KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2019
K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 15 03 / 2019 DI E MPA SE I TE S pätestens nach der Aussage der Herzogin von Sussex Meghan Markle: «Ich werde mit einer Doula gebären!» ist das Interesse an Doulas auch in der Schweiz merklich gestiegen. Aber was ge- nau macht eine Doula und braucht es diese überhaupt neben Ärz- ten, Hebammen und dem Pflegepersonal? Doula – die Geburtsbegleiterin Das Wort «Doula» stammt aus dem Altgriechischen und bedeu- tet wörtlich «Dienerin der Frau». Eine Doula – oder auch Geburts- begleiterin genannt – begleitet eine schwangere Frau vor, während und nach der Geburt. Sie «dient» einerseits als emotionale Stütze, andererseits ist sie die ständige Begleiterin der Schwangeren. Die Doula sorgt dafür, dass die Frau ohne Ängste und voller Urvertrauen in sich und in ihren Körper gebären kann. Sie bleibt – falls von der Frau gewünscht – während der ganzen Geburt an ihrer Seite. Gera- de heute, wo Hebammen oft das Zimmer verlassen, weil sie mehre- re Geburten gleichzeitig betreuen und viel Administratives erledigen müssen, schätzen die Frauen die konstante Anwesenheit einer Dou- la. Durch die Vorgespräche kennt die Geburtsbegleiterin die Wün- sche und Vorstellungen der Frau und kann sich – wenn nötig – dafür einsetzen. Die Gespräche machen die Doula zur Vertrauensperson, die aber immer noch den nötigen emotionalen Abstand hat, um auch in hektischen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Doula – die emotionale Stütze Eine Doula steht voll und ganz im Dienst der gebärenden Frau. Für manche Partner ist der Gedanke einer weiteren Begleitperson wäh- rend der Geburt schwierig. Dies ist aber nicht der Fall – eben genau die emotionale Stütze und das bereits aufgebaute Vertrauen bietet dem Partner Raum, die Geburt so nahe zu erleben, wie er möchte. Sie gibt ihm die Möglichkeit, sich mit einem guten Gefühl zwischen- durch mal zurückzuziehen. Doula – die Vertrauensperson Leider werden hin und wieder während einer Geburt auch Entschei- dungen getroffen, die nicht den Wünschen der Frau entsprechen (z.B. ein unangekündigter Dammschnitt oder das Verabreichen von nicht abgesprochenen Medikamenten). Meist ist die Situation gerade hek- tisch, die Schwangere dadurch beunruhigt oder zwischenzeitlich er- schöpft. In solchen Fällen ist es die Aufgabe der Doula, zu intervenieren und im Sinne der Gebärenden deren Willen zu positionieren. Sie über- nimmt aber keine medizinische Funktion. Die Doula kann sich während der ganzen Geburt voll und ganz auf das Wohl der Frau konzentrieren. Doula – 24/7 Wir kennen keinen Schichtwechsel, nehmen daher auch keine überschneidenden Geburten an und sind bereits zwei Wochen vor dem errechneten Termin 24 Stunden auf Pikett. Wir begleiten die Frauen ins Spital oder ins Geburtshaus. Wünscht sich die Frau eine Geburt zu Hause, sind wir auch dort für sie da – immer in Beglei- tung einer Hebamme. Für wen oder wann kann eine Doula sinnvoll sein? – Für jede Schwangere mit dem Wunsch einer 1:1-Betreuung und zwar vor, während und nach der Geburt – für alleinstehende Frauen – bei sprachlichen Barrieren – Schwangerschaft nach einer traumatischen Geburt – bei Stillbirth oder Geburten von nicht lebensfähigen Kindern – bei schwierigen sozialen Umständen – nicht zuletzt auch zur Entlastung des Vaters Doula – weil die Geburt ein kleines Wunder bleiben soll Doula zu sein ist für mich immer wieder eine grosse Ehre. Ich liebe es, Frauen durch diese spannende, emotionale, aber auch teilweise un- sichere Zeit mit vielen Fragen zu begleiten. Jede Geburt ist ein klei- nes Wunder und sollte für die Frau zu einem unvergesslichen Erleb- nis werden. Keine Frau soll mit Ängsten an die Geburt gehen und keine Frau soll sich alleine fühlen müssen. Ich wünsche mir, dass die Frauen wieder mehr auf sich und ihren Körper hören, wie- der intuitiver handeln und vor allem daran glauben, dass sie gebären können. Es gibt für mich nichts Schöneres als Mütter zu erleben, die ihre Kinder nach der Geburt überglücklich im Arm halten und sich darüber freuen, dass ich dabei war. Als zweifache Mutter weiss ich, wie unvergesslich eine Geburt immer bleiben wird. Wichtig ist für mich das Vertrauen in die Na- tur der Sache – also das Ziel eine natürliche Geburt anzustreben. Aber auch wenn die Situation sich einmal anders entwickeln soll- te, sind wir für die Frau da und gehen mit ihr zusammen gemein- sam diesen Weg. Gerade bei der Frage einer sekundären Sectio ist die Stimme der Frau zu hören, sind ihre Gefühle und ihr Vetrauen in sich selbt genauso wichtig wie die Sorgen der Hebamme oder des Arztes. Häufig sind dann die Frauen alleine auf sich gestellt und auch ein allfälliger Partner ist verunsichert und kann sich nicht ein- setzen. Ja – wir Doulas stehen dann für die Frau ein (natürlich im- mer mit Rücksicht auf das Kindswohl), wir stärken sie und wir hel- fen ihr auch dann, wenn es doch zu einer Sectio kommen sollte. Das Erlebte ist aber überwältigend – bei Kaiserschnitt wie auch bei natürlicher Geburt. Deshalb ist es wichtig, dass eine Doula die Frau auch nach der Geburt noch begleitet. Es können offene Fragen ge- klärt und Ängste verarbeitet werden. Und es bleibt viel Raum, um einfach nur zu erzählen und das neue Wunder zusammen zu be- staunen. Weil es nicht egal ist, wie wir geboren werden! ■ Doula – ein Beruf aus Leidenschaft Sarah Schamaun, MPA und Doula, Zürich Korrespondenzadresse: doula.schamaun@gmail.com www.rundumdoula.ch
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