KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2018

01 / 2018 FORTB I LDUNG K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 23 schneidende Therapieentscheide wie zum Beispiel eine Operationsindikation geht. Sonografisch kann bei entsprechender Erfahrung des Untersuchers ein vorzeitiger Verschluss einer Schädelnaht bestätigt oder ausgeschlossen werden. Auf einer Röntgenaufnahme des Schädels (antero-posterior und seitlich) lassen sich sowohl die Suturen abgrenzen wie auch eine allfällige Deformität des Schädels und der Orbitae darstellen. In unklaren Fällen kann eine Computertomografie weiterhelfen, welche die Beschaffenheit der Schädelnähte und das Ausmass einer Schädeldeformität noch anschaulicher aufzeigt. Eine 3-D-Rekonstruktion ist in manchen Fällen auch für eine allfällige präoperative Planung notwendig. Bei Verdacht auf eine syndromale Erkrankung oder Affektion des Hirns ist ausserdem ein MRI des Schädels angezeigt.  In der Tabelle 3 sind Masse und Begriffe aufgeführt, welche für die Bezeichnung einer Schädeldeformität und deren Ausprägung wichtig sind, unabhängig von der Ätiologie. Die Schädeldurchmesser sind in Abbildung 2 schematisch dargestellt. Lagerungsbedingte Schädeldeformitäten Die Mehrzahl der Patienten in der Sprechstunde für Schädeldeformitäten weist eine lagerungsbedingte Verformung des Schädels auf. Im Alter von 4 Monaten sind 20–25% der Kinder davon betroffen. Ätiologie, Klassifikation 1992 wurde von der American Pediatric Society empfohlen, zur Prophylaxe des plötzlichen Kindstods Säuglinge zum Schlafen auf den Rücken zu legen («back to sleep campaign») [1]. In der Folge hat die Inzidenz des sudden infant death syndromes (SIDS) erfreulicherweise deutlich abgenommen, jene des lagerungsbedingten posterioren Plagio- und Brachycephalus ist hingegen gestiegen [2]. Diese Deformitäten sind in erster Linie gekennzeichnet durch eine asymmetrische oder symmetrische Abflachung des Hinterkopfs. Je nach Typ oder Schweregrad sind auch Ohrachse, Stirn oder Gesicht mitbetroffen. Deformität Typen oder Beispiele Lagerungsbedingte Schädeldeformitäten Plagiocephalus, Brachycephalus, Scaphocephalus, Mischformen Kraniosynostose primär, sekundär; syndromal, nicht-syndromal; einzelne Naht, mehrere Nähte Kongenitale Impressionen pränatal, perinatal erworben Kongenitale Schädeldefekte Adams Oliver-Syndrom, Encephalocelen Erworbene Schädeldefekte posttraumatisch, postoperativ, Langerhanszell-Histiozytose Verkalktes Kephalhämatom Normvarianten Bathrocephalus Konstitutionelle,ethnisch bedingteVariationen Anamnese Status – Schwangerschaft (Uterusfehlbildungen, Fruchtwassermenge, Mehrlinge, Lage usw.) – Geburt (Termin, Modus, Hilfsmittel usw.) – Dynamik der Deformität – Schlafposition – Kopfbeweglichkeit – Psychomotorische Entwicklung – Seh- und Hörstörungen – Hirndruckzeichen – Familienanamnese – Kopfumfang – Schädelindex – Differenz der Schädeldiagonalen, ggf. AsymmetrieIndex – Schädelnähte – Augenüberdachung, Ohrposition, Gesichtsasymmetrie – Kopfbeweglichkeit – Neurologie (Hirnnerven, Tonus, Motorik) – Dysmorphiezeichen (v.a. Hände und Füsse) Tabelle 1 Tabelle 2 Tabelle 3 Masse Kopfumfang, Perzentilenkurve Schädeldurchmesser fronto-occipital «Länge» des Schädels biparietal «Breite» des Schädels diagonal ca. 30° zur Längsachse Schädelindex (biparietal ÷ fronto-occipital) ×100 Norm: 75–90 Differenz der Schädeldiagonalen <0,5 cm normal 0,5–1,0 cm leicht 1,0–2,0 cm moderat >2,0 cm schwer Asymmetrie-Index (lange Diagonale – kurze Diagonale) ×100 ÷ kurze Diagonale 0–3 normal 3–7 leicht 7–12 moderat >12 schwer Begriffe (beschreibend, unabhängig von der Ätiologie) Scaphocephalus, Dolichocephalus Kahnschädel, Langschädel Schädelindex <75 Brachycephalus Kurzschädel Schädelindex >90 Plagiocephalus Schiefschädel Diagonalen-Differenz, Asymmetrie-Index Trigonocephalus Dreiecksschädel Turricephalus, Oxycephalus Turmschädel, Spitzschädel Abbildung 2: Schema Schädeldurchmesser. Rot: fronto-occipital, Grün: biparietal, Blau: diagonal.

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