K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 9 – Impfprävention und insbesondere die im Januar 2018 eingeführte indirekte Impfpflicht (ohne nachgewiesene Impfungen keine Aufnahme in Krippen, Kindergärten und Schulen). Die ersten Erfahrungen zeigen nur äusserst wenig öffentlichen Widerstand, deutliche Reduzierung der Impfdiskussionen in den Praxen und gestiegene Durchimpfungsraten. ■Österreich: Hier gibt es eine festgelegte Anzahl von Kassenarzt-Stellen. Die Kollegen erhalten eine festgelegte Fallpauschale pro Patient («Scheinwert»: schwankt zwischen 50 Euro im Burgenland und 61 Euro in Wien). Zudem gibt es die oben bereits erwähnten Wahlärzte, die keine Kassenbindung haben. Sie können ihre Honorare selbst festlegen. Ihren Patienten garantieren die Versicherungen 80% des Kassensatzes… – sprich: Diese müssen mindestens 20% selbst übernehmen und die Versicherungen sparen pro Patient 20% der Vergütung! Kein Wunder, dass bereits viele «Kassenstellen» unbesetzt sind – letztlich haben beide Seiten keine grosse Motiva- tion, solche Verträge abzuschliessen. Folgerichtig gibt es in A bereits mehr pädiatrische Wahl- (343) als Kassenärzte (278) – dies gilt auch für andere Fachrichtungen. ■Deutschland: Es gibt einen festen Verteilungsschlüssel für «Kassensitze». Wer einen solchen besitzt, der kann für «Kassenversicherte» (die Mehrheit der Patienten) an eine Zwischenstelle (Kassenärztliche Vereinigung) Rechnungen ausstellen. Es gibt prinzipiell eine «Kopfpauschale» (Fallwert 2016: 59,08 Euro pro Patient und Quartal), zusätzlich besteht aber auch eine Obergrenze für alle ambulanten Leistungen (Globalbudget). In den letzten Jahren kamen zunehmend zusätzliche – besonders wichtig: ausserbudgetäre – Selektionsverträge hinzu. Für die Pädiater wurden diese insbesondere durch den Berufsverband ausgehandelt. Zusammen mit den Privatvergütungen (s.u.) macht dieser Bereich inzwischen ca. 20% des Umsatzes aus. Neben den Kassenpatienten gibt es auch «privat Versicherte» (für diese gibt es allerdings bestimmte Voraussetzungen: Selbstständigkeit, Beamte, Mindestverdienst, meist höhere Prämien). Hier können die Ärzte eine bessere und bis zum gewissen Masse freie Honorarordnung anwenden. Der Anteil der Privatpatienten in den Praxen schwankt je nach Region und Fachrichtung zwischen wenigen und nahezu 100 Prozent. Zudem erscheint interessant, dass in den letzten Jahren das Verhältnis der Praxisformen in etwa konstant geblieben ist (aktuell 2017) – Einzelpraxen: 2284, Gemeinschaftspraxen: 2134. Zusätzlich gibt es noch eine deutlich geringere Zahl von Praxisgemeinschaften (290) sowie Med. Versorgungszentren (228). Zukunftsaussichten: Die Kollegen haben auch einen länderspezifischen Ausblick vorgetragen. Für Österreichwurde vor allem auf die mangelnde Versorgung der Patienten ausserhalb der Praxiszeiten fokussiert. So gibt es dort am Freitagnachmittag sowie an Wochenenden und Feiertagen weitgehendst keine geregelte Notfallversorgung – es werden überwiegend die Notfallstationen der Spitäler frequentiert. Von der pädiatrischen Seite her lief daher in Wien ab November 2013 ein zweijähriges Pilotprojekt einer an ein Kinderspital angegliederten, aber von diesem ansonsten unabhängigen Notfallpraxis (ähnliches Prinzip wie bei uns z.B. in Basel und Zürich seit einigen Jahren). Der (zu erwartende?) Erfolg führte dazu, dass dieses Projekt verlängert wurde und zusätzliche Praxen in Wien initiiert wurden – auch in anderen Städten (z.B. Graz) ist dies geplant. Wünschenswert wäre natürlich eine flächendeckende Versorgung. Leider wird von der Politik auch ein anderes Modell für die allgemeine Primärversorgung diskutiert: ein Primary Health Care Center (PHC). Hier soll ein «Kernteam» aus Internisten und Krankenschwestern eine Triage durchführen und die Patienten bei Bedarf an weitere «Spezialisten» weiterweisen: Ergotherapeuten, Sozialarbeiter, Logopäden, Hebammen, Psychologen und andere wie «auch» an Pädiater. Nach vehementem Einwand der ÖGKJ «dürften» die Pädiater dem Kernteam beratend zur Seite stehen, aber weiterhin unter Führung der Internisten. Ob dies – wie von der Politik gewünscht – wirtschaftlicher wäre, ist mehr als zweifelhaft. Sicher wäre es aber ein klarer Rückschritt in der Qualität der medizinischen Versorgung der Kinder und Jugendlichen. InDeutschlandwurde seit Jahren die Abschaffung der Pauschalen und Budgets gefordert und ist auch weiterhin das Ziel. Nicht zuletzt wegen des bisher nicht zufriedenstellenden Erfolges entstanden insbesondere die oben erwähnten Selektivverträge, die kontinuierlich angepasst werden (und zunehmen). Ein Erfolg ist die Zusage der jetzigen Regierung, dass die «sprechende» Medizin bessergestellt werden soll – dies muss beobachtet und notfalls eingefordert werden. Zudem wird intensiv an der Nachwuchsförderung gearbeitet. Dies bereits im Studium – es gibt einen «Masterplan Medizinstudium 2020», der unter anderem einen besseren Zugang zum Studium ermöglichen und einen «Pfad Primärversorgung» beinhalten soll – aber auch später in der Facharztausbildung, wo die finanzielle Förderung in der Pädiatrie derjenigen in der Allgemeinmedizin gleichgestellt werden soll. Auch in Frankreich nimmt die Regierung die Versorgungsprobleme wahr. So gibt es dort einen Plan «Ma santé 2022 – du gouvernement Macron» (mit geplantem Volumen von 3,4 Mrd. Euro), der unter anderem den Zugang zum Medizinstudium erleichtern und 4000 staatlich finanzierte Assistenten für Praxen (insbesondere 01 / 2019 VERBANDSZ I ELE
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