K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 50 ERFAHRUNGSBER I CHT 02 / 2019 Die zwei hochmotivierten, kompetenten Referentinnen gaben uns einen breiten Einblick in das weite Feld der Kindernephrologie. Im ersten Teil des Workshops wurden dabei die für den pädiatrischen Alltag wichtigen Themen beleuchtet. Folgende Gebiete wurden besprochen: Blut im Urin, Protein im Urin, Blutdruck messen, Steine/Nephrokalzinose, Enuresis/Inkontinenz. Im zweiten Teil des Workshops gab es ein Nephroquiz, in dem das zuvor Gelernte vertieft werden konnte, und schlussendlich wurden anhand eigener Fallbeispiele konkrete Probleme in der Praxis diskutiert und Fragen beantwortet. Blut im Urin, harmlos oder abklären? Die Mikrohämaturie ist eine der häufigsten (Zufalls-) Befunde bei einer Urinuntersuchung. Bei negativer Anamnese und unauffälligem Status ist sie oft transitorisch und benigne, Nachkontrollen empfehlen sich aber auf jeden Fall. Bei symptomatischer Hämaturie sind zur Diagnosesicherung drei positive Harnproben im Abstand von 3–4 Wochen notwendig. Die Diagnose mittels Streifentest (Stix) genügt nicht, da falsch positive Resultate häufig sind (z. B. bei Hämoglobinurie, Myoglobinurie oder hohem Nitrit). Der Goldstandard ist deshalb die Urinmikroskopie in der eigenen Praxis. Ist die Diagnose bestätigt, sind Anamnese und klinischer Befund essenziell zur weiteren klinischen Einteilung der Hämaturien, da sie schon viele Hinweise auf mögliche Ursachen geben. Danach kann eine klinisch-praktische Einteilung in 4 Gruppen gemacht werden: 1) Hämaturie und Symptome des Harntrakts; 2) Hämaturie und Symptome einer Nephritis; 3) isolierte Mikrohämaturie und 4) unklare Hämaturie. Unter Gruppe 1 fallen alle Infekte, aber auch Steine, vaskuläre Malformationen, Trauma und Sport. Zu Gruppe 2 gehören alle Nephritiden sowie die Purpura Schönlein-Hennoch. Gruppe 3 und 4 sind primär Ausschluss-Diagnosen mit unauffälligen Abklärungsbefunden. Eine Sonderstellung in Gruppe 3 nimmt das Alport-Syndrom ein, welches mit zunehmender Innenohr-Schwerhörigkeit und Augen-Symptomen einhergeht. (Deshalb in der Anamnese immer erfragen!) In der Praxis gilt folgendes pragmatisches Vorgehen: Diagnosesicherung mittels Urinmikroskopie, Anamnese inklusive Familienanamnese erheben, gründlicher Status. Einteilung in eine der vier Gruppen, dann Spezialdiagnostik oder Kontaktaufnahme mit dem Nephrologen. Protein im Urin – was jetzt? Abklärung wichtig, da eine persistierende Proteinurie ein unabhängiger Risikofaktor für das Fortschreiten eine Nierenerkrankung ist. Transiente Proteinurien, verursacht z. B. durch Infekte, Hitze, Kälte oder einen Krampfanfall, sind häufig und harmlos. Ein proteinhaltiger Urin ist schaumig. Es wird unterschieden zwischen glomerulärer (häufig) und tubulärer Proteinurie (selten). Bei der glomerulären Form wird vor allem Albumin ausgeschieden, welches im Stix nachgewiesen wird. Andere, tubulär ausgeschiedene Proteine werden im Stix nicht nachgewiesen. Eine persistierende Proteinurie soll immer abgeklärt werden. Liegt zusätzlich noch eine Hämaturie, Hypertonie oder Glucosurie vor, sollte dies möglichst rasch geschehen. Blutdruck messen in der Praxis – Guidelines Die arterielle Hypertonie ist definiert als Erhöhung des systolisch oder diastolisch gemessenen Blutdrucks über die 95. Perzentile des geschlechts- und körperbezogenen Normalblutdrucks. Der Blutdruck korreliert mehr mit Körperlänge als mit Alter oder Gewicht. Es wird unterschieden zwischen der häufigeren essenziellen (primären) und der selteneren sekundären Hypertonie. Bei der essenziellen Hypertonie besteht keine Grundkrankheit. Trotzdem spielen Übergewicht, positive Familienanamnese, Frühgeburtlichkeit, Salzaufnahme und Stress eine entscheidende Rolle. Die Inzidenz der Hypertonie vor allem bei Schulkindern ist ansteigend. Parallel dazu steigt auch der BMI. In bis zu 80% der Fälle macht ein Hypertonus keine Symptome, deshalb: messen! Der BD wird am rechten Arm gemessen. Bei der Messung ist die Wahl der Manschette entscheidend. Sie sollte etwa 2/3 des Oberarmes abdecken. In der pädiatrischen Praxis benötigt man mindestens drei Manschettengrössen. Der Goldstandard ist nach wie vor die auskultatorische Messung, die oszillometrischen Geräte sind aber immer weiter verbreitet. Normwerte BD bei Kindern unter https://www.pedz.de/de/bp.html. Therapie: Wichtigster Punkt: Lebensstiländerung. Medikamentös werden meist ACE-Hemmer eingesetzt, oft in Kombination mit ATII Rezeptorblockern oder Beta-Blockern. DR. MED. MICHAEL BISCHOFBERGER, ZUMIKON Korrespondenzadresse: dr.mibi@hin.ch REFERENTINNEN: FRAU DR. MED. DANIELA MARX, LEITENDE ÄRZTIN NEPHROLOGIE, KINDERSPITAL ST. GALLEN. FRAU DR. MED. GESA SCHALK, OBERÄRZTIN NEPHROLOGIE, ZENTRUM FÜR KINDERHEILKUNDE, UNIVERSITÄTSKLINIKUM, BONN. Wichtige Nephrologische Themen in der Kinderarztpraxis Donnerstag, 17. Januar 2019, Alterszentrum Hottingen, Zürich Daniela Marx und der Autor beim Mittagessen.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx