KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 4/2018

K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 7 04 / 2018 IN MEMOR IAM M it Beat Richner traf ich erstmals im Jahre 1958 zusammen, an einem Pfadfinderskitag in Einsiedeln. Viele Jahre später fan- den wir uns jährlich gemeinsam in der Einsiedler Klosterkirche ein, Beat als berührender Cellist und überzeugender Geldsammler für seine Kinderspitäler in Kambodscha, und ich als Stiftungsratspräsi- dent seiner Stiftung. Beide arbeiteten wir seinerzeit zusammen im Kinderspital Zürich und dann während 12 Jahren in unserer Praxis am Römerhof in Zürich. Einen schriftlichen Praxisvertrag schlossen wir nie ab. In der «Küche», unserem kleinen Labor, sprachen wir oft bei Kaffee und Mousse au Chocolat über «Gott und die Welt», über internationale Politik, aber wir freuten uns auch über den Klatsch in der Zürcher Gesellschaft. Wir fühlten uns wohl im «Lädeli», wie Beat unsere Praxis nannte. 1992 verliess aber Beat Richner das «Lä- deli» von einem Tag auf den anderen, da er von König Sihanouk nach der UNO-Friedenskonferenz in Paris die Genehmigung erhal- ten hatte, das alte Spital Kantha Bopha (benannt nach dem Na- men der an Leukämie verstorbenen Tochter Sihanouks) wiederauf- zubauen. Ich stand nun vor seinem mit einer Beige von Akten und ausstehenden IV-Fragebogen überfüllten Schreibtisch, die ich dann abzubauen hatte…  Als junger Assistent bei Prof. Andrea Prader in Zürich absolvierte Beat Richner 1975 mit dem Roten Kreuz einen Hilfseinsatz im vom Vietnamkrieg versehrten Phnom Penh, aus welchem er dann we- gen der grausamen Macht- übernahme von Pol Pot abenteuerlich wieder flie- hen musste. Die meisten seiner kambodschanischen Kollegen wurden in den sogenannten Killing Fields grausam hingerichtet. Beat äusserte mir gelegentlich, er habe ein schlechtes Ge- wissen aus Kambodscha geflohen zu sein, während seine kambodschanischen Freunde ermordet worden seien. Ich wusste von sei- ner Absicht, nach Kambod­ scha zurückzukehren, so- bald das Land die Grenzen wieder öffnen könne. Dies war dann 1992 der Fall, und Beat reiste unverzüg- lich nach Phnom Penh – und blieb dort. In der Folge bau- te er in Phnom Penh und in Siem Reap fünf Kinderspitä- ler auf, die im Jahr 2017 rund 170000 hospitalisierte und 900000 ambulante kranke Kinder versorgten. Neben dem gesamten Spek- trum der Pädiatrie sind in Kambodscha namentlich die massenhaf- ten Erkrankungen an Tuberkulose und Denguefieber eine Riesen- herausforderung. Das Prinzip Richners, auch in Kambodscha müss- ten Kinder wie in der Schweiz medizinisch korrekt mit wirksamen Medikamenten behandelt und mit gleichwertigen Labormethoden untersucht werden, wurde von der Stiftung Spital Kantha Bopha von Anfang an vorbehaltlos unterstützt. Das unerschütterliche Mot- to Richners lautete «Kantha Bopha – Kind und Mutter first», egal was auch immer die WHO in Genf und die DEZA in Bern davon hiel- ten. Der Betrieb der Spitäler Beat Richners erfolgt mittlerweile durch 2500 kambodschanische Mitarbeiter (von den Chefärztinnen bis zu den Apparatetechnikern und den Reinigungsequipen) ohne ständige ausländische Hilfspersonen. Hingegen reisen regelmässig Lehrper- sonen des Kinderspitals Zürich für Ausbildungsmodule nach Phnom Penh und Siem Reap, was bei den kambodschanischen Medizinern auf sehr fruchtbaren Boden fällt.  In Zusammenarbeit mit der kambodschanischen Regierung, mit dem Königshaus, mit der DEZA und dem Kinderspital Zürich will die Stiftung das Werk Beat Richners weiterführen, in der Hoff- nung, dass dereinst Kambodscha die gesamte Verantwortung für die Spitäler übernehmen kann. Beats langjähriger Weggefährte und Kinderarzt Peter Studer hat als sein Stellvertreter im Sinne von Beat und im Auftrag der Stiftung die Funktion des CEO der Spitäler über- nommen. ■ DR. MED. ALFRED LÖHRER, PRAXISPÄDIATER IN ZÜRICH Korrespondenzadresse: alfred.loehrer@hin.ch Nachruf: Beat Richner (1947–2018) Beat Richner mit «seinen» Kindern in Kambodscha. Die Arbeit von Beat Richner geht weiter – und wir alle können ihn unterstützen unter www.beat.richner.ch, der Website des «Kantha Bopha Children’s Hospitals».

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