KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2019
FORTB I LDUNG 03 / 2019 K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 36 Jugendlichen mit Asthma und vielen anderen Erkran- kungen generell von SCUBA-Tauchgängen abgeraten [17]. Für gesunde, emotional gereifte Kinder werden Untergrenzen zwischen 8 und 12 Jahren genannt [16]. Dysfunktionelle Atmung Obwohl paradoxe Stimmbandbewegungen als Ursache einer Dyspnoe mit lautem Atemgeräusch bereits im 19. Jh. beschrieben wurden, fand die vocal cord dys- function (VCD) als Differentialdiagnose und Imitator eines EIA erst in den 70er-Jahren breite Anerkennung [18]. Im Verlauf wurde klar, dass die VCD nur einer der möglichen Mechanismen einer funktionellen oberen Luftwegsobstruktion darstellt, für die sich mittlerwei- le über 40 verschiedene medizinische Termini einge- schlichen haben [19]. Aus diesem Grunde hat man sich 2013 darauf geeinigt, als Überbegriff von induzierbaren laryngealen Obstruktionen (ILO) zu sprechen [20]. Da- von abgeleitet wird eine anstrengungsabhängige ILO als exercise-induced laryngeal obstruction (EILO) bezeich- net. Klinisch von der ILO abzugrenzen sind die dysfunk- tionelle Atmung vom thorakalen Typ mit insuffizienter Atmung (DATIV) und – im Kindesalter eine Rarität – das Hyperventilationssyndrom (HVS). Die inspiratorische Stimmbandadduktion, welche die VCD charakterisiert, wird typischerweise als Engegefühl und Klemmen im Kehlkopfbereich empfunden. Die Ur- sache dieser Dysfunktion ist unklar, diskutiert wird nebst psychosomatischen Faktoren auch eine laryngeale Hy- persensitivität [21]. Im Jugendalter betrifft das Phäno- men in 80% d. F. Mädchen im mittleren Teenager-Alter, und in >80% der Fälle tritt die VCD nur unter Anstren- gung auf [22]. Eine ILO kann jedoch auch auf einer su- praglottischen Obstruktion beruhen, verursacht durch einen passiven Prolaps der Aryknorpel, der aryepiglot- tischen Falten und/oder der Epiglottis gegen den la- ryngealen Introitus während der forcierten Inspiration, was gelegentlich als anstrengungsinduzierte Laryngo- malazie bezeichnet wird [23]. In der Realität interagie- ren diese Mechanismen, und in >80% d. F. führt die supraglottische ILO auch zu einer glottischen Kompo- nente [24]. Die DATIV, im Englischen gelegentlich als thoracic dysfunctional breathing bezeichnet, ist im Ge- gensatz zur ILO Ausdruck einer falschen Atemtechnik und manifestiert sich in einer ausgeprägten Dyspnoe unter grosser Anstrengung, aber ohne Zeichen einer oberen Luftwegsobstruktion. Betroffene atmen in ho- her Inspirationslage unter intensivem Einsatz der Atem- hilfsmuskulatur, aber mit geringen Atemexkursionen und ineffektiver Zwerchfellatmung («Bauchatmung»). Da für dieses häufige Phänomen keine objektivierba- ren Messgrössen existieren, gibt es kaum Literatur dazu [25]. Eine EIA muss spirometrisch ausgeschlossen wer- den, da eine Bronchokonstriktion zu einer dynamischen Überblähung mit analoger Symptomatik führt. Diagnose der dysfunktionellen Atmung Die Diagnostik beruht primär auf der Anamnese, ab- zugrenzen gilt in erster Linie das EIA (s. Tab. 1). Auch Elite-Athleten können betroffen sein von einer dys- funktionellen Atmung, die Ursache und Folge unerfüll- ter Leistungserwartungen sein kann. Eine Überweisung zum Kinderpneumologen für einen Belastungstest auf dem Laufband ist häufig nötig, um die Symptomatolo- gie zu objektivieren und eine EIB auszuschliessen. Über ¾ der EILO-Patienten haben vor der ersten Abklärung bereits Asthma-Inhalativa erhalten [23, 26]. Ein Plateau in der Inspirationskurve der Spirometrie ist suggestiv für eine ILO, beruht aber häufig auf falscher Atemtech- nik und ist nur bei Reproduzierbarkeit und bestehender Symptomatik verwertbar [27]. Objektiviert werden kann eine ILO verlässlich letztlich nur mittels direkter Laryn- goskopie, die in dafür ausgerüsteten Labors auch unter Belastung durchgeführt wird (continuous laryngoscopy during exercise [CLE] Test) [28]. Therapie der dysfunktionellen Atmung An erster Stelle der Therapie steht die gute Patien- tenaufklärung, welche bereits eine erhebliche klini- sche Verbesserung bringen kann. Ausgeprägte Formen der supraglottischen («malazischen») ILO können mit- tels Laserlaryngoplastie angegangen werden [29]. Für alle anderen Formen der dysfunktionellen Atmung gilt, dass der Patient primär lernen muss, damit umzugehen [30]. Eine physiotherapeutische Atemschulung kann da- für hilfreich sein, eine Logopädie oder eine psychologi- sche Betreuung ist nur in ausgewählten Fällen ange- zeigt. Treffend wurde die Therapie der dysfunktionellen Atmung allerdings als «evidence-free zone» bezeichnet [26]. Über die Prognose ist kaum etwas bekannt, eine aktuell laufende deutsche Multizenterstudie soll hierzu neue Erkenntnisse bringen. Häufiger als früher kolpor- tiert scheinen diese Störungen jedoch ins Erwachsenen- alter zu persistieren und die Betroffenen sich damit zu arrangieren. Konditionsmangel Gesunde Individuen können nicht benennen, warum sie an der Leistungsgrenze nicht weiter belasten können. Eine empfundene Anstrengungsdyspnoe bedeutet nicht zuverlässig eine respiratorische Limitation – die ventila- torische Reserve wird bei Gesunden unter Maximalbe- lastung lediglich zu etwa 70% ausgeschöpft. Obwohl die Kapazitätsgrenze des venösen Rückflusses bzw. der kardialen Füllung die Leistungsfähigkeit wesentlich be- einflusst, ist nie ein einzelner Mechanismus leistungsli- mitierend [31]. Ein Konditionsmangel lässt sich daher anamnestisch nicht eruieren, auch wenn habituelle kör- perliche Aktivität und andere Elemente der Lebensfüh- rung ihn vermuten lassen. Auch kompetitive Athleten nennen nicht selten als Grund für die Leistungslimita-
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