KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2019
FORTB I LDUNG 03 / 2019 K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 22 aus eine vorausgehende SPU verlangt werden. Daher empfiehlt es sich, mindestens 6 Wochen vor einem et- waigen Wettkampf die Untersuchung durchzuführen. Damit gibt es noch Gelegenheiten für Nachuntersu- chungen oder Behandlungen, ohne eine verspätete Teil- nahme oder ein komplettes Wettkampfverbot zu ris- kieren. Manche Verbände verlangen die Durchführung einer SPU in einem «Swiss Olympic Medical Center» oder in einer «Sport Medical Base approved by Swiss Olympic». Grundsätzlich besteht die freie Arztwahl. Um mögli- che Unstimmigkeiten zu vermeiden, sollte Rücksprache mit dem betreffenden Verband und eventuell mit dem Teamarzt gehalten werden, sofern man wünscht, eine solche Untersuchung durchzuführen und nicht in einem entsprechenden Zentrum arbeitet. Die Untersuchung durch den Kinderarzt bietet wesentliche Vorteile: Die- sem sind am ehesten die Vorerkrankungen, Gewichts- und Wachstumsverlauf, Verletzungen und Operationen des Kindes oder des Jugendlichen bekannt; er kennt die Familienanamnese sowie das familiäre Umfeld vermut- lich am besten. Weiter ist der Arzt dem Kind und dem Jugendlichen vertraut. Zudem ist der Informationsver- lust geringer und eine gewisse Kontinuität in der me- dizinischen Versorgung gewährleistet. Die Vorteile der Untersuchung bei einem Sportmediziner sind die de- taillierten Kenntnisse der Bedürfnisse in der jeweiligen Sportart, der damit verbundenen Fokussierung auf die möglichen Probleme beim Athleten, die regelhaft ra- sche Verfügbarkeit diagnostischer Abklärungen und al- lenfalls therapeutischer Massnahmen. Aus unserer Sicht ist als Setting der SPU eine Pra- xisumgebung vorzuziehen. Sogenannte Reihenunter- suchungen z. B. in Turnhallen, Umkleidekabinen sind in unserem System eher ungewöhnlich. Davon ist un- ter anderem aufgrund der fehlenden Privatsphäre, Risi- ko der Offenlegung potenziell peinlicher Informationen und eingeschränkten Untersuchungsbedingungen (z. B. Umgebungsgeräusche bei der Auskultation, fehlender Untersuchungsliege, Hygiene) abzusehen. Im Allgemeinen wird der junge Athlet alle 12 Mo- nate kontrolliert. Der Umfang der Konsultation ist in der Regel geringer als bei der ersten SPU. Bei Sport- arten und Athleten, die eine hohe Gefahr für Überlas- tungsbeschwerden (Geräteturnen, Kunstturnen, rhyth- mische Sportgymnastik) haben, sind kürzere Abstände zwischen den Untersuchungen möglicherweise sinnvoll. Anamnese Eine umfassende Anamnese ist ein essenzieller Bestand- teil der spormedizinischen Untersuchung. Es konnte gezeigt werden, dass diese sensitiver ist, mögliche Auf- fälligkeiten zu entdecken als die körperliche Untersu- chung.Mittels Anamnese können bis zu 90%dermedizi- nischen Erkrankungen und 70% der muskuloskelettalen Beschwerden identifiziert werden. Gerade bei jüngeren Athleten ist es zusätzlich sinnvoll, die Eltern zur Anam neseerhebung herbeizuziehen, zumal normalerweise eine schlechte Korrelation der Krankheitswahrnehmung der jugendlichen Athleten und deren Eltern besteht. Besonders bei der Wahrnehmung von Beschwerden bezogen auf den Zeitpunkt des Auftretens, der Dauer und deren Frequenz, haben Kinder und Jugendliche erfahrungsgemäss sehr oft Mühe. Neben aktuellen Beschwerden sowie Vorerkrankun- gen, stattgehabter Operationen und aktueller Medika- tion sind sportspezifische Fragen sinnvoll: welche Sport- art und seit wann diese ausgeübt wird, wie häufig in der Woche die Trainings stattfinden und wie lange diese Trainings jeweils dauern, wie häufig eine Wettkampfteil- nahme erfolgt, ob in verschiedenen Mannschaften ge- spielt wird, ob aus medizinischer Sicht schon einmal ein Trainingsverbot ausgesprochen wurde. Vorteilhaft ist es, eine Vorstellung von der jeweiligen Sportart zu haben (Abb.1). Das ist wichtig, um abzuschätzen, wie intensiv Trainingseinheiten jeweils sind und welche physischen, psychischen und sozialen Anforderungen die Sportart an den Athleten stellt. Die Gesellschaft für Pädiatrische Sportmedizin hat dafür eine umfangreiche Übersicht von «Belastungsprofilen» zusammengestellt [9]. Abb. 1: Kenntnisse über die jeweilige Sportart und Disziplin helfen, die physischen, psychischen und sozialen Anfor- derungen dafür abzu schätzen.
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