KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2019

K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 8 VERBANDSZ I ELE 01 / 2019 Anlässlich der 56. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde fand eine Vortrags- und Diskussionsrunde zum Thema Ländervergleich der pädiatrischen Primärversorgung in Österreich (A), Deutschland (D), Frankreich (F) und in der Schweiz (CH) statt. Ich durfte unseren Berufsverband repräsentieren und möchte über einige ausgewählte Themen berichten.  Der Inhalt der Vorträge, denen eine Podiumsdiskussion folgte, gab einen groben Überblick über die Zahlen der Praxispädiatrie der einzelnen Länder und erklärte die jeweiligen Gesundheitssysteme. Die Einschätzung der Zukunftsperspektiven bot dann die Einleitung zum offenen Gedankenaustausch. Obwohl wir alle im Prinzip sehr ähnlich arbeiten und etliche Sorgen teilen, gibt es doch auch einige deutliche Unterschiede zwischen den Ländern. Interessant ist auch, dass es in A und F im Gegensatz zu D und CH keine vergleichbare Ausbildung zu einer MPA gibt. Zahlen: Auf der einen Seite haben Österreich (8747000) und die Schweiz (8482200) in etwa die gleiche Bevölkerungszahl, dagegen sind Frankreich (67186900) und Deutschland (82670000) um ca. den Faktor 10 grösser. In allen Ländern wird der Anteil von Kindern und Jugendlichen (jünger als 18 Jahre) mit ungefähr 20% angegeben.  Das Verhältnis von Spital- zu Praxispädiatern differiert von Land zu Land: in D (54%) und in CH (59%) sind gut sowie in A (44%) knapp die Hälfte der Fachärzte niedergelassen – in F sind es mit 23% deutlich weniger. Rechnet man die Zahlen auf die unter 20-Jährigen um, so betreut ein Praxispädiater in F 4523, in D 2282, in CH 1500 und in A 2445 Kinder. Allerdings relativiert sich dies in Österreich, wenn man die «Privatärzte» (= Wahlärzte, siehe weiter unten) abzieht: dann sind es 5462 Kinder pro Pädiater. Diese Zahlen können nicht die Teilzeitpensen berücksichtigen (hierzu gibt es keine verlässlichen Zahlen) und natürlich auch nicht die Tatsache, dass etliche Kinder von Allgemeinärzten versorgt werden.  Zum letzteren Punkt gibt es unterschiedliche Zahlen. Bei uns schwanken die Schätzungen zur Quote der durch Pädiater versorgten Kindern und Jugendlichen zwischen 40 und 60% (je nach Gegend). In Frankreich sei es unter 2 Jahren ähnlich, danach sinkt der «pädiatrische Anteil» auf ca. 20%. In D gibt es konkretere Zahlen zu den Vorsorgeuntersuchungen – hier sowohl zur Teilnahme insgesamt sowie zum Anteil der durch Pädiater durchgeführten Kontrollen: Bei Säuglingen und Kleinkindern werden die vorgeschlagenen Untersuchungen (zum Teil verpflichtend) von über 90% der Familien wahrgenommen (> 90% bei Kinderärzten), bei den 4 – 6Jährigen zeigt sich eine Teilnahme um die 80% (ca. 90% pädiatrisch) und von den Jugendlichen kommen immerhin noch knapp die Hälfte zu den Vorsorgeuntersuchungen (45%, davon gut 70% zum Kinder- und Jugendarzt). Primärversorgung: In allen Ländern kann der niedergelassene Pädiater seine Patienten umfassend betreuen: Er führt Vorsorgeuntersuchengen und Impfungen durch, behandelt akute Erkrankungen, betreut chronisch Kranke und kann je nach (zusätzlicher) Ausbildung spezifische Untersuchungen anbieten oder diese delegieren. Allerdings gibt es in den «Systemen» zum Teil wesentliche Unterschiede im Vergleich zur Schweiz. Für uns sind alle Patienten «gleich» und wir dürfen (noch) die (meisten) erbrachten Leistungen abrechnen. Hier die Situation in den Nachbarländern: ■ Frankreich: es gibt eine unbeschränkte Niederlassungsfreiheit und es gibt zwei «Arten» der Pädiater – «Secteur 1» mit fixen Honoraren, aber Vorteilen bei den Sozialabgaben sowie «Secteur 2»: Hier benötigt man zusätzliche spezifische Weiterbildungen und darf dann die Honorare frei bestimmen. Die Verteilung ist in etwa ²/³ zu ¹/³, wobei die zweite Variante bei den jüngeren Kollegen zunimmt. Zu erwähnen ist noch, dass die Rechnung für eine Behandlung direkt (vor Verlassen der Praxis) beglichen wird. Die Patienten können dann den Betrag von ihrer Krankenkasse zurückfordern (ausgenommen sind finanziell schlecht gestellte Patienten – hier rechnet der Arzt mit einer gesonderten Kasse direkt ab). Der Arzt ist oft «wörtlich» zu nehmen, denn in F haben fast die Hälfte der Kollegen keine Angestellten. Es wurde auch die sehr umfangreiche und sehr frequentierte, von Pädiatern für Eltern erstellte Website mit vielen Informationen vorgestellt (www.mpedia.fr). Berichtet wurde zudem über die – auch staatlich geförderte 56. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde, Linz, September 2018 Pädiatrische Primärversorgung in Österreich, Deutschland, Frankreich und in der Schweiz – ein Vergleich DR. MED. JAN CAHLIK, AFFOLTERN A.A., VIZEPRÄSIDENT KINDERÄRZTE SCHWEIZ Korrespondenzadresse: b.j.cahlik@datazug.ch Einwohner Pädiater Kinder/Jugendliche (Facharztanteil in der Praxis) pro Pädiater  8482200 59% 1500  8747000 54% 2445 (5462) 82670000 44% 2282 66900000 23% 4523

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