KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2019

03 / 2019 FORTB I LDUNG K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 21 D ie Anzahl der Kinder und Jugendlichen in der Schweiz, die in einem Verein Sport treiben, steigt gemäss des Bundesamts für Sport. Im Jahr 2014 wa- ren in der Gruppe der 10–14-Jährigen 62% Mitglied in einem Sportverein [1]. Werden alle Sportaktivitä- ten ausserhalb des obligatorischen Sportunterrichts zu- sammengenommen, ergaben diese im Durchschnitt 6,6 Stunden pro Woche pro Jugendlichen für die 10–14-Jährigen [1]. Die Sportaktivität der Jugendlichen insgesamt ist allerdings rückläufig im Vergleich des Jah- res 2014 zum Jahr 2009 [1]. Die physischen, psychi- schen und sozialen Vorteile, die im Allgemeinen durch den Sport entstehen, sind bekannt und gut untersucht. Gerade der Pädiater spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, seinem Patienten eine physische Aktivität zu empfehlen und ihn dabei zu begleiten. Er hat damit einen imminenten Einfluss auf die Förderung und den Erhalt der Gesundheit seiner Patienten.  In einigen Ländern wird vor Beginn einer regelmässi- gen, organisierten sportlichen Aktivität eine sportmedi- zinische Untersuchung (SPU) verlangt. In Italien ist bei- spielsweise eine Teilnahme an einem Volkslauf oder ein Beitritt in einen Sportverein kaum möglich ohne ein ärzt- liches Attest, dass man gesundheitlich zu einer Teilnahme in der Lage ist. Auch in Frankreich ist eine solche SPU vor Aufnahme einer sportlichen Aktivität für Freizeitathleten vorgeschrieben [2]. In den USA ist die ärztliche Unter­ suchung der High-School- und College-Athleten vor der sportlichen aktiven Saison mittlerweile obligatorisch. In der Schweiz hingegen verlangen nur gewisse Verbände, dass ihre Athleten sich einer SPU unterziehen. Von Swiss Olympic, dem Dachverband aller Schweizer Sportverei- ne, ist zum Teil vorgegeben, was zumindest technisch zu untersuchen ist (Blutbild, klinische Chemie, Urin und Ruhe-EKG). Für die Anamnese bietet Swiss Olympic ei- nen in Zusammenarbeit mit der Schweizer Gesellschaft für Sportmedizin (SGSM) erstellte standardisierte Frage- bögen («Erstes Sportmedizinisches Interview» [3] ergän- zend «Sportmedizinisches Interview Frau» [4], «Sport- medizinisches Verlaufsinterview») [5].  Das Ziel der sportmedizinischen Untersuchung ist es, nach potenziell lebensgefährlichen medizinischen Zustän- den zu screenen oder Gegebenheiten zu erfassen, die den Athleten Risiken aussetzen zu erkranken oder sich zu verletzen. Auch wenn die SPU in manchen Ländern schon seit Jahrzehnten routinemässig durchgeführt wird, gibt es wenig Evidenz darüber, dass vor allem die SPU vor der Aufnahme einer regelmässigen sportlichen Akti- vität diese Ziele erfüllt. Für ergänzende Untersuchungen, insbesondere die in der Schweiz und in Italien regelhaft durchgeführten EKG-Untersuchungen, existieren weiter- hin gewisse wissenschaftliche Kontroversen [6,7]. In den USA gehört das 12-Kanal-Ruhe-EKG als Routine nicht zur sportmedizinischen Abklärung, da die Sensitivität dieser Untersuchung zur Detektion von lebensbedrohlichen Ar- rhythmien oder angeborenen strukturellen Veränderun- gen als zu gering eingestuft wird [8].  Wie die Vorsorgeuntersuchungen, bietet die SPU eine Möglichkeit, präventive Aspekte der Medizin mit an- sonsten gesunden Jugendlichen zu besprechen. Es ist auch eine Gelegenheit, Risikoverhalten, Unfallpräven- tion, Ernährung, Nahrungssupplemente, Doping, Um- gang mit den «social media» und Ähnliches mit dem adoleszenten Sportler zu erörtern. In diesem Sinne hat die SPU neben dem, dass sie zur Ausübung des jewei­ ligen Sports von gewissen Verbänden verlangt wird, eine klare Berechtigung in der Laufbahn sportlich aktiver Jugendlicher unterschiedlicher Leistungsgrade. Zeitplanung und Ablauf  Manche Schweizer Sportverbände empfehlen ihren Athleten, ab einer gewissen Kaderstufe an einer jährli- chen SPU teilzunehmen. In der Schweiz existiert in Ka- derstufen von Jugendlichen bislang keine Pflicht zur SPU, die bei Nichterfüllen zu einem Wettkampfaus- schluss führen würde. Das empfohlene Untersuchungs- alter variiert je nach Sportart. Bei Kunstturnern/-innen oder bei Athletinnen der rhythmischen Sportgymnastik, die in regionalen Leistungszentren trainieren, wird eine jährliche Untersuchung ab dem 10. Lebensjahr empfoh- len. Der schweizerische Fussballverband verlangt jeweils für die Nationalspieler ab Stufe U15 eine SPU. Allerdings kann auch bei anderen Sportarten für eine Teilnahme bei internationalen Turnieren oder Wettkämpfen durch- Die sportmedizinische Untersuchung bei jungen Athleten Immer wieder kommt es in der kinderärztlichen Praxis vor, dass ein jugendlicher Athlet vor- stellig wird, der eine sportmedizinische Untersuchung benötigt. Diese kann vom jeweiligen Sportverband gefordert sein oder die Eltern möchten wissen, ob ihr Kind der sportlichen Belastung gewachsen ist. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die wichtigsten Eckpunkte der sportmedizinischen Untersuchung bei Kindern- und Jugendlichen. DR. MED. FLORIAN SCHAUB, CO-EDITOR, FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGEND­ MEDIZIN, SPEZ. KINDER- NOTFALLMEDIZIN PEMS, SPEZ. SPORTMEDIZIN SGSM, SCHULTHESS KLINIK UND KINDERSPITAL ZÜRICH Korrespondenzadresse: florian.schaub@kws.ch SVEN SPRENGER, CO-EDITOR, FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGEND­ MEDIZIN, SPEZ. SPORT­ MEDIZIN SGSM, ZÜRICH Korrespondenzadresse: sven_sprenger@web.de

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