01 / 2020 FORTB I LDUNG K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 19 dass man heute nach den neuen Richtlinien primär ohne Antibiotika therapieren kann und dass die Krankheitsdauer mit und ohne Antibiotika etwa gleich lang ist, d. h. ungefähr eine Woche. Bei Fieber ist Bettruhe, ansonsten während der akuten Krankheitsphase Ruhe zu Hause angesagt. Die Kinder sollen sich erholen und ihre Kraft für die Krankheitsbewältigung einsetzen können. Auf eine gute Flüssigkeitszufuhr in Form von warmen Getränken ist zu achten. Wir empfehlen Salbeitee oder Lindenblütentee mit Honig und Zitrone. Fieber sollte nur bei starker Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes massvoll gesenkt werden, da Fieber eine wichtige Rolle bei der Infektabwehr spielt. Das Gurgeln mit z. B. Salbeitee mit etwas Zitrone oder Calendula Mundwasser [Klinik Arlesheim] (3× tgl. 20 Tropfen in einem halben Glas Wasser) sowie ein heisser Zitronen-Halswickel (2–3× tgl.) helfen gegen Schmerzen und steigern das Wohlbefinden. Die Zitrone hat die Fähigkeit, übermässige Wärmeprozesse einzuschränken und abzugrenzen; sie hilft die Form herzustellen. Bei Erkältung mit Husten und Schnupfen hilft die Zitrone, diesen Stoffwechselprozess nach unten zu ziehen und oben zu entlasten. Für den Zitronenhalswickel wird einer halbierten, unbehandelten, biologisch angebauten Zitrone in einer eher flachen, mit sehr heissem Wasser halb gefüllten Schüssel die Schale aufgeschnitten und die Zitrone dann ausgepresst, sodass auch die ätherischen Öle der Zitronenschale ins Wickelwasser gelangen. In dieses wird das Wickeltuch (Baumwolle) getaucht, kräftig mit einem Wringtuch ausgewrungen und anschliessend vom Kehlkopf aus möglichst faltenfrei am Hals angelegt; der Bereich um die Wirbelsäule wird ausgespart. Darüber kommt ein Wollschal zum Fixieren. Der Wickel kann längere Zeit belassen werden, solange er als angenehm empfunden wird. Bei der Applikation sorgfältig auf die Wärme achten. An Heilmitteln haben sich als Basistherapie Apis/Belladonna/Mercurius Globuli [WALA] 3–4× tgl. 5–10 Globuli (initial gar 1–2 stdl.), Pyrit/Zinnober D3/D20 [WELEDA] 2× tgl. 1 Tbl. sowie Echinacea/Calendula [WELEDA] Lutschtabletten 3× tgl. 1 Tbl. bewährt. Apis/Belladonna/Mercurius harmonisiert den Wärmeorganismus und strukturiert den Stoffwechselprozess. Es ist v. a. angezeigt bei entzündlichen, eitrigen Prozessen. Pyrit/Zinnober und Echinacea/Calendula unterstützen diese Wirkung. Bei hohem Fieber wird diese Therapie ergänzt mit Belladonna D6 Globuli 3-4× tgl. 5–10 Globuli (initial gar 1–2 stdl.). Belladonna ist das am häufigsten angezeigte Mittel bei Fieber. Es hat eine sehr gute Wirkung auf die Wärmeorganisation, fördert die Verteilung der Wärme und wirkt so einem Wärmestau entgegen. Das Kind wird nach 2–3 Tagen wieder in die Praxis einbestellt. Natürlich kann und soll sich die Mutter nach Bedarf oder bei Verschlechterung jederzeit melden. Das Kind soll erst wieder in die Schule gehen, wenn es sich ganz gesund fühlt, wobei in der ersten Zeit noch auf das Turnen sowie auf Leistungsdruck verzichtet werden soll, sodass das Kind wirklich gesund werden kann. Allgemein ist von einer Therapiedauer von 5–7 Tagen auszugehen. Es existiert eine grosse Erfahrung, dass man mit dem hier beschriebenen Vorgehen auch bei nachgewiesener Streptokokken-Angina meist auf Antibiotika verzichten kann. Homöopathie Wollen wir einen Patienten mit Homöopathie behandeln, so müssen wir in der Materia medica ein homöopathisches Arzneimittel finden, das in seiner Prüfung an gesunden Probanden ähnliche Symptome hervorgerufen hat (Ähnlichkeitsprinzip). Ganz besonders sollte dieses die Modalitäten des Kranken abdecken; das sind Aktivitäten, Körperpositionen oder äussere Einwirkungen, die seine Beschwerden positiv oder negativ beeinflussen, z. B. Wärme, frische Luft, Bewegung, Liegen, Berührung, Durst etc. – Wir erfassen sie auf einer Checkliste, mit der die Eltern beobachten, was sich beim kranken Kind gegenüber dem gesunden Zustand verändert hat [7]. – Aus Pauls Anamnese und Status kennen wir die Modalitäten Schmerzen beim Schlucken (Schlucken verschlimmert) und Druckdolenz der zervikalen Lymphknoten (Druck verschlimmert) . Nehmen wir an, dass er zusätzlichDursthat, und eineVerschlimmerung durch Bewegung, warme Nahrungsmittel, Liegen im Bett und Bettwärme . Mit den beta-hämolysierenden Streptokokken als Erreger sollten wir ein Mittel wählen, das auch den potenziellen Scharlach abdeckt. Dazu schliessen wir das Symptom Scharlachausschlag in die Mittelbestimmung ein, obschon es (noch) nicht vorliegt. Mittels einer geeigneten Software [8] können nun die Symptome des Patienten mit den charakteristischen Symptomen eines Arzneimittels in Übereinstimmung gebracht werden (sog. Repertorisation). Im vorliegenden Fall sieht das Resultat so aus: Merc. Carb-v. Phos. Sulph. Bry. Lach. Treffer 8 8 8 8 8 8 Summe 25 17 19 21 23 14 Polaritätsdifferenz 14 11 10 7 6 3 93 < Schlucken [agg.] P 3 1 3 4 4 2 93 < Druck, äusserer [agg.] P 2 3 2 1 1 3 99 Durst P 4 3 1 4 4 1 126 < Bewegung [agg.] P 3 1 3 2 4 1 52 < Nahrungsmittel, warmes [agg.] P 2 3 4 1 4 2 124 < Liegen im Bett [agg.] P 4 2 3 3 1 1 67 < Warmwerden im Bett [agg.] P 4 3 2 4 1 3 17 Scharlachausschlag 3 1 1 2 4 1
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