FORTB I LDUNG 02 / 2019 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 38 Lieber Lorenz, vielen herzlichen Dank nochmals für dein Mitwirken an unserm Kinderbuchkurs und dass du dir jetzt auch noch die Zeit nimmst, meine vielen Fragen zu beantworten! B.H.: Du hattest ja ganz einen besonderen Werdegang. Wie hast du deine jetzige Bestimmung als Kinderbuchautor und Künstler gefunden? L.P.: Ich bin ein glücklicher Mensch. Wohin ich bisher auch gefallen bin, ich bin immer auf die Füsse gefallen. Die Banklehre von anno dazumal nützt mir auch heute noch (zum Beispiel, wenn es ums 10-Finger-System geht), die Arbeit im Kindergarten hat mir die Philosophie und Gedankenwelt von Kindern nähergebracht, und was ich jetzt tue, ist für mich eine logische Entwicklung. Ich kann darauf nicht stolz sein im Sinne von «da hab ich mich durchgekämpft». Es kam zu mir. B.H.: Was braucht es dazu? L.P.: Offenheit, Lust am Fabulieren, lebendige Bilder im Kopf. B.H.: Wie entstehen Deine Geschichten? L.P.: Immer wieder anders! Glücklicherweise gibt es für mich nicht eine einzige Quelle. Mal sind es Mindmaps. Mal sind es meine schlechten Englischkenntnisse und ich verstehe einen Liedertext glücklicherweise falsch. Mal ist es ein Auftrag, den ich mir zurechtbiege. Mal ist es die Bemerkung eines Kindes. Mal ist es eine Beobachtung… Aber dann kommt ein gutes Stück Arbeit. Das Schwierigste an dieser Arbeit ist, dass es am Ende nicht nach Arbeit aussehen soll. B.H.: Was möchtest du mit deinen Geschichten bewirken? L.P.: Ich will unterhalten. Ich will das Lachen der Kinder. Ich will Kino im Kopf. Pädagogische Absichten können nicht ausgeschlossen werden, sollen aber bitte hintenanstehen. B.H.: Weshalb arbeitest du so gerne für und mit Kindern? (Eigentlich eine dumme Frage für eine Kinderärztin…) L.P.: Die kindliche Art, geradeaus ins Leben zu gehen, zu zeigen, wo einen etwas berührt, ist ein Geschenk. Eines, das manchmal auch schwer anzunehmen ist… B.H.: Wann spricht eine Geschichte die Kinder an? L.P.: Wenn sie anknüpft an etwas, das das Kind interessiert. Und von dort dann weitergeht. Das tönt simpel, ist aber im Bilderbuchmarkt nicht selbstverständlich. Da tummeln sich viele Bücher, die nur eine Bühne für eine Autorin, einen Illustrator sind. B.H.: In welchem Alter sind Kinder am besten ansprechbar, werden sie irgend mal zu alt dafür? L.P.: Auch wir wollen ja etwas erzählt bekommen. Peter Bichsel sagte mal: «Nichts erinnert mich so heftig an mich selbst wie die Bücher, die ich gelesen habe.» Natürlich: Es gibt diese Phase, in der sich die Kinder von ihrer eigenen Fantasie distanzieren. Glücklicherweise nicht für immer. B.H.: Was bedeutet die Sprache für dich? L.P.: Sie ist ein Spielplatz. Ein Experimentierfeld. Auch ein Kommunikationsmittel, aber eben nicht nur das. Lorenz Pauli: «Schriftsteller, Schausteller, Salatteller» DR. MED. BLANCHE HODLER, FMH KINDER- UND JUGENDMEDIZIN, PRAXISPÄDIATERIN IN BOLLIGEN Korrespondenzadresse: blanche.hodler@hin.ch Lorenz Pauli hat uns alle am Kinderbuchkurs im März in Bern verzaubert und in seine Welt entführt. Er hat sich freundlicherweise auch noch für dieses Interview zur Verfügung gestellt. Er ist DER Fachmann, um uns beim Einsatz von Kinderbüchern in unserem Berufsleben zu beraten. ■ Biografie Lorenz Pauli kam in Bern auf die Welt und blieb dieser Stadt immer treu. Nach der Schule machte er eine Banklehre und besuchte danach das Kindergartenseminar. Anschliessend arbeitete er 25 Jahre als Kindergärtner in Zollikofen bei Bern. Zudem machte er eine Weiterbildung in Erwachsenenbildung. Seit 2014 ist er «nur noch» freier Schriftsteller, Geschichtenerzähler, Verseschmied und «Fantasiegärtner», wie er sich selbst nennt. Er lebt mit seiner Frau und 2 Kindern in der Länggasse in Bern. Lorenz Pauli ist vielfacher Preisträger für Kinderbücher, Jugendmedien, Kinderlyrik etc., er ist einer der bekanntesten Kinderbuchautoren der Schweiz. Seine Kinderbücher sind unterdessen in viele verschiedene Sprachen übersetzt worden und in vielen Ländern in der ganzen Welt beliebt.
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