KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2020

VERBANDSZ I ELE 01 / 2020 K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 38 KIS: Wie bist du eigentlich zu deiner Praxis in Schlieren gekommen? Andreas Geiser (AG): Ich kam in eine bereits bestehende Praxis. Sie wurde 1967 von Dieter Plattner gegründet und 1998 von Brigitta Thomann übernommen. Sie hat mich damals angefragt. So habe ich mich 1999 gegen eine Oberarztstelle am Spital und für die Praxispädiatrie entschieden. KIS: Wie ist es dir selber gegangen als Assistent im Übergang zur Praxis? Was hat dir damals gefehlt? Wie konntest du es «erlernen»? AG: Das war für mich schon ein «Sprung ins kalte Wasser». Die Arbeit am Spital hat mich kaum für die Arbeit in der Praxis vorbereitet, ausser den Erfahrungen in Notfallstation und Poliklinik. Vor allem fehlte mir das Wissen über Vorsorgeuntersuchungen. Erst die Kurse von KIS, also sicher die Fortbildungen zu Vorsorgeuntersuchungen, der Orthopädie-, Dermatologie- und Ophthalmologiekurs, und nicht zu vergessen der PPPP- Kurs, haben mir das Rüstzeug für die Praxis gegeben. Natürlich war auch der Austausch mit Kollegen, insbesondere mit meiner Praxispartnerin, mit welcher ich einmal wöchentlich Fälle bespreche, sehr hilfreich und gab mir mehr Sicherheit. Also «Learning by doing» und regelmässige Kursbesuche. KIS: Du engagierst dich stark für die Praxisassistenz, weshalb? AG: Dafür gibt es für mich drei Gründe. Erstens bin ich als Mensch gerne engagiert in der Aus-/Weiterbildung von jungen Kolleginnen, welche auch wissen wollen, wieso ich etwas gerade so mache, wie ich es eben tue. Dies liegt in unserer «DNA», denn wir bilden seit Beginn auch MPAs aus. Zweitens ist die Praxisassistenz eine Notwendigkeit. Die Spitäler sind immer weniger in der Lage, Assistenzärztinnen für die Praxis weiterzubilden, weil das Patientengut in der zunehmend spezialisierteren Spitalmedizin immer weniger demjenigen in der Praxis entspricht. Es ist daher einfach logisch, dass man als Pädiater einen Teil seiner Weiterbildung in der Praxis absolviert. Ein dritter Grund ist meine persönliche Erfahrung an meiner ersten Assistenzstelle. Diese war in den Bergen – und wir hatten sehr viel zu tun. Ich fühlte mich dort eher als «Knecht» denn als Lernender. Ich war Arbeitskraft und wurde kaum weitergebildet. Sicherlich muss aus wirtschaftlichen Gründen ein Assistenzarzt immer auch Arbeitskraft sein (wie dies ja auch im Spital der Fall ist), deren Lohn erwirtschaftet werden muss. Die Praxis ist ja ein Unternehmen und man muss davon leben können. Es ist mir aber ein sehr grosses Anliegen, dass Assistenzärzte in der Praxis eine qualitativ hochstehende Weiterbildung erhalten, damit sie später auch selber die Praxispädiatrie auf hohem Niveau betreiben können. KIS: Wie viel Aufwand ist das denn für dich? Nur Engagement oder auch finanzielle Einbusse? AG: Zunächst will ich betonen, wie belebend es für eine Praxis ist, sich in der Praxisassistenz zu engagieren. Dies bringt uns dazu, darüber reflektieren, was und wie wir etwas machen und auch wie wir es weitergeben wollen. Also eine gesunde Art von Selbstreflexion. Wir freuen uns zu sehen, wie die Praxisassistenten die Informationen wie ein Schwamm aufsaugen und umsetzen, wie sie Freude bekommen an der Arbeit in der Praxis. Eine sinnvolle Folge davon ist, dass meine Lehrmeisteraufgabe mich geradezu zwingt, auch medizinisch up to date zu bleiben; und schliesslich bleibt auch die Freude am wachsenden Beziehungsnetz. Wir bleiben ja mit allen bisher 14 Praxisassistentinnen in Kontakt und sehen, wie sie ihren Weg gehen. Wir unterstützen sie – geradezu als Garantieleistung – beim Aufbau ihrer eigenen Praxis, sei es in baulich-gestalte- «Junge Kräfte für die Praxis begeistern» INTERVIEWER: DR. MED. RAFFAEL GUGGENHEIM VORSTANDSMITGLIED KINDERÄRZTE SCHWEIZ, LEITER REDAKTIONSKOMMISSION, ZÜRICH Korrespondenzadresse: dokter@bluewin.ch Ein Interview zum Thema Nachwuchsförderung mit Dr. med. Andreas Geiser, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Lehrpraktiker, Lehrarzt Universität Zürich, Praxispädiater in Schlieren. Bild: Kinder- und Jugendpraxis Schlieren

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx