01 / 2020 VERBANDSZ I ELE K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 11 In der «edukativen Forschung» könnten Forschen und Teaching mit direktem Feedback aus den Studien «am Puls der Zeit» verbunden werden. Es besteht Seitens des Kinderspitals Zürich eingrosses Interesse an wissenschaftlicher Kooperation mit den Praxen . Mögliche Themenfelder sind: a) Versorgungsstruktur beschreiben b) Fragen der Praxen beantworten c) Praxen als Erhebungsfeld für gemeinsame Fragen nutzen. Durch eine enge Zusammenarbeit von Praxis und Spital und mit einemstrategischen Cluster , zum Beispiel einem Pool von Studienpraxen , könnte eine solche Kooperation realisiert werden. Den Abschluss des ersten Teils machteProf. Dr. FrankWieber , stellvertretender Leiter Forschungsstelle Gesundheitswissenschaften an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (zhaw) in Winterthur. Er stellte zunächst dieForschungsschwerpunktedes Departements Gesundheit an der zhaw vor. Bei Themen derKinder- und Jugendgesundheitbeinhalten diese: COPCA (Coping with and Caring for Infants with special needs); den digitalen Elternratgeber DIGE; sowie die Netzwerkarbeit der freipraktizierenden Hebammen (Zugang von Familien mit Neugeborenen zu Angeboten der frühen Förderung). Im Bereich der Interdisziplinaritätwerden im Projekt «BB-Ges» die Berufskarrieren und Berufsverweildauer in den Gesundheitsberufen erforscht; im Projekt «Quantified Self» die Schnittstelle zwischen Lifestyle und Medizin. Als ein erfolgreiches Beispiel der Forschungszusammenarbeit zwischen Hochschule und Praxis wurde das BAG Projekt «Screening-Instrument für psychische Störungen in der somatischen Versorgungspraxis» präsentiert. Dieses wird in den Eltern-Broschüren «Tipps zur Förderung der psychischen Gesundheit von Kindern» bzw. «…Jugendlichen», an welchen zurzeit KIS Mitglieder aktiv mitarbeiten, dieses Jahr noch publiziert. Nach Ansicht von Prof. Wieber gibt es eineVielzahl von Fragestellungen aus der Praxis , welche für Praxispädiater sowohl interessant als auch relevant sind, einerseits im Bereich Versorgungsforschungwie auch in Bezug auf Diagnosenund Interventionen . Besonders geeignete Themen sind: ■ chronische Erkrankungen (psychische Gesundheit, seltene Erkrankungen etc.) ■ Vorsorge und Prävention (z.B. Verhaltensänderung) ■ Arzt-Patient-Beziehung ■ Digitalisierung. Praxispädiaterinnen und die Bevölkerung können direkt und indirekt von Forschung profitieren durchWirksamkeitsstudien (Nachweis wirksamer Therapien und Angebote); Versorgungsforschung (bedarfsgerechte Weiterentwicklung der Primärversorgung); Gesundheitsförderungund Prävention (Entwicklung von evidenzbasierten Angeboten und niederschwellige Sensibilisierung für Gesundheitsthemen). Die Schlüssel zu erfolgreichen Forschungspartnerschaftenin der Grundversorgung sind die kreativeNutzung von bestehenden Prozessenund Ressourcen ; die gemeinsameThemenfindung ; die Sicherstellung von Ressourcensowie die Praxis- und Public Health-relevante AuswertungundKommunikationder Ergebnisse. Praxispädiatrische Forschung kann durch Drittmittel (Stiftungen, Schweizerischer Nationalfonds, BAG etc.), Abschlussarbeitenund/oder durch Eigenmittel vielfältigfinanziertwerden. Forschung kann in situativen , opportunistischen Partnerschaftenund/oder in einem längerfristigen Forschungsnetzwerkzwischen einem Steuergremium, Forschungspraxen, Forschungspartnern und konstanten oder wechselnden Finanzierungspartnern gelingen. Imzweiten Teildes Nachmittags tauschten sich die Teilnehmerinnen in zwei Gruppen mit den Referenten aus über: a) Relevante Fragestellungen b) Beste Vorgehensweisen zu deren Umsetzung c) Wünsche an KIS Wenig erstaunlich zeigten die Diskussionen, dass die Ideen für zu untersuchendeThemen sehr breit gestreutund vielfältigsein können. Einerseits wurden ganz konkrete Fragen gestellt, z.B. die Auswirkung der neuen Empfehlungen zur Behandlung der Streptokokken-Angina zu untersuchen; andererseits wurden auch Fragen aus dem Bereich der Gesprächs- und Patientenführung in die Runde geworfen, zum Beispiel: «Können wir durch eine gezielte Beratung der Eltern zum Fiebermanagement Besuche beim Kinderarzt und auf der Notfallstation der Kinderkliniken vermeiden?» Von Expertenseite wurde uns geraten, sich am Anfang eher anüberschaubare Themenzu wagen, bis einNetzwerkvon Forschern und Institutionen aufgebaut ist. Der Nachmittag hat uns unter anderem gezeigt, dass man als einzelner Praxispädiater desKnow-hows einer funktionierenden Forschungsgruppean einer Klinik oder an einem anderen Institut (z.B. den Instituten für Hausarztmedizin oder an einer Fachhochschule) bedarf. Diese wiederum können von den in den Praxentagtäglich erhobenen Daten und der vielen Patienten profitieren. Wir Kinderärzte sind gefordert , in unseren Regionen innerhalb der bestehenden Strukturen – sei es an einer Kinderklinik (z.B. in Zusammenarbeit mit der kürzlich geschaffenen Stelle für Versorgungsforschung am Universitäts-Kinderspital Zürich) oder an den Instituten für Hausarztmedizin (z.B. in Basel, Bern oder Zürich) unsere Ideen aktiv einzubringen . Damit eine solche Kooperation funktioniert braucht es schliesslich auch das «feu sacré» der Kinderärztinnen in der Praxis. Um die Mitarbeit an einem Forschungsprojekt für einen Praxispädiater attraktiv zu machen, wurde die Idee von möglicherCredit-Vergabefür Projektarbeit eingebracht. Erfreulicherweise haben sich vier der Teilnehmer dazu bereit erklärt, die generierten Ideen innerhalb einerArbeitsgruppeweiterzuentwickeln. Mit der Wintertagung ist zwar erst ein kleiner Schritt getan; wir sind aber überzeugt, dass wir damiteinen Stein ins Rollenbringen können. Das Engagement der Teilnehmerinnen und die Unterstützung durch die Referenten stimmen uns zuversichtlich, dass ein langgehegter Wunsch von Kinderärzte Schweiz nun mehr Fleisch am Knochen bekommen dürfte. ■ Wenn Sie Interesse zur Mitarbeit an der Forschung in der kinderärztlichen Praxis haben, dann melden Sie sich bitte bei unserem Geschäftsführer. E-Mail: daniel.brandl@kinderaerzteschweiz.ch.
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