultraschallbild sind elementar. So kodiert der Knorpel der Wachstumszonen im Ultraschallbild extrem dunkel und kann als Erguss oder Frakturspalt fehlinter- pretiert werden. (Abb. 1) Der Ultraschall bei Verdacht auf subcapitale Humerusfraktur Um die subcapitale Humerusfraktur im Ultraschall dar- zustellen, wird der lineare Schallkopf längs zum Hume- rusverlauf wenig unterhalb des Humeruskopfes auf- gesetzt. Der Patient wird im Sitzen untersucht und die traumatisierte obere Extremität verbleibt in Schonhal- tung. Die Rotatorenmanschette dient als Schallfenster, sodass eine grosse Gel-Vorlaufstrecke sich erübrigt. Zur Dokumentation werden die vier Standardschnitte, die von Ackermann und Kollegen festgelegt wurden, dar- gestellt und gespeichert. Um den Standardschnitt von der medialen Humeruskortikalis zu erhalten, muss der Arm vorsichtig in Neutralstellung rotiert werden. Die Sonde wird nun von ventral längs zur Humerusrichtung aufgesetzt. Diese Darstellung ist die einzige Schnittebe- ne, bei der der Arm vorsichtig aus der Schonhaltung ge- nommen werden muss [5]. DR. MED. MICHAEL WALTHER FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, OBERARZT INTER- DISZIPLINÄRE NOTFALL- STATION, UNIVERSITÄTS- KINDERSPITAL BEIDER BASEL, CO-PRÄSIDENT SVUPP, BASEL Korrespondenzadresse: dr.michaelwalther@yahoo.de Ultraschall bei der Frakturdiagnostik der oberen Extremität Abbildung 1: Zur Darstellung kommen (1) Unterhautfettgewebe, (2) Muskulatur, (3) Knochenkortikalis, (4) Epiphyse und (5) Epiphysenfuge. Der Ultraschall als bildgebende Diagnostik bei Frakturverdacht im Kindesalter wird seit der Jahrtausendwende angewendet [1, 2, 3]. Vor einigen Jahren wurde bereits ein Standard zur Diagnostik der distalen Unterarm- und der proximalen Oberarmfraktur veröffentlicht [4].

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