01 / 2020 VERBANDSZ I ELE K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 39 rischen als auch in finanziell-organisatorischen Belangen. Der Aufwand ist natürlich besonders am Anfang der Praxisassistenz beträchtlich: Wir mussten sowohl unsere Behandlungskonzepte wie auch unser Vorgehen in der Vorsorge überprüfen. Im Verlauf wurde vieles im positiven Sinne zur Routine und sowohl wir selber wie auch die Patienten haben davon profitiert. Einer der Höhepunkte ist jeweils, wenn der Praxisassistent eine Woche Ferienvertretung macht und stolz realisiert, dass er die Praxis alleine gemanagt hat (wobei wir Lehrpraktiker immer telefonisch erreichbar sind). Was das Finanzielle angeht, habe ich über die 4 Jahre vor und nach Beginn der Praxisassistenz die Situation analysiert. Nach einem leichten Einbruch des Gewinns zu Beginn hat sich das Ganze wieder eingependelt. Ich habe also festgestellt: Finanziell ist es bei uns ein Nullsummenspiel. Ohne Mitfinanzierung des Kantons wäre es aber ein Verlustgeschäft. Als Ganzes betrachtet sehe ich jedoch deutlich mehr Vor- als Nachteile. KIS: Braucht es überhaupt ein solches Engagement für junge Pädiater? Es gibt doch so viele neue Praxen im Raum Zürich? AG: Die Situation in der ambulanten Pädiatrie hat sich in den letzten 20 Jahren stark verändert. Es gibt immer mehr «Grossbetriebspraxen» – gerade im Raum Zürich – welche von Unternehmern (nicht Ärzten!) gegründet wurden, mit dem Ziel, Geld zu verdienen. Ärzte werden von Unternehmern, z.B. Juristen angestellt und die Ausbildung dieser Kollegen, welche häufig aus dem EU-Raum in die Schweiz kommen, ist sehr unterschiedlich. Es ist unsere ureigenste Verantwortung zu zeigen, dass die Qualität der Praxispädiatrie nicht das Abhaken einer Vorsorgecheckliste oder eine gewinnbringende Notfallversorgung ist. In meiner Sicht der Pädiatrie stehen die Bedürfnisse des Kindes / des Jugendlichen und seiner Familie im Zentrum. Ich bin also Begleiter des Kindes in seiner bio-psychosozialen Entwicklung, aber auch fachlicher Partner für Krippen, Schulen, Behörden, Therapeuten und weitere Personen. KIS: Was können da die Kliniken tun? Und was wünschst du in Zukunft von KIS? AG: Für mich ist klar, dass es ohne ein zusätzliches Engagement insbesondere der grossen Kliniken einfach nicht geht! Das Thema Praxisassistenz ist Teil der Nachwuchsförderung für Praxis und Spital. Daher muss dieses Thema Chefsache sein und bleiben (oder auch noch werden…). Die Kliniken helfen uns, indem sie das Konzept bekannt machen, und wir helfen den Kliniken, indem wir auch für sie engagierte und kompetente Ärzte für gesunde und kranke Kinder, also in Prävention und Behandlung, realitätsnah weiterbilden. Und auch politisch wünsche ich mir das Engagement der Kliniken für die Praxisassistenz: In meiner Wahrnehmung hat ihre Stimme bei den Playern im Gesundheitswesen, insbesondere der SGP, FMH und auch der Gesundheitsdirektionen, immer noch mehr Gewicht als die unsere. Bild: Bea Latal Von KIS wünsche ich mir, dass die superguten Kurse weiterhin auf dem spannenden, interessanten und praxisorientierten hohen Niveau fortgesetzt werden. Wichtig für mich ist die Vernetzung der Pädiaterinnen untereinander, wie auch mit den jüngeren Kollegen – sei es praktisch an den Kursen, als auch im Rahmen von Arbeitsgruppen zu für uns essenziellen Themen. Die Nachwuchsförderung ist also ein wichtiges Thema. In diesem Sinne habe ich mich auch für das Berufsbild Kinderarzt engagiert. Vermehrt soll KIS die Forschung in der Praxis «pushen» – sicher in Zusammenarbeit mit anderen Playern, wie z.B. der SGP und den Instituten für Hausarztmedizin. Ja und dann ist und bleibt KIS immer noch die Plattform zur Gewinnung neuer Lehrpraktiker. Da freue ich mich besonders auf die nächste Jahrestagung, an welcher ich zusammen mit Sepp Holtz das Thema im Rahmen eines Workshops vielen interessierten Kolleginnen schmackhaft machen kann. KIS: Lieber Andreas, danke für das spannende Interview und dein grosses Engagement.
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