KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 4/2018

K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 49 04 / 2018 REDAKT IONELLE SE I TEN Kommentar zu Dr. med. Cyril Lüdins Leserkommentar zu BLV Ernährungsempfehlungen in Heft 2/18 Leserbrief zum Artikel «Impfen in der Praxis: Erwartungen und subjektive Wahrnehmung» Kinderärzte Schweiz NEWS 03/2018, S. 36–39 A ls Vertreterin von Kinderärzte Schweiz, die im Rah- men der Resonanzgruppe Miapas an der Vernehm- lassung der erwähnten Broschüre teilgenommen hat, möchte ich zu deinem Boykottaufruf Stellung nehmen:  Erstmals ist es gelungen, eine Ernährungsbroschüre zu erstellen, an der alle massgeblich an der Ernährung Liebe Nienske, ich finde es toll, dass auch aus der Praxistätigkeit he- raus wissenschaftliche Arbeiten geschrieben werden. Und die ganze Problematik rund ums Impfen ist natür- lich einer der Schwerpunkte des Pädiaters.  Als praktizierender Kinderarzt mit über 30 Jahren Impf­ erfahrung erlaube ich mir, zwei Überlegungen zum Impf- vorgang per se beizusteuern, insbesondere das Säuglings- alter betreffend. Wenn wir von circa 10 Impfstichen im ersten Lebensjahr ausgehen, so sind wir ein nicht zu un- terschätzender Plaggeist, wenn nicht sogar Aggressor für den Säugling, aber hoffentlich nicht für die Eltern.  Und hier liegt bereits ein erster Punkt: Wir können und müssen als Pädiater die Botschaft ausstrahlen, dass durch die Impfung nicht das arme Kind geplagt wird, sondern dass wir ihm etwas absolut Gutes und Nützliches an- gedeihen lassen. Wenn die Eltern das spüren, so ist die Angst vor dem Stich um ein Vielfaches kleiner, und das wirkt sich auch auf die ganze Stimmung im Sprechzim- mer positiv aus. Diese Botschaft muss sowohl verbal wie insbesondere auch nonverbal übermittelt werden. Bei all- fälligen sprachlichen Barrieren ist dies noch um ein Viel- faches wichtiger als bei Eltern, bei denen ein gutes Ge- spräch (oder auch mehr als eines) vorab ging.  Zweiter Punkt: Impfen auf dem Wickeltisch oder in den Armen der Eltern: Ich bin ein Verfechter dafür, dass der Säugling den Platz in den Armen der Eltern als einen sicheren Hort empfindet, wo er geschützt und getrös- tet wird, wo ihm kein Leid angetan werden sollte. Und von Kleinkindern beteiligten Fachgesellschaften mitreden konnten. Dass dies nicht selbstverständlich ist, zeigen viele Beispiele aus der Vergangenheit. Die Idee, dass wir als Mütter-Väterberaterinnen, Hebammen, Kinderärzte, Ernährungsberaterinnen, etc. am gleichen Strick ziehen und die gleichen Botschaften vertreten, ist für viele Eltern entscheidend. Ich finde, dies ist mit der Broschüre gut gelungen. Der Broschüre zu unterstellen, sie würde nur die Esswaren erwähnen, die wir den Kindern vorenthal- ten sollen, finde ich nicht haltbar. Ebenso wehre ich mich entschieden gegen die Behauptung, die Industrie habe sich an unseren Verhandlungstisch gesetzt!  Ich finde die Broschüre ansprechend und offen. Sie zu boykottieren, geht meiner Meinung nach entschieden in die falsche Richtung! Liebe Grüsse, Sabine wenn man sieht (und ich kann das mit einer Erfahrung von gegen 40000 Impfvorgängen sehr wohl bestätigen), wie schnell sich ein Säugling in den Armen der Mutter (oder des Vaters) vom allfälligen Schreck des Stiches be- ruhigt, sich erholt und die Eltern und auch den Arzt wie- der anlacht, so denke ich, dass das sowohl für das Kind wie auch für die Eltern eine sehr wertvolle Erfahrung sein kann. Die wichtige Botschaft an die Eltern lautet: Ich kann mein Kind mit meiner Zuwendung sofort in sei- nem Kummer beruhigen. Die Botschaft für den Säugling: In den Armen meiner Eltern geschieht mir nichts Böses, dort werde ich getröstet und geliebt. Dieses Urvertrauen möchte ich nur ungern mit dem Stechen des Kindes in den Armen der Eltern aufs Spiel setzen.  Dies sind ein paar psychologische Überlegungen ei- nes seit wenigen Monaten pensionierten, aber passio- nierten Kinderarztes.  Schliesslich ist aber noch zu bemerken, dass – auf welche Art und Weise ich die Impfung auch immer ap- pliziere – es wichtig ist, dass auch ich mich dabei wohl- fühle, und ich diese Grundhaltung auch auf die Eltern und das Kind übertragen kann.  Gerne löse ich mit diesem Leserbrief eine Kontrover- se aus: «Impfen in den Armen der Eltern versus Impfen auf dem Wickeltisch».  Was meinen die anderen impfenden Ärzte/Ärztinnen dazu? Dr. med. Heinz Brauer, Facharzt für Kinder und Jugendliche FMH pensioniert seit November 2017 nach 31 Jahren intensiver Pädiatrie-Praxis DR. MED. SABINE HEINIGER EGGIMANN, BOLLIGEN Korrespondenzadresse: sabine.heiniger@hin.ch DR. MED. HEINZ BRAUER, URTENEN-SCHÖNBÜHL Korrespondenzadresse: hbrauer@hin.ch Leserkommentare Herzlichen Dank an unsere Leserschaft für die folgenden Kommentare. Die Redaktionskommission freut sich immer über eure Feedbacks! Liebe Sabine Für mich ist die Broschüre, vor allem der Teil «Einführung der Beikost», ein Rückschritt ver- glichen mit den Empfehlungen der SGE 2011 (S.22). Dort sind die farbigen Balken we- nigstens mit 8 Monaten gefüllt, also offen. Nun wieder die Einschränkung, erst zwischen 10 und 12 Monaten schrittweiser Übergang zum Familienessen (S.19). Dies obwohl der Säugling bereits über den Geschmack der Muttermilch die «Familienkost» kennt.  Der Mythos bleibt, dass das Kind mit der Nahrung nicht klarkommen könnte. Jedes hat seine eigenen Vorlieben, wie wir. Die Mütter werden mit restriktiven Empfehlungen verängs- tigt statt ermutigt (Bsp.: «testen Sie jedes neue Lebensmittel an einigen Tagen», S.18). Es gibt keine wissenschaftlichen Studien zum Thema Beikost. Was ist also der gemeinsame Strick? Herzliche Grüsse, Cyril

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