KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2018
FORTB I LDUNG 02 / 2018 K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 34 SAMDhealth – Chancengleichheit für allergiebetroffene Jugendliche Lieber Herr Gerber, es freut uns sehr, heute von Ihnen einen Einblick in das individuelle Programm für Schülerinnen und Schüler mit chronischen allergischen Erkrankungen zu erhalten. Claudia Müller (CM): Wofür steht SAMDhealth? Severin Gerber (SG): Die zwei Begriffe stehen für «Schu- le» und «Gesundheit» und für ein ambitioniertes Pro- gramm der Schweizerischen Alpinen Mittelschule Da- vos. Das bedeutet: Bei uns können Schülerinnen und Schüler mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen – hier sprechen wir von Allergien – die Matura oder die Berufsmatura ohne Einschränkung absolvieren. Einen Hauptanteil liefert Davos selbst mit seinem speziellen Höhenklima und allergenarmen Umfeld. Das schweiz- weit einzigartige Programm haben wir gemeinsam mit der Hochgebirgsklinik Davos und mit der Unterstützung von aha!Allergiezentrum Schweiz entwickelt. Caroline Roduit (CR): Die SAMD ist die erste Schule mit dem Schweizer Allergie-Gütesiegel – was bedeutet das? SG: Vor allem eine grosse Verpflichtung! Und natürlich auch etwas Stolz, dass wir die Ersten sind. Das Erlangen dieser Auszeichnung war allerdings kein Spaziergang, sondern mit strengen Audits und Kontrollen verbunden. Die wichtigsten Veränderungen betrafen die Küche. Für unser Küchen- und Reinigungspersonal war das ein ziem- liches Stück Arbeit. Aufgrund der Zertifizierung besteht auch die Auflage, dass das gesamte Personal der SAMD (Lehrerschaft, Hauspersonal, Internatsteam) regelmässi- ge Weiterbildungen absolviert. Diese finden u.a. durch das Personal der Hochgebirgsklinik Davos statt. CM: Wie viele Schüler besuchen die SAMD, wie viele davon profitieren vom Allergieprogramm? SG: Momentan haben wir rund 200 Schüler bei uns; 150 stammen aus Davos und Umgebung und wohnen extern. 50 sind im Internat – davon sind rund ¾ aus der Schweiz, die anderen kommen aus verschiedenen Län- dern (Südamerika, Deutschland, Russland, China). Von SAMDhealth profitieren momentan rund 10 Schüler mit Allergien. Darunter vor allem ein Schüler der 2. Klasse, der seit früher Kindheit an starkem Asthma und ver- schiedenen Allergien leidet. In seiner ehemaligen Schu- le war er sehr eingeschränkt. Seit er bei uns ist, fühlt er sich wohler. Seine schulischen Leistungen sind sehr gut und er nimmt sogar aktiv an Sportprogrammen teil. CR: Wie ist der Ablauf dieses individuellen Programms? SG: Nachdem die Schüler ein genau definiertes schuli- sches und medizinisches Abklärungs- und Aufnahme- verfahren durchlaufen haben, nehmen sie ganz normal am Unterricht teil. Wichtig ist jedoch, dass Mitschüler und Lehrer über die Betroffenen und ihre Allergien sehr gut informiert sind. Gleichzeitig sind wir auch darauf angewiesen, dass die betroffenen Schüler gut mit ihrer Krankheit umgehen können. CM: Ist die Mittelschule sog. «nuss-frei»? SG: Nein, aber das ist auch gar nicht nötig. Selbstver- ständlich hat die Küche ihre Verfahren umgestellt, da- mit keine verwendeten Ingredienzien Nüsse enthalten. Dies ist v.a. bei Desserts wichtig. In der Mensa dürfen aber auch fertige Nahrungsmittel mit Nüssen konsu- miert werden. Die SAMD ist eine ganz normale Schule. CR: Wie findet die ärztliche Betreuung vor Ort statt? SG: In der Hochgebirgsklinik Davos finden regelmässige Sprechstunden und auch Allergieschulungen statt. Vor Ort haben wir einen Krankendienst, der speziell ausge- bildet wurde. Die Lehrerschaft trainiert unter medizini- scher Leitung einmal pro Jahr das Handling eines Not- falls inklusive Anwendung des Adrenalinautoinjektors. An vier Standorten an der Schule gibt es je ein Not- fallset. SEVERIN GERBER, REKTOR DER SAMD – SCHWEIZERISCHE ALPINE MITTESCHULE DAVOS – IM INTERVIEW MIT DR. MED. CAROLINE RODUIT, UNIVERSITÄTSKINDER SPITAL ZÜRICH, OST- SCHWEIZER KINDERSPITAL ST. GALLEN & HOCH GEBIRGSKLINIK DAVOS, DR. MED. CLAUDIA MÜLLER KINDERARZTPRAXIS BADEN UND DORIS STRAUB PICCIRILLO CHRISTINE KÜHNE-CENTER FOR ALLERGY RESEARCH AND EDUCATION DAVOS Korrespondenzadresse: Doris.Straub@ck-care.ch
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