KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2019
FORTB I LDUNG 03 / 2019 K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 34 Einleitung Die drei häufigsten Ursachen einer Anstrengungsdys- pnoe bei Kindern und Jugendlichen sind das Anstren- gungsasthma, die dysfunktionelle Atmung und der Konditionsmangel – letzterer häufig nur relativ in Bezug auf die übersteigerten Erwartungen des Jungsportlers (oder seiner Umgebung) an die eigene Leistungsfähig- keit. Dass die drei Ursachen nicht selten nebeneinander bestehen, vereinfacht die Patientenführung nicht. Die Kernaufgabe und Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung besteht dann darin, die Zusammenhänge plausibel zu erklären und die therapeutischen Massnah- men zu priorisieren. Die Liste der seltenen Differenzialdiagnosen ist lang. Ernsthafte Herz- und Lungenerkrankungen manifestie- ren sich häufig zuerst in einer limitierten Anstrengungs- toleranz, wenn Gasaustausch oder Herzleistung an ihre Grenzen stossen. Eine gute Anamnese und eine gründ- liche körperliche Untersuchung inklusive der Erfassung von Atem- und Herzfrequenz in Ruhe sowie einer Sau- erstoffsättigungs- und Blutdruckmessung sind daher elementar. Anstrengungsasthma Das anstrengungsinduzierte Asthma (exercise-induced asthma, EIA) wird definiert als eine lungenfunktionell dokumentierte, anstrengungsinduzierte Bronchokonst- riktion (EIB) mit Asthma-Symptomen [1]. Eine leicht ab- weichende Terminologie definiert ein EIA als eine EIB bei multifaktoriellem Asthma. Die meisten Kinder mit einem exogen-allergischen Asthma haben auch ein EIA, wenn der Stimulus stark genug ist. Umgekehrt reagie- ren aber etwa 10–20% der EIA-Patienten ausschliess- lich unter Anstrengung. Die höchste Prävalenz findet sich bei Ausdauersportler/-innen, v. a. bei Schwimmern, Eishockey-Spielern sowie Eis- und Langläufern/-innen. Als Trigger der EIB spielen mutmasslich zwei komple- mentäre Mechanismen eine Rolle, welche zur Freisetzung von bronchokonstriktorischen Mediatoren führen: einer- seits eine Hyperämie der Schleimhaut, induziert durch den Wärmeverlust in den Atemwegen, und andererseits deren Austrocknung, welche mit einer Hyperosmolarität des oberflächlichen Flüssigkeitsfilms einhergeht. Diagnose des Anstrengungsasthmas Atemnot, Giemen, Reizhusten, Brustklemmen und Leis- tungsintoleranz sind die typischen Symptome, die aller- dings nur unzuverlässig auf ein EIA schliessen lassen. Die EIB folgt nach einer kurzen Phase der Bronchodi- latation meist 8–15 Min. nach Beginn einer intensiven Aktivität und ebbt ohne Therapie innert 45–60 Min. wieder ab [2]. Die EIB braucht also Zeit. Eine erst nach Ende des Trainings auftretende Atemnotsymptomatik ist demnach sehr suggestiv für ein EIA (Tab. 1). Mit- unter werden auch thorakale Schmerzen im Sternum- bereich beklagt, die erfahrungsgemäss jedoch häufiger muskuloskeletal bedingt sind. Ein Blick auf die Wirbel- säule und die autochthone Rückenmuskulatur kann hier Aufschluss geben. Eine Vielzahl unterschiedlicher bronchialer Provokati- onstests steht zur Objektivierung der EIB zur Auswahl. Auf dem Laufband ist eine EIB durch einen FEV1-Abfall um ≥15% definiert, aufgrund der zeitlichen Abläufe der EIB sind spirometrische Messungen am Ende der Be- lastung und danach alle 5 Min. bis mindestens 15 Min. nach Ende der Belastung notwendig [3]. Direkte Provo- kationstests nutzen pharmakologische Substanzen wie z. B. Methacholin oder Histamin, die über eine Rezep- torbindung direkt eine Kontraktion der glatten Bron- chialmuskulatur bewirken. Diese Tests sind wenig spe- zifisch, haben aber einen hohen negativen prädiktiven Wert [4]. Indirekte Bronchoprovokationstests hingegen führen in den Atemwegen die eingangs genannten, eine EIB auslösenden lokalen Bedingungen herbei. Dazu gehören neben den Belastungstests auch die Provokati- on durch eukapnische Hyperventilation, durch hyperto- ne Kochsalzlösung oder durch Mannitol-Trockenpulver. Diese indirekten Provokationstests sind sehr spezifisch, haben dafür jedoch eine mässige Sensitivität von ledig- lich 40–70% [3, 5], da das EIA eine paroxysmale Erschei- nung mit meist unberechenbarer Aktivität ist. Für das Auftreten bzw. die Belastungstests spielen unter ande- rem auch die Umgebungsbedingungen eine wichtige Rolle, die Luftfeuchtigkeit sollte bei Raumtemperatur nicht über 60% betragen [3]. Asthma und andere Atemstörungen im Leistungssport PD DR. MED. DANIEL TRACHSEL LEITENDER ARZT PÄDIA- TRISCHE PNEUMOLOGIE UND INTENSIVMEDIZIN, UNIVERSITÄTS-KINDER- SPITAL BEIDER BASEL UKBB, BASEL Korrespondenzadresse: daniel.trachsel@ukbb.ch ■ Legende Abkürzungen: EIA: exercise-induced asthma (Anstrengungsasthma) EIB: exercise-induced bronchoconstriction VCD: vocal cord dysfunction ILO: induzierbare laryngeale Obstruktion EILO: exercise-induced laryngeal obstruction DATIV: dysfunktionelle Atmung vom thorakalen Typ mit insuffizienter Atmung HVS: Hyperventilationssyndrom
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