KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2018
K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 41 03 / 2018 ERFAHRUNGSBER I CHT M itte April 2018 fand der zweitägige Kurs «Aku- punktur in der Kinderarztpraxis: Einfache Tech- niken erleichtern den Alltag» statt. Er wurde geleitet von Frau Dr. med. Mercedes Ogal, Fachärztin für Kin- der- und Jugendmedizin mit Fähigkeitsausweis für Aku- punktur und Traditionelle Chinesische Medizin (ASA). Sie ist ebenfalls Mitglied der Deutschen Ärztegesell- schaft für Akupunktur sowie Dozentin. Mercedes Ogal hat uns mit viel Wissen und Erfahrung die Denkens- weise der Traditionellen Chinesischen Medizin näher- gebracht. Die TCM ist das älteste Medizinsystem, um Gesundheit und Krankheit zu erklären und zu beein- flussen. Während 2500 Jahren wurden die medizini- schen Beobachtungen der chinesischen Ärzte minutiös gesammelt, aufgeschrieben und in Kompendien aus- gewertet. Gerne möchte ich die interessierten Leserin- nen und Leser auf eine kurze Reise durch diesen Kurs mitnehmen, indem ich über TCM, Leitbahnen, Nadeln, Indikation, Anwendung und Selbsterfahrung schreibe: Erwartungen und Fragen einer Pädiaterin Den Alltag erleichtern? Den Alltag der Kinderärztin und den Alltag der Familien? Ich habe mich angemeldet, weil ich wissen wollte, ob es andere, brauchbare Antworten gibt für besorgte Mütter und Väter im Umgang mit ih- ren an funktionellen Störungen leidenden Kindern. Wel- che Therapien bietet die Traditionelle Chinesische Medi- zin (TCM) uns heutigen Kinderärztinnen und -ärzten mit ihrer jahrtausendealten Erfahrung im Umgang mit Men- schen? Auf welche Fragen sind die feinen Akupunktur nadeln eine Antwort? Wie wirkt eine Akupressur gegen Bauchschmerzen und Schreien des kleinen Säuglings im Rahmen einer Anpassungsstörung? Wie werden Schlaf- störungen und Kopfschmerzen behandelt, wie Juckreiz bei atopischer Dermatitis gelindert, Heuschnupfen ge- heilt und die Immunabwehr gestärkt mit Wirkung auf die Häufigkeit von Infekten der Atemwege? Wie fühlt sich der Stich der Akupunkturnadel an, wie riecht Moxa? Zeigt diese Methode eine Wirkung? Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) Die Idee der Traditionellen Chinesischen Medizin ist: nicht krank werden. Störungen in den Organsystemen sollten frühzeitig erkannt werden und durch TCM wie- der in Einklang zueinander gebracht werden. Das Gedankengut für ein gesundes Leben basiert auf fünf Säulen: 1. Akupunktur und Moxibustion aktivieren den Fluss des Qi in den Leitbahnen 2. Chinesische Arzneimitteltherapie (CAT Kräuter) 3. Diäthetik 4. Qigong und Tai-Chi 5. Tuina (Tiefenmassage) Was ist Akupunktur? Mercedes Ogal definiert Akupunktur wie folgt: «Aku- punktur ist die gezielte therapeutische Beeinflussung von Körperfunktionen mit Nadeln und zugehörigen Reizverfahren über spezifische Punkte an der Kör- peroberfläche. Akupunktur umfasst die Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen auf der Basis der Tradi- tionellen Chinesischen Medizin, moderner Akupunktur- verfahren und ihrer wissenschaftlichen Erforschung. Sie wirkt unter anderem über Anregung und Wiederher- stellung von köpereigener Regulation.» 1 Die Indikationen für Akupunktur sind sehr breit. In der Pädiatrie wird TCM vor allem zur Beeinflussung von Bauchschmerzen, Nabelkoliken, Appetitlosigkeit nach Erkrankung, Obstipation und Durchfälle, Atemwegs erkrankungen, Neurodermitis und Allergien, Schlaf- störungen, Kopfschmerzen, Prüfungsangst, Torticollis, Schmerzen am Bewegungsapparat und zur Stimulation des Immunsystems zur Verhinderung von Infekten und Allergien eingesetzt. In der Geburtshilfe kann man mit Moxibustion die Wendung des Kindes bei Beckenend- lage bewirken. Leitbahnen Damit unser Qi, die Kraft des Lebendigen, fliessen kann, müssen die Hohl- und Speicherorgane im Gleichgewicht zueinander sein. Das Qi fliesst in Leitbahnen. Als Bild se- hen wir den Reispflanzer: Sein Rücken wird von der Son- ne, der Helligkeit, dem Yang, beschienen. Der Bauch ist der Erde, den dunkeln Seiten, dem Ying zugewandt. Mit diesem Bild im Kopf haben wir die 12 Leitbahnen in den zwei Tagen lustvoll in der Gruppe gelernt. Auf den 12 Leitbahnen, welche in drei Ebenen über den Körper ziehen, dem sogenannten Umlauf, liegen die Akupunktur-Punkte. Der vordere Umlauf beginnt bei der Schulter, läuft über den Arm zum Nagelfalz des Daumens, zurück zur Axilla, dann hinunter zu den Füssen und wie- der hoch zum Kopf. Die Leitlinien des vorderen Umlaufs heissen Lunge–Dickdarm–Magen–Milz (Lu, Di, Ma, Mi). Die Akupunkturpunkte werden nummeriert und nach den Leitlinien benannt. Nicht alle Punkte sind gleich wich- tig und wirkungsvoll, wenn sie stimuliert werden. Voll- ständigkeitshalber erwähne ich alle Leitbahnen: Der seit- liche Umlauf wird Perikard–Dreifach Erwärmer–Gallen blase–Leber (Pe, 3E, Ga, Le) und der hintere Umlauf Herz–Dünndarm–Blase–Niere (He, Dü, Bl, Ni) genannt. DR. MED. SUSANNA BURI, FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN FMH, PRAXISPÄDIATERIN IN URDORF Korrespondenzadresse: susanna.buri@tice.ch Erfahrungsbericht: Akupunktur in der Kinderarztpraxis: Wie einfache Techniken den Alltag erleichtern 1 Skript vom Kurs, Dr. med. Mercedes Ogal, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin, Bahnhofstrsse 15, 6440 Brunnen, Dozentin für Aku- punktur der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur (DÄGfA)
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