KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2018

K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 38 R I S I KEN UND NEBENWI RKUNGEN 02 / 2018 Algifor Dolo forte Sirup: praktisch oder gefährlich? S eit einigen Monaten ist ein Algifor Sirup (Ibuprofen) mit doppelter Konzentration (200 mg / 5 ml) unter dem Namen Algifor Dolo forte im freien Handel rezept- frei erhältlich. Davon haben wir in unserer Praxis nur durch Zufall durch Eltern und dann durch eine Firmen- werbung erfahren.  Ibuprofen ist eines der am meisten verwendeten Me- dikamente in der Kindermedizin, nicht nur bei uns in der Schweiz, sondern in den meisten Ländern, wo nebst dem Sirup auch Kautabletten oder Zäpfchen im Handel sind (z. B. Nurofen).  Algifor wird von vielen Eltern bei Krankheit oder Schmerzen ihrer Kinder aufgrund der Akzeptanz des Sirups als first line-Therapie eingesetzt. In den meisten Haushalten mit Kindern findet sich demnach eine Fla- sche in Reserve.  Schon die beiden bei uns bisher erhältlichen Formen von Algifor junior Sirup (Kat B, SL-Liste) und Algifor Dolo junior Sirup (Kat C, keine Rückerstattung durch Grund- versicherung), obwohl die Dosierung mit 100 mg / 5 ml die gleiche ist, verwirren und verunsichern manchmal die Eltern.  Die neue Form des Sirups mit 200 mg / 5 ml ist nur durch einen kleinen orangen Balken über dem Wort «forte» von der Packung des Dolo juniors Sirups zu un- terscheiden.  Gemäss Packungsbeilage bei Überdosierung sind zu erwarten: «Die am häufigsten berichteten Symptome einer Überdosierung sind Übelkeit, Erbrechen, Bauch- schmerzen, Lethargie und Benommenheit. Zentralner- vensystem bezogene Effekte sind Kopfschmerzen, Tin- nitus, Schwindel, Krämpfe und Bewusstlosigkeit. Über Nystagmus, metabolische Azidose, Hypothermie, rena- le Effekte, gastrointestinale Blutungen, Koma, Apnoe und Depression des ZNS- und Atmungssystems wur- de ebenfalls selten berichtet. Es wurde auch über kar- diovaskuläre Toxizität, einschliesslich Hypotonie, Brady- kardie und Tachykardie berichtet. In Fällen signifikanter Überdosierungen sind Nierenversagen und Leberschädi- gungen möglich. Hohe Überdosen werden gewöhnlich gut vertragen, wenn gleichzeitig keine anderen Arznei- mittel eingenommen wurden.»  Schwere Verläufe bei Überdosierungen 40 mg/kg Tagesdosis sind zwar sehr selten beschrieben. Dennoch sehen wir in einer regelmässigen, mehrtägigen Thera- pie wie sie zum Beispiel häufig zur symptomatischen Behandlung einer Otitis media verschrieben wird, ein Gefahrenpotenzial, wenn jeweils unabsichtlich dem Kind die doppelte Dosis verabreicht wird.  In Deutschland ist der Nurofen-Sirup 2% und 4% schon einige Jahre im Handel. Im Internet finden sich in Elternforen viele Beiträge zur Verwechslung der Flaschen.  Aus meiner eigenen Erfahrung können die meisten Eltern nicht angeben, welchen Algifor Sirup sie zu Hause haben. Es braucht (gerade in der strengen Grippezeit) nochmals einen vermehrten Zeitaufwand, die Eltern ge- nau aufzuklären.  Grundsätzlich wäre die Verwendung eines konzent- rierten Sirups praktisch. Wir sind aber in unserer Praxis der Meinung, dass dieses Medikament nicht frei verkäuf- lich sein sollte und die Flaschen besser unterscheidbar sein müssten. (Zum Vergleich: Sämtliche Ibuprofen-Pro- dukte für Erwachsene mit der Dosierung 600 mg sind in der Liste B und somit rezeptpflichtig.) ■ DR. MED. STEFANIE GISSLER-WYSS, NEUENDORF, MITGLIED REDAKTIONSKOMMISSION Korrespondenzadresse: s.gissler@hin.ch Kommentar der Firma Vifor Consumer Health AG Die Verpackung von Algifor dolo forte wurde durch Swissmedic genehmigt. Swissmedic erachtet also den Unterschied zur Verpackung des Algifor dolo Junior Sirups ebenfalls als genügend um eine korrekte Anwendung zu ge- währleisten.  Viele Arzneimittel existieren in verschiedenen Konzentrationen und haben dennoch den gleichen Namen wie auch dasselbe Verpackungsdesign, ohne dass dies ein Problem darstellen würde (zum Beispiel Algifor-L 200 und Algifor-L forte 400).  Auf der Verpackung von Algifor dolo forte ist die Konzentration deutlich an- gegeben und das Wort «forte» unterstreicht zusätzlich die erhöhte Konzen­ tration. Zudem sind die beiden Flaschen unterschiedlich gross und die Dosier- spritzen unterschiedlich skaliert.  Bis heute sind uns seitens Konsumenten und Fachpersonen in Apotheken kei- ne Verwechslungen oder entsprechende Nebenwirkungen gemeldet worden.  Aus unserer Sicht ist die korrekte Dosierung nicht schwieriger zu gewähr- leisten als bei anderen Arzneimitteln mit unterschiedlichen Konzentrationen.

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