KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2020
26 FORTB I LDUNG: THEMENHEFTTE I L 02 / 2020 K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ E s gibt keine international anerkannte Guideline [1, 2, 3, 4] welche zur Diagnose einer unkompli- zierten ambulant erworbenen Pneumonie eine Bildge- bung fordert. Trotzdem wird ein Röntgen des Thorax bei Verfügbarkeit fast routinemässig zur Diagnosestel- lung einer Pneumonie gemacht. Es bedeutet für den anmeldenden Arzt kaum Arbeitsaufwand und ist rasch durchgeführt. Die Strahlenbelastung für das einzelne Kind scheint vertretbar. Die Hemmschwelle wird hö- her bei Kindern, die sich aufgrund einer Grunderkran- kung oft mit respiratorischen Infekten auf dem Notfall oder in der Praxis vorstellen. So stellt sich die Frage: Bie- tet LUS eine valable Alternative zum Röntgen-Thorax? Wie funktionierts? Im folgenden Abschnitt werden die Grundsätze des LUS erklärt. Zum praktischen Erlernen des LUS verwei- sen wir auf die SVUPP-Ausbildungskurse [5]. «Luft ist der Feind des Ultraschalls» – diesen Grundsatz haben wir im Studium gelernt. Wie kann mittels Ultra- schall die Lunge trotzdem beurteilt werden? LUS ist die Beurteilung von Artefakten, welche durch die Interakti- on des Ultraschalls zwischen der Luft- und Flüssigkeits- grenzfläche entstehen. Das normale Bild der Lungen im Ultraschall ist charakterisiert durch die Pleuralinie, Lung Sliding, A-Linien und B-Linien. Bei gut belüfteten Lungen (Normalbefund) bildet die in den Alveolen enthaltene Luft eine Barriere für die Ul- traschallwellen. Es kommt hinter der Pleura zur Totalre- flexion, was sich als markanter, scharfer hyperechoge- ner Strich darstellt, Pleuralinie genannt. Lung Sliding beschreibt die atemabhängige Bewegung der viszera- len Pleura über der parietalen Pleura. A-Linien sind horizontale, hyperechogene, parallel verlaufende Lini- en unterhalb der Pleuralinie. Es handelt sich hierbei um Wiederholungsartefakte der Pleuralinie, welche nur bei luftgefülltem Gewebe vorkommen. Das Vorhandensein von Lung Sliding und A-Linien beweist eine gut belüf- tete Lunge im Untersuchungsbereich. B-Linien sind hy- perechogene, vertikal zur Pleuralinie verlaufende Lini- en, sie sind dynamisch und löschen A-Linien aus. Ihre Anwesenheit ist hinweisend auf eine Verschiebung des Luft-Flüssigkeit-Verhältnis des Gewebes, d. h. je mehr B-Linien vorhanden sind, desto mehr Flüssigkeit hat sich in den interlobulären Septen angesammelt. Bei einer Pneumonie kommt es zu einer Belüftungs- störung der subpleural gelegenen Lungenanteile, was mittels Ultraschall dargestellt werden kann. Die dün- ne, glatte Pleuralinie verschwindet über diesem Areal, das Lungengewebe ist hypoechogen (Flüssigkeitseinla- gerung aufgrund der Entzündung), bis dem Leberpar- enchym ähnelnd (Hepatisation). In diesem verdichteten Lungenareal sehen wir hel- le Punkte oder Verästelungen, welche der Luft in den Bronchien (=Bronchopneumogramm) entspricht. DR. MED. SONJA FONTANA FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN FMH, OBERÄRZTIN NOTFALLSTATION AM UNIVERSITÄTS- KINDERSPITAL ZÜRICH Korrespondenzadresse: sonja.fontana@kispi.uzh.ch DR. MED. MATTHIAS ZÜRCHER FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN FMH, OBERARZT DEPARTEMENT KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, KANTONSSPITAL GRAUBÜNDEN, CHUR Korrespondenzadresse: matzue@gmail.com Der Lungenultraschall (LUS) ist eine wichtige Ergänzung zu Anamnese und körperlicher Untersuchung in der Beurteilung von Atmungsproblemen. Die Untersuchung ist schnell und kostengünstig. Die Vorteile gegenüber einem Röntgenbild sind das Fehlen von ionisierender Strahlung und die Durchführbarkeit direkt am Patientenbett. LUS ist einfach zu lernen, erfordert aber Übung. Seinen Ursprung hat LUS in der Intensivmedizin. In den letzten Jahren findet er zunehmende Beachtung in vielen weiteren medizinischen Disziplinen. Dieser Artikel beschränkt sich auf die Anwendung von LUS in der Kinderarztpraxis mit Schwerpunkt auf die Pneumonie-Diagnostik. Lungensonografie – eine Alternative zum Röntgenbild? Bild 1: einer normalen Lunge. 1: Pleuralinie, 2: A-Linien, 3: B-Linien
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