FORTB I LDUNG 01 / 2020 K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 32 Zusammenfassung Homöopathie ist eine medizinische Behandlungsmethode, die die therapeutischen Möglichkeiten der Pädiatrie enorm erweitert, ganz besonders auch in Bereichen, in denen es konventionell medizinisch nur unbefriedigende Behandlungen gibt. Durch den individuellen und ganzheitlichen Ansatz macht sie die kinderärztliche Tätigkeit spannend und abwechslungsreich. Der Artikel erklärt die Methode anhand eines Kindes mit rezidivierenden, eitrigen Mittelohrentzündungen, und geht in der Diskussion kurz auf die aktuelle wissenschaftliche Kontroverse ein. Einleitung Spital- und Praxispädiatrie unterscheiden sich grundlegend. Während in den Spitälern überwiegend seltene, oft schwerere Krankheiten nach wissenschaftlichen Protokollen behandelt werden, ist der praktizierende Kinderarzt mit einer Fülle von häufigen, meist leichteren Krankheiten konfrontiert. Diese sind für die betroffenen Kinder und Familien eine nicht zu unterschätzende Beeinträchtigung, und oft fehlen zur Heilung führende Therapiekonzepte. Beispiele sind die häufig wiederkehrenden Infekte, die rezidivierende Otitis media, Husten ohne somatischen Befund, atopische Dermatitis, funktionelle Kopf- und Bauchschmerzen, ADS/ ADHS, psychosomatische Beschwerden, Wachstumsschmerzen und einiges mehr. Die Herausforderungen in der kinderärztlichen Praxis sind z. B. hustende Kinder, bei denen medizinisch keine klare Ursache eruiert werden kann, und die sich trotz Behandlung nach allen Kriterien der evidenzbasierten Medizin nicht bessern. Verzweifelte Eltern gehen manchmal nach wochenlanger erfolgloser Therapie zu einem homöopathisch tätigen Kollegen, der zwei Globuli verabreicht, und der Husten ist vorbei. Die Frage stellt sich, was es mit diesen, wiederholt erlebbaren klinischen Erfolgen auf sich hat. So behandelt Heiner Frei heute ungefähr 80% aller Patienten erfolgreich mit Homöopathie, wobei zu betonen ist, dass das Krankheitsspektrum in seiner Praxis identisch ist mit denjenigen anderer Kinderarztpraxen. Im Durchschnitt werden von ihm etwa vierzig Patienten pro Tag behandelt, d.h. dass der übliche ärztliche Zeitbedarf pro Konsultation nicht überschritten wird. Was ist Homöopathie? Die Homöopathie ist eine medizinische Behandlungsmethode, deren Ursprünge auf Hippokrates (460–370 v. Chr.) zurückgehen. Dieser formulierte den Grundsatz, dass Krankheiten mit Medikamenten behandelt werden sollten, die bei gesunden Menschen ähnliche Symptome hervorrufen können, das sogenannteÄhnlichkeitsprinzip . Die Idee, mitmöglichst kleinen Dosen zu behandeln, stammt wahrscheinlich von Paracelsus (1493–1541). Später entwickelte der Berner Arzt Albrecht von Haller (1708–1777) in seiner experimentellen Pharmakologie dieArzneimittelprüfung am Gesunden , mit der er das Wirkungsspektrum damaliger Medikamente erfasste. Samuel Hahnemann (1755–1843) stiess sich an der Tatsache, dass wirksame Medikamente häufig zu schweren Nebenwirkungen führten. Er verdünnte sie deshalb stärker, stellte dabei aber fest, dass damit deren Wirkung verloren ging. Um das zu ändern, machte er Homöopathie in der Pädiatrie DR. MED. SIGRID KRUSE FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, WISSENSCHAFTLICHE GESELLSCHAFT FÜR HOMÖOPATHIE, KÖTHEN (D) Korrespondenzadresse: Sigrid.Kruse@med.uni-muenchen.de DR. MED HEINER FREI FACHARZT FÜR KINDER UND JUGENDMEDIZIN, PRAXIS FÜR INTEGRATIVE PÄDIATRIE, LAUPEN Korrespondenzadresse: heiner.frei@hin.ch Europäische Auster, Ostrea edulis, deren Kalkschale das Ausgangsmaterial für die Herstellung des im Fallbeispiel verwendeten Mittels Calcium carbonicum liefert. Bild: Heiner Frei
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