BERUFSPOL I T I K 02 / 2019 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 14 In den meisten pädiatrischen Ergotherapiepraxen werden viele Kinder im Kindergarten- und Primarschulalter angemeldet. In der Ergotherapie erfahren wir von den Eltern, dass ihnen schon seit Jahren spezielle Verhaltensweisen des Kindes aufgefallen sind. Das Kind beschäftigte sich beispielsweise nie gerne mit Basteln oder Konstruktionsspielen. Auf dem Spielplatz erkundet es nicht spontan Klettergeräte. Ein deutlicher Leidensdruck entsteht erst dann, wenn die KindergärtnerIn oder LehrerIn grosse Abweichungen zu andern Kindern fest stellt und dies den Eltern mitteilt. Ausschlaggebend ist häufig eine sehr auffällige Grafomotorik und Stifthaltung. Die Grafomotorik ist die Spitze des Eisbergs und kann ein Indiz für schlechte feinmotorische Koordination sein. Denn die Schreibfähigkeit verlangt differenzierte Bewegungen der gesamten Schulter-, Arm- und Handmuskulatur bei gleichzeitiger Stabilisierung des Rumpfes. Die Ursachen für die Schwierigkeiten sind vielseitig. Koordinativ schlecht abgestimmte Bewegungen können auf undifferenzierte Wahrnehmungen zurückgeführt werden. Die sensorischen Rückmeldungen werden wenig spezifisch aufgenommen. Dies führt zu ungenauen und inadäquaten Bewegungsausführungen. Durch viele Misserfolge entsteht ein Teufelskreis von Vermeidungsverhalten, fehlender Übung und Erfahrung und immer grösserer Diskrepanz zu gleichaltrigen Kinder. Diese Kinder fallen unter UEMF (Umschriebene Entwicklungsstörungen motorischer Funktionen) oder nach ICD – 10: F 82. Dazu kommen Kinder mit einem beobachtbaren, gesellschaftsbedingten veränderten Spielverhalten. Sie beschäftigen sich mit Tablets und Smartphones und seltener im Sandkasten, mit malen und zeichnen und mit konstruktiven Spielen. Auch bei diesen Kindern sind Auffälligkeiten der Grafomotorik sichtbar. Eine klare Unterscheidung der beiden Gruppen ist nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Der Überweisungsgrund für die Ergotherapie muss nicht zwingend eine ICD-Diagnose sein. Wenn die Symptomatik zu wenig eindeutig ist oder eine Diagnose lediglich vermutet wird, können die Auswirkungen als Überweisungsgrund beschrieben werden. Zum Beispiel Wahrnehmungsstörung, Feinmotorische Probleme, Entwicklungsrückstand, Auffälligkeiten im Spiel- und Sozialverhalten. Nach der Überweisung schickt die ErgotherapeutIn eine Anfrage für Kostengutsprache an die Krankenkasse. In vielen Fällen wird von den Krankenkassen ohne Umstände eine Kostengutsprache erteilt. Es kann aber auch sein, dass nun ein langes und kompliziertes Procedere beginnt, bis eine Kostengutsprache zustande kommt. Unter Umständen werden viele Rückfragen von den Krankenkassen an Sie gestellt. Verordnung für Ergotherapie bei Kindern Wie verbessern wir die administrativen Abläufe mit den Kostenträgern? RITA MÜHLEBACH, MITGLIED ZENTRALVORSTAND EVS (PORTFOLIO BERUFSPOLITIK), MITINHABERIN EINER ERGOTHERAPIEPRAXIS FÜR KINDER IN LAUFEN BL Korrespondenzadresse: rita.muehlebach@ ergotherapie.ch Definition Ergotherapie Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten unterstützen und begleiten Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit beeinträchtigt oder von Einschränkungen bedroht sind. Dies kann z. B. in Folge eines Unfalls, einer Krankheit, einer Entwicklungsstörung oder aus psychischen Gründen der Fall sein. Durch gezieltes Training werden Einschränkungen vermindert und / oder Strategien zur Bewältigung der Alltagsanforderungen vermittelt. Balance
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