KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2019

K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ VERBANDSZ I ELE 01 / 2019 10 Im Rahmen der 56. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde fand nicht nur eine Vortrags- und Diskussionsrunde zur pädiatrischen Primärversorgung statt (siehe separaten Bericht), sondern es gab auch die Möglichkeit für zahlreiche informelle Gespräche mit den Kollegen.  Besonders eindrücklich – leider im negativen Sinn – fand ich den Austausch mit dem Chefarzt einer grösseren Kinderklinik in Österreich. Der Name und Ort sind mir bekannt, ich möchte ihn aber nicht nennen, da dem Kollegen als Angestelltem öffentliche Kritik nicht erlaubt ist. Für mich zeigte sich anlässlich dieses eindrücklichen Austausches wieder einmal, dass wir für die Pädiatrie immer und immer wieder einstehen müssen, denn so, wie dieser Kollege seinen Berufsalltag beschreibt, sollte der Ablauf eigentlich nicht möglich sein! Folgende drei Punkte möchte ich berichten: ■Da es in Österreich keine flächendeckende Notdienstregelung gibt, werden vor allem am Wochenende und an Feiertagen die Notfallstationen der Spitäler frequentiert. Für das Betreiben der Notfallstation gibt es für die Kinderklinik ein festgelegtes jährliches Budget. Dieses war in den letzten Jahren regelmässig – also nach etwa 2½ Monaten – aufgebraucht; alle anschliessenden Leistungen wurden also dann vom Spital kostenlos erbracht. Dies wurde nun verändert, das Budget wurde verdoppelt (wofür sich die Verantwortlichen öffentlich loben liessen) – immerhin ist nun also etwa ein halbes Jahr finanziell abgedeckt, wenn auch dieses Geld dem stationären Sektor entzogen wurde: So etwas nennt man dann «kostenneutral»… ■Nach Berechnungen des österreichischen Bundes könnte dieses Kinderspital gemäss der Grösse, Anzahl der Fachärzte, angebotenen Leistungen und anderen Kriterien 13 Ausbildungsplätze für Weiterbildungsassistenten anbieten. Das Problem ist nur, dass diese vom Bundesland finanziert werden müssten – und dieses bezahlt aktuell ganze 4 Ausbildungsstellen: So etwas nennt man dann Nachwuchsförderung… ■Aufgrund der zunehmenden Abwanderung der Fachärzte (nach Deutschland und in die Schweiz?) wurden die Löhne der Fachärzte vor drei Jahren um ca. 30% erhöht und gleichzeitig die Arbeitszeit um 30% reduziert. An sich lobenswert – allerdings blieben das Leistungsangebot und der Stellenschlüssel gleich. Ein Schelm, der Böses denkt? Nun gibt es also entweder eine Zunahme der unbezahlten Überstunden oder eine Verschlechterung der Versorgungsqualität – oder sieht jemand eine andere Möglichkeit? Ein «geschickter» Schachzug, denn es ist schwierig zu kritisieren, wenn man weniger arbeiten darf und mehr Geld bekommt… Ähnliche Beispiele liessen sich sicherlich auch in anderen Ländern finden… leider. Darum ist und bleibt der Einsatz in der Berufspolitik so wichtig, damit wir unsere für die Schweizer Pädiatrie erkämpften Bedingungen bewahren und – durch gemeinsamen und unablässigen Einsatz – verbessern können! ■ DR. MED. JAN CAHLIK, AFFOLTERN A.A., VIZEPRÄSIDENT KINDERÄRZTE SCHWEIZ Korrespondenzadresse: b.j.cahlik@datazug.ch LINZ, September 2018: Ein ernüchterndes Gespräch mit einem österreichischen Kollegen – oder warum es so wichtig ist, für unseren Berufsstand einzustehen in unterversorgten Regionen) schaffen soll. In der Pädiatrie soll dies zu einem merklichen Zuwachs an Fachärzten führen. Die Aufgaben der Berufsverbände (nicht nur in der Pädiatrie) bestehen sicherlich auch darin, die Entwicklung genau zu beobachten, zu versuchen, Verbesserungen einzubringen und zu schauen, dass zumindest ein Teil der Versprechungen eingehalten wird.  Einig waren sich – leider – alle Referenten und Anwesenden darin, dass ohne Änderungen und Anstrengungen unsererseits die derzeitige pädiatrische Versorgung im höchsten Masse gefährdet ist. Hierzu sind vielleicht zwei Beiträge aus der anschliessenden Podiumsdiskussion zu erwähnen. Zum einen bezeichnend und auch etwas ernüchternd: – Gibt es ein Land oder Beispiel, wo die Nachwuchsförderung gut und effizient funktioniert? Darauf konnte keiner antworten… Und zum anderen zukunftsgerichtet: – Gibt es Umfragen oder Untersuchungen, was es braucht, damit Studenten und «frische» Mediziner sich für die (pädiatrische) Praxis begeistern können? Auch hierzu keine Antwort, aber Einigkeit, dass eine solche Studie eine mehr als lohnende Zukunftsaufgabe wäre! Für uns in der Schweiz ist abschliessend Folgendes zusammenzufassen: Mit unserem aktuellen «System» stehen wir im Vergleich derzeit (noch) recht gut da. Allerdings ist dieser Status verbesserungswürdig/-fähig sowie vor allem auch nicht garantiert. Er ist vielmehr gefährdet! Wir wissen, dass in Bundesbern die andernorts stark kritisierten Kopfpauschalen und Budgets konkret diskutiert werden. In der Vergangenheit hat sich allzu oft ge- zeigt, dass die Politik unverständlicherweise vor allem die «schlechten» Beispiele aus dem Ausland übernimmt. Und etwas wieder zurückzunehmen ist meist äusserst schwer – wenn nicht gar unmöglich. Dies können wir nur allzu deutlich in Deutschland und Österreich sehen. Daher müssen wir uns mit aller Kraft gegen diese unsäglichen und ungeeigneten Steuerungsinstrumente wehren! Weiter starke Anstrengung muss dem Nachwuchs gelten. Dieses Zukunftsproblem teilen wir mit allen anderen Ländern – vielleicht ist dies ein Ansporn, auch gemeinsame tragbare Strategien zu entwickeln. ■

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