KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2018

01 / 2018 FORTB I LDUNG K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 39 Korrektur der Deformation, sind bis anhin grösstenteils ungeklärt. So könnte eine permanente Beeinflussung der suboccipitalen Muskulatur für die Behandlung positive Effekte, wie zum Beispiel eine Tonusregulierung, auslösen. Jedoch ist es ebenfalls möglich, dass in den betroffenen Muskelgruppen ungewollte Tonuserhöhungen auftreten [Dörhage, 2010]. Weiter sind die Temperaturregulation im betroffenen Gebiet sowie mögliche Auswirkungen auf die Halswirbelsäule noch zu wenig untersucht [Funke, 2010]. Das Ziel dieser retrospektiven Studie war es, zu untersuchen, ob es einen signifikanten Unterschied betreffend Asymmetrieindex (CVAI), Schädelindex (CI) und Diagonalendifferenz (CVA) vor und nach der Behandlung einer Kopfdeformation mittels Kopforthese bei den untersuchten Säuglingen gab. Methodik Ausgewertet wurden manuell erhobene Daten von 179 Säuglingen, welche zwischen 2007 und 2013 in der Ortho-Team AG (www.orthoteam.ch) in Bern (Schweiz) mit einer Kopforthese versorgt wurden. Nebst Geburtsdatum und Geschlecht wurden standardmässig mit Messband und Schieblehre die Schädeldiagonalen sowie Kopflänge und – breite an den jeweils längsten respektive kürzesten Distanzen erfasst. Ausschlusskriterien waren ein Schädelindex (CI) <100% und eine Diagonalendifferenz (CVA) <1 cm, operierte Kraniosynostosen, wenn die Nachkontrolle erst mehrere Monate nach Behandlungsabschluss stattfand sowie nicht konsequentes Tragen der Orthese. Es wurde eine Einteilung in folgende Subgruppen gemacht: Gesamter Datensatz (n = 179), CI ≥100% oder CVA ≥1 cm; Brachycephalus (n = 33), CI >100% und CVA <1 cm; Plagiocephalus (n = 115), CI ≤100% und CVA ≥1 cm; CVA >1 cm (n = 128); CI >100% (n = 60). Aufgrund der retrospektiven, qualitätssichernden Datenanalyse und der codierten Extrahierung der Daten aus der Patientendatenbank der Ortho-Team AG war in Rücksprache mit der Ethikkommission Bern (Schweiz) kein Ethikantrag notwendig. Resultate In allen Fällen nahm der Wert nach der Behandlung im Vergleich zu dem vor der Behandlung ab bzw. verbesserte sich die Kopfdeformität. In Tabelle 1 sind die Mittel- bzw. Medianwerte des Asymmetrieindex (CVAI), Schädelindex (CI) und der Diagonalendifferenz (CVA) vor (pre) und nach (post) der Behandlung dargestellt. Diskussion Sowohl der Asymmetrieindex, der Schädelindex als auch die Diagonalendifferenz waren statistisch signifikant und es fand eine Annäherung an den Normwert statt. Dies bedeutete, dass die Behandlung mittels Kopforthese einen positiven Einfluss auf die Kopfform bei Säuglingen mit Deformationen hatte. Jedoch konnten diese Veränderungen nicht nur auf die Therapie mittels des Helmes reduziert werden, da nicht klar ist, wie sich die Kopfform ohne Orthese und/oder durch andere konservative Behandlungsansätze verändert hätte. Ein möglicher Grund für die nicht erreichten Normwerte bildet die manuelle Datenerfassung, welche nicht mit der gleichen Präzision Daten erheben respektive Diagonalen messen kann wie der Scan. Zudem befanden sich die Angaben in Millimeter in einem sehr kleinen Bereich, was wiederum eine genaue und standardisierte Erfassung voraussetzen würde. Ausserdem entschied der subjektive Eindruck der Eltern darüber, ob die Therapie mittels Kopforthese abgeschlossen oder weitergeführt wurde, und dieser musste nicht zwingend mit den objektiven Parametern korrelieren. Weitere Faktoren, die einen Einfluss auf den Erfolg der Behandlung haben können, sind die Compliance bezüglich des konsequenten Tragens der Orthese, das Alter des Säuglings bei Therapiebeginn sowie die Dynamik der Deformation. Weiter war unklar, ob es sich um eine pränatale oder postnatale Deformation handelte oder zusätzliche Nebendiagnosen vorlagen, die den Verlauf von Kopfdeformationen und somit das Ergebnis der Therapie mittels Kopforthese beeinflussen konnten. Da verschiedene Mitarbeitende diese Vermessungen vornahmen, flossen möglicherweise unterschiedliche subjektive Einschätzungen ein und die Messungen waren nicht ausreichend standardisiert. Um weitergehende Aussagen machen zu können, müssten allfällige Nebendiagnosen der Säuglinge erhoben werden, um eine mögliche Prädisposition und Gründe einer Deformation ausfindig zu machen. Ebenso wurde keine Einteilung nach Schweregraden, zum Beispiel nach Argenta [Rosenbaum et al., 2012] vorgenommen. Zudem wurden weitere wichtige klinische Merkmale bei der Schädelasymmetrie, wie zum Beispiel die Stellung der Ohren, die Stirnpartie oder das Vorhandensein einer temporalen Vorwölbung nicht erfasst. Des Weiteren fehlten Daten betreffend Frühgeburten sowie Mehrlingsschwangerschaften, welche ebenfalls zu den prädisponierenden Faktoren gezählt werden. CVAI [%] CI [%] CVA [cm] pre post pre post pre post Gesamt (n=179) 10.0 3.6 94.9 89.8 1.3 0.5 Brachycephalus (n=33) – – 104.0 95.0 – – Plagiocephalus (n=119) 11.9 4.2 91.4 87.5 1.5 0.6 CI >100% (n=128) – – 104.2 95.0 – – CVA >1cm (n=60) – – – – 1.5 0.6 CVAI = Asymmetrieindex, CI = Schädelindex, CVA = Diagonalendifferenz, pre = Wert vor der Behandlung mittels Kopforthese, post = Wert nach der Behandlung mittels Kopforthese Tabelle 1: Werte der Variablen vor (pre) und nach (post) der Behandlung mittels Kopforthese, weiss = Mittelwert, grau = Median

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