KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2019

FORTB I LDUNG 03 / 2019 K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 48 D ie neurologische Forschung der letzten 30 Jahre hat offenkundig gemacht, dass sich motorische Hirn­ areale durch entsprechendes intensives Training an­ passen, weil das Gehirn eine hohe neuronale Plastizi- tät aufweist.  Wenn ein Kind im ersten Lebensjahr eine Seite der oberen Extremitäten bevorzugt benutzt, fällt dies meis- tens zuerst den Eltern auf. Es ist dann von Bedeutung, dass der Kinderarzt diese Beobachtung ernst nimmt und D ie internationale Praxis und eine sich immer klarer abzeichnende Evidenz führen zur Erkenntnis, dass Kinder mit einer unilateralen armbetonten Zerebralpa- rese (uCP) bereits im 1. Lebensjahr von einem intensi- ven, aktiven Training profitieren. Die Betonung ist auf den beiden Attributen «intensiv» und «aktiv», also weg von einer vorwiegend passiven Behandlung. Ob- zeitgerecht die Diagnose einer unilateralen armbetonten CP stellt. Die ergotherapeutische Frühintervention bietet sich als geeignete aktive Trainingsmassnahme an, die die neuronale Plastizität nutzt, um dem Kind einen bestmög- lichen Handgebrauch zu ermöglichen.  Die beiden Ergotherapeutinnen Renate Pfann und Salome Kurth stellen in ihrem interessanten Artikel die- se moderne, ergotherapeutische Frühintervention für eine unilaterale armbetonte CP vor. wohl der Zustand der CP statisch ist, kann die Funk- tion der oberen Extremitäten aufgrund der Plastizi- tät des zentralen Nervensystems verändert werden. Mögliche Sekundärschäden, wie der erlernte Nichtge- brauch der betroffenen Hand, können dadurch abge- mildert werden. So ist v.a. die aktive, spontane Initia- tion der Bewegungen hinsichtlich der Plastizität und der Entwicklung der motorischen Steuerung von zen- tralster Bedeutung. Plastizität ist die wichtigste Vo- raussetzung für viele Rehabilitationsprogramme, die sich auf die Verbesserung der Funktion der oberen Extremitäten bei diesen Kindern konzentrieren. Stu- dien, die solche Programme untersuchten, haben ge- zeigt, dass die Hauptbestandteile für eine effektive Behandlung eine hohe Trainingsintensität in Verbin- dung mit einem für das Kind sinnvollen, spezifisch an seinen Herausforderungen orientierten, bimanuellen Training darstellen.  Die sehr frühe Diagnosestellung ist anspruchsvoll und deshalb oft verzögert, sollte aber im Idealfall bereits im 1. Lebensjahr erfolgen. Die Eltern bemerken die Auffäl- ligkeiten, wie z.B. die Bevorzugung einer Seite, meist als erste. So ist v.a. die Bewegungsasymmetrie in der Hand- funktion ein wichtiges Indiz, die neu mit dem standar- disierten Handassessment for Infants (HAI, 3–12 Mte.) erfasst werden kann. International anerkannte Frühin- terventionen wie das Baby-CIMT (Constraint Induced Movement Therapy), mCIMT (modified CIMT), das in- tensive bimanuelle Training iBOT (intensive Bimanual Occupational Therapy) werden vielerorts angewandt, vorausgesetzt die Kinder werden bereits im Säuglings­ alter in die Ergotherapie überwiesen. Es ist daher von Use it or lose it Frühintervention in den ersten Lebensjahren bei Kindern mit unilateraler armbetonter CP DR. MED. CAMILLA CEPPI, FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN FMH, DÜBENDORF Korrespondenzadresse: c.ceppi@hin.ch RENATE PFANN UND SALOME KURTH, LEITUNG ERGOTHERAPIE, UNIVERSI- TÄTS-KINDERSPITAL ZÜRICH Korrespondenzadresse: Renate.Pfann@kispi.uzh.ch Bild Ergotherapie Universitäts-Kinderspital Zürich

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