KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2019

B.H.: Arbeitest du auch ohne Sprache? L.P.: Ja. Besonders in Schulklassen mit hohem Zweisprachigenanteil ist das ein Erfolgsrezept, wenn ich einen Teil meines Auftritts rein pantomimisch mache. B.H.: Was bedeutet für dich ein Buch? L.P.: Ein Buch ist ein Sprungbrett in eine weite Welt. Eine Welt, in die man eintauchen kann. Eine Welt, die man aber auch wieder verlassen kann. Ich gebe der Geschichte Macht über mich und ich habe auch Macht über die Geschichte: Ich kann das Buch schliessen. B.H.: Merkst du einen Unterschied in der heutigen Zeit mit allen Medien / virtuellen Geschichten und Welten und v. a. visueller Überflutung? Kann sich das «alte» Kinderbuch da behaupten? L.P.: Da hat es das Kinderbuch jedenfalls einfacher als das Buch für Erwachsene. Beim Kinderbuch sehen es alle ein, dass es ein Ding für alle Sinne ist. Die Qualität des Kinderbuches als «Treffpunkt» ist unerreicht und wird es wohl auch bleiben. B.H.: In deinen Büchern sind auch die Bilder ganz wichtig und künstlerisch – wie wichtig ist dies? L.P.: Ich liebe diese Zusammenarbeit mit der Illustratorin. In den besten Fällen – beispielsweise mit Kathrin Schärer – ist es ein intensives Miteinander. Wir reden einander in die jeweiligen Bereiche Text/Bild drein und das macht die Bücher um vieles besser. Der Text muss nicht alles beschreiben. Das Bild illustriert und treibt die Handlung oft auch weiter voran. Ganz eng verschränkt. Und Bild und Text sind Veränderungen unterworfen: Bücher sind auch immer ein Spiegel der heutigen Welt. Da ist es spannend, den Text, das Bild und auch sich selbst zu entwickeln. B.H.: Was stellt für dich das Zentrale beim Erzählen von Geschichten und Bilderbüchern dar? L.P.: Raum lassen. Wir Erwachsenen haben zu oft die Tendenz, vorwärts zu gehen, und die Triebfeder zu sein. Die sind wir nicht und die sollen wir nicht sein. Das Kind gibt das Tempo vor und das Kind soll auch den Raum haben, Inputs zu geben, Fragen zu stellen oder auch uns die Welt zu erklären. B.H.: Was rätst du Eltern und Grosseltern, Tanten und Göttis in Bezug auf das Geschichtenerzählen? L.P.: Keine Angst vor Wiederholungen. Ein besonderes Erzähl-Setting. Keine Angst vor Wiederholungen. Stimmen der Figuren nachahmen. Keine Angst vor Wiederholungen. Das Kind vom soeben Erfahrenen erzählen lassen. Und: Keine Angst vor… genau. B.H.: Was rätst du uns Kinderärzten in Bezug auf das Geschichtenerzählen oder den Gebrauch von Kinderbüchern in unserer Praxis? L.P.: Schön, wenn man auch in diesem Kontext Bücher nicht nur als Werkzeug braucht. Eine breite Palette an verschiedenen Büchern ist wichtig. Nicht nur Bücher, die mir selber gefallen, sondern auch etwas mit rosa Einhörnern, etwas Düsteres, etwas Schräges… B.H.: Welche Geschichten sind besonders geeignet für unsere Arbeit mit Kindern? L.P.: Eben: nicht nur themenspezifisches, sondern Geschichten, die Spass machen. Mit einem Buch lernt man ja auch neue Facetten der Erzählerin/des Erzählers kennen: Wenn die Ärztin plötzlich brummt wie ein Bär, ist das eine Lust (vielleicht sogar für beide). B.H.: Welche Themen? L.P.: Alle Themen. B.H.: Haben du und deine Kinder bei eurem Kinderarzt auch Erfahrungen mit Kinderbüchern und -geschichten gemacht? L.P.: Im Wartezimmer, ja. Da fällt mir ein: Es war jeweils schwer für mich, in eine Geschichte einzutauchen, weil man jederzeit mit dem «Der nächste, bitte» rechnen musste. Kurzfutter (Gedichte, Bildergeschichten, Wimmelbücher) sind da also eine gute Wahl. B.H.: Welches sind deine persönlichen Lieblingskinderbücher jetzt und welche waren es in deiner Kindheit und Jugend? L.P.: Jetzt sind es die von Astrid Lindgren. In meiner Kindheit (ich habe nie gern gelesen) war es «Wo die wilden Kerle wohnen» und später «die drei ???» B.H.: Was sind deine Zukunftspläne? L.P.: Aus Erfahrung weiss ich, dass die Zukunft nie kommt. Ich kenne nur die Gegenwart. Vielen Dank für den Einblick in dein Leben und deine Ideen und die Tipps und Tricks, die du uns mitgibst! Dann wünschen ich und wir alle dir das Allerbeste für die Gegenwart!!! ■ 39

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx