KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2018

FORTB I LDUNG 01 / 2018 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 28 Einleitung Der Umfang der chiropraktischen Tätigkeit generell besteht in der Diagnose, Beratung und Behandlung von muskuloskelettalen Pathologien/Dysfunktionen. Die Behandlungsspezialität besteht in spezifisch segmentalen Mobilisationen und / oder Manipulationen der Gelenke, vor allem der Wirbelsäule. 90% aller Chiropraktoren in der Schweiz behandeln Kinder und Jugendliche, jedoch nur 30% behandeln und betreuen Säuglinge. Der häufigste Grund einer Konsultation im Säuglingsalter ist ein Torticollis. Typischer Ablauf in der chiropraktorischen Praxis Bei der Erstkonsultation wird als erstes die Anamnese bzgl. Schwangerschaft, Geburt, postnatalem Verlauf und Bewegungsverhalten des Kindes erhoben. Tummy time, Ertragen der Rückenlage, Überstreckung, Dreh- und/oder Neigungstendenz, Brustpräferenz beim Stillen und Möglichkeit der Kopfdrehung mit Animation auf die unbeliebte Seite sind wichtige Hinweise, die etwas über die Ausprägung des Tortikollis aussagen. Die Schlafposition und eventuelle Kopfasymmetrie werden thematisiert. Nach der Anamnese untersucht der Chiropraktor den kleinen Patienten. Zuerst werden die Haltung sowie die Spontanmotorik in Rücken- und Bauchlage beurteilt. Weiterhin werden frühkindliche Reflexe, Tonus und Lagereaktionen geprüft. Der Kopfumfang, die Kopfdiagonalenunterschiede sowie die fronto-occipitalen und bitemporalen Messungen werden durchgeführt und für spätere Vergleiche notiert. Zum spezifisch manuellen Untersuch gehört die aktive und passive Bewegungsprüfung der HWS. Passiv gelingt das in der Rückenlage, aktiv in Bauchlage, bei Kinder ab dem 5. Lebensmonat im gestützten Sitzen. Spezifisch für die obere HWS wird eine passive Bewegungsprüfung in kombinierter Anteflexion und Rotation in Rückenlage durchgeführt. Das ist ab dem 3. Lebensmonat möglich. Wichtig bei der Bewegungsprüfung ist, die Kompensationen nicht zu verpassen, wie z.B. das Mitdrehen der kontralateralen Schulter bei der passiven Rotationsprüfung der HWS in Rückenlage. Natürlich muss hier die Halsstellreaktion (beim Versuch, den Kopf zu drehen, dreht das Kind den gesamten Rumpf) bei den ganz jungen Säuglingen berücksichtigt werden. Bei der aktiven Rotationsprüfung der HWS im (gestützten) Sitzen kompensiert der Säugling bei eingeschränkter Drehfähigkeit häufig den Kopf geschickt in die Extension. Die passive Bewegungsprüfung thorakolumbal wird in der Rückenlage geprüft und kann auch mithelfen, eine eventuelle Tonusasymmetrie zu beurteilen. DR. METTE HOBAEK SIEGENTHALER, FACHCHIROPRAKTORIN SCG / ECU, BASEL Korrespondenzadresse: holbeinpraxis@hin.ch Chiropraktische Beurteilung und Behandlung des Säuglingstorticollis und des lagebedingten Plagiocephalus Abbildung 2: Prüfen des aktiven Bewegungs- umfangs der HWS eines 6 Monate alten Säuglings im gestützten Sitzen. Der aktive Bewegungsumfang der Kopfdrehung nach links ist eingeschränkt. Der Körper rotiert mit, trotz Versuch der Mutter, ihn zurückzuhalten. Abbildung 1: 6 Monate alter Säugling mit freiem aktivem Bewegungsumfang in der Kopfdrehung nach rechts (in gestütztem Sitzen geprüft).

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