KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2019
03 / 2019 FORTB I LDUNG K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 39 Druckdolenz anterolateral über dem proximalen Hume- rus eine Schmerzprovokation bei Innen- und Aussenrota- tion der Schulter gegen Widerstand. Die Bestätigung der Diagnose erfolgt konventionell radiologisch mit Nach- weis einer Aufweitung der Wachstumsfuge. In einer der grössten bisher publizierten Population fanden Heyworth et al. bei knapp einem Drittel der Patienten ein Defizit der glenohumeralen Innenrotation (GIRD = glenohumeral in- ternal rotation deficit), was sie als zusätzlichen Risikofak- tor in der Pathogenese der Little League Shoulder, aber gleichzeitig auch im Hinblick auf die Rezidivgefahr be- schrieben haben. Möglicherweise ist das Vorliegen eines GIRD aber auch Folge der Überlastung. So postulierten Astolfi et al., dass nebst der radiologisch objektivierbaren Aufweitung der proximalen Humeruswachstumsfuge so- nografisch eine Verdickung der posterioren Kapsel ob- jektiviert werden konnte [11]. Die Therapie gestaltet sich konservativ mit Einhaltung einer Sportpause von bis zu 3 Monaten, unterstützt durch eine ambulante Physiothe- rapie zur Kräftigung der Schultergelenk-stabilisierenden Muskulatur. Wichtig ist es auch, bei der Wiederaufnah- me der sportlichen Aktivität auf die technische Ausfüh- rung der Wurfbewegung zu achten und diese gegebe- nenfalls zu optimieren. Ellenbogen: Gleich wie bei der Schulter sind auch Überlastungen im Bereich des Ellenbogens hauptsächlich bei Wurfsportarten anzutreffen und haben analog zur Bezeichnung «Little League Elbow» geführt. Der Begriff beinhaltet grundsätzlich eine Vielzahl von möglichen Pa- thologien, inklusive Stressfrakturen am Olecranon oder Avulsionsfrakturen am distalen Humerus. Am häufigsten wird darunter aber eine Apophysitis des Epikondylus me- dialis verstanden. Auslösend sind die während des Wur- fes einwirkenden Traktionskräfte auf den medialen Epi- kondylus, vor allem während der Beschleunigungsphase in maximaler Aussenrotation des Oberarmes und gleich- zeitiger Valgus-Stellung des Ellenbogens. In der Untersu- chung findet sich ein umschriebener Druckschmerz über dem medialen Epikondylus, der sich unter Valgus-Stress verstärkt. Das Röntgenbild kann eine Ausziehung des betroffenen Epikondylus, respektive der Apophyse, zei- gen und in der Magnetresonanztomografie (MRT) finden sich oft ödematöse Veränderungen in diesem Bereich, wobei dies auch häufig bei asymptomatischen Werfern der Fall ist und letztlich nichts an der Therapiegestaltung ändert [12,13]. Die Behandlung erfolgt auch hier konser vativ unter Vermeidung der auslösenden Bewegungen, unterstützt durch physiotherapeutische Massnahmen und allenfalls dem vorübergehenden Einsatz von nicht- steroidalen Entzündungshemmern (NSAR). Handgelenk: Überlastungsschäden im Bereich des Handgelenks wurden bis anhin vor allem bei Kunsttur- nern beschrieben und haben den Begriff «Gymnast’s wrist» geprägt [14,15]. Der Begriff subsumiert verschie- dene akute und chronische Verletzungen des distalen Vorderarmes und Handgelenks, unter anderem Stress- frakturen des distalen Radius und Carpus, ein (partieller) vorzeitiger Fugenschluss am distalen Radius oder Ver- letzungen des triangulofibrokartilaginären Komplexes (TFCC). Durch jüngste Trendsportarten, wie beispiels- weise Parkour oder Breakdance, ist die Inzidenz dieser Verletzungen und Überlastungen in den letzten Jah- ren deutlich angestiegen [16]. Die Mehrzahl der chroni- schen Verletzungen kann konservativ unter Schonung und vorübergehender Ruhigstellung behandelt werden. Operative Massnahmen sind bei fugenbeteiligenden Überlastungen mit resultierender Wachstumsstörung oder knöcherner Fehlstellung gelegentlich indiziert. Untere Extremitäten Knie und proximaler Unterschenkel: Knieschmerzen sind im Wachstum sehr häufig anzutreffen. In den vie- len Fällen, bei denen kein patho-anatomisches Korrelat gefunden werden kann, spricht man vom sogenannten femoro-patellären Schmerz-Syndrom [17]. Davon ab- zugrenzen gilt es einen der wohl häufigsten Überlas- tungsschäden im Kindes- und Jugendalter, den Morbus (M.) Osgood-Schlatter. Dieser beschreibt eine chroni- sche Entzündung der Apophyse im Bereich der Tube- rositas tibiae bedingt durch repetitive Traktion über die lokal inserierende Patellarsehne. Die Betroffenen kla- gen über vordere Knieschmerzen, die vorwiegend un- ter Belastung auftreten, nach Beendigung der Aktivi- tät meist schnell bessern und in Ruhe selten vorhanden sind. Die Inzidenz zeigt einen Peak während des pu- bertären Wachstumsspurtes und das Krankheitsbild tritt gehäuft bei Stop-and-Go-Sportarten (Fussball, Tennis, Basketball) mit hohen exzentrisch wirkenden Kräften auf [18]. Die Diagnose kann in aller Regel klinisch ge- stellt werden. Typisch ist eine umschriebene Druckdo- lenz über der Tuberositas tibiae, teilweise begleitet von einer lokalen Schwellung. Ein Röntgenbild ist bei thera- pierefraktärem Verlauf indiziert und kann ossäre Frag- mente im Bereich der Apophyse nachweisen (Abb. 1). Das Krankheitsbild ist zwar in aller Regel spätestens bei Wachstumsabschluss selbstlimitierend, kann jedoch unbehandelt zu langwierigen Beschwerden und Ein- schränkungen in den alltäglichen und sportlichen Akti- vitäten führen. Die meisten Therapiekonzepte zielen auf eine Entlastung der Apophyse durch Verzicht auf Aus- übung der auslösenden Sportarten und Dehnen der im
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