KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2018

FORTB I LDUNG 01 / 2018 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 18 2. Arbeitszufriedenheit der Kinder- und Jugendärzte In der Work Force Studie 2015 für Hausärzte waren 75% der Hausärzte ziemlich bis ausserordentlich zufrieden mit ihrer Arbeitssituation [1]. Bei den Pädiatern war die Arbeitszufriedenheit sogar höher, das heisst, neun von zehn Teilnehmern (88,8%) der Studie waren ziemlich bis ausserordentlich zufrieden mit ihrer Arbeitssituation, je 41% waren sehr beziehungsweise ziemlich zufrieden (Abbildung 1). Nur rund 7% waren ziemlich unzufrieden, 3,5% sehr unzufrieden und vereinzelte Teilnehmer (n=2) gaben an, ausserordentlich unzufrieden mit der Arbeitssituation zu sein. Alters- oder geschlechtsspezifische Unterschiede oder Assoziationen waren nicht vorhanden. Bezüglich Arbeitsbelastung waren 70% der befragten Pädiater stark zufrieden oder zufrieden und 50% sind stark oder sehr stark optimistisch für die Zukunft der Kinderarztmedizin in der Schweiz. Insgesamt lässt sich also eine Zufriedenheit und Optimismus bei Schweizer Kinderärzten erkennen. Die Freude an der Ausübung des gewählten Berufes überwiegt zum grössten Teil. Trotzdem gab ein Viertel der Teilnehmer (26%) an, dass sich die Arbeitsbedingungen stark oder sehr stark verschlechtert haben. Dies erklärt sich unter anderem auch dadurch, dass der bürokratische und finanzielle Aufwand stark zugenommen hat. Trotz der finanziellen Verbesserung durch die hausärztliche Zuschlagsposition 00.00015 im Tarmed seit 01.10.2017 [4] sei die Entlohnung nicht attraktiv. Ausserdem kann dieser Zuschlag bei den regulären Vorsorgeuntersuchungen im Tarmed nicht angewendet werden. Es finden zudem auch mehr Einschränkungen im Sinne von Qualitätskontrollen oder Rezertifizierungen statt. Gemäss den Angaben von einigen teilnehmenden Kinderärzten hat die Wertschätzung gegenüber dem Grundversorger in der Bevölkerung und in den Medien gar stark abgenommen. 3. Änderungen des Praxistyps Bei den aktuell befragten Kinder- und Jugendärzten sind nur noch 20% in einer Einzelpraxis tätig. Knapp 30% arbeiten in einer Doppelpraxis und etwa die Hälfte der befragten Kinderärzte in einer Gruppenpraxis. Die Einzelpraxis erscheint daher (etwas unfein formuliert) als ein «Auslaufmodell». In der Erwachsenen-Hausarztmedizin zeigte eine kürzlich erschienene Arbeit eindeutig, dass die junge Generation in Gruppenpraxen arbeiten will (in Gruppenpraxen 86%, Doppelpraxen 11%, Einzelpraxis 3%) [6]. Die Vorteile einer Doppel- oder Gemeinschaftspraxis sind gross. Die Kosten der Praxisführung (Praxismiete, Löhne der medizinischen Praxisassistenten, EDV) werden geteilt, die Praxis gewinnt an Attraktivität im Sinne verlängerter Öffnungszeiten, vermehrter Flexibilität und der Möglichkeit einer gegenseitigen Vertretung während den Ferien. Die Ärzteschaft schätzt ausserdem den gegenseitigen fachspezifischen Austausch bei speziellen Fragestellungen und klinischen Herausforderungen. Häufig arbeiten die Ärzte in einer Gemeinschaftspraxis in einem reduzierten Pensum, was wie oben beschrieben zunehmend erwünscht ist. Die Doppel- oder Gruppenpraxis bringt somit Vor- teile für die Ärzteschaft wie auch für die Patienten. Gruppenpraxen sollten vermehrt gefördert und unterstützt werden, z. B. durch finanzielle Entlastung bei Praxiseröffnung oder -übernahme, wie auch Mithilfe bei der Suche eines Nachfolgers. 4. Notfalldienste der Kinder- und Jugendärzte Neben der Praxistätigkeit betreuen mehr als die Hälfte (65%) der teilnehmenden Kinder- und Jugendärzte Neugeborene im Spital. Fast alle (97,6%) machen Erstuntersuchungen, das heisst, sie führen die körperliche Untersuchung des Neugeborenen ab dem 2. Lebenstag durch. Häufig werden die Untersuchungen im Spital an festgelegten Tagen durchgeführt. Zusätzlich betreuen 42% aller teilnehmenden Praxispädiater Neugeborene im Rahmen des Notfalldienstes in den Spitälern. Dies bedeutet, dass die Kinderärzte tagsüber sowie in der Nacht Bereitschaftsdienst leisten und in einem vorgegebenen Zeitintervall im Spital einsatzbereit sein müssen. Während des täglichen Praxisbetriebs kann ein notfallmässiger Einsatz im Spital den sofortigen Praxisstopp auf ungewisse Zeit bedeuten. Für den in der Praxis tätigen Kinderarzt bedeuten solche Einsätze eine körperliche sowie auch psychische Belastung, da auch bei erfolgtem nächtlichen Einsatz der Praxisbetrieb am folgenden Tag wie geplant weiterverläuft und keine Erholung stattfinden kann. Ob dieses Modell in der kommenden Generation, welche flexible Arbeitszeiten und -bedingungen und die Teilzeitarbeit hoch gewichtet [2], weiter realisierbar bleibt, ist zu bezweifeln. Rund 75% der Befragten leisten neben dem pädiatrischen Notfalldienst im Spital auch Notfalldienst für die eigene Praxis. In der Stadt arbeiten die Pädiater häufig in der Notfallpraxis des Spitals und entlasten so den Spitalbetrieb. Diese Einsätze finden häufig abends, am Wochenende oder an Feiertagen statt. In der Peripherie (in ländlichen Regionen) leistet der Praxispädiater in der eigenen Praxis Notfalldienst. Der Notfalldienst ist eine relevante Mehrbelastung für die Pädiater und soll in der Zukunft einheitlicher gestaltet werden. Es wäre wünschenswert, dass von den Praxispädiatern pro Region ein Abbildung 1: Neun von zehn Teilnehmer (88.8%) der Studie ziemlich bis ausserordentlich zufrieden mit ihrer Arbeitssituation. Wie zufrieden sind Sie, wenn Sie Ihre Arbeitssituation betrachten? Ausserordentlich unzufrieden Ausserordentlich zufrieden Sehr unzufrieden Ziemlich unzufrieden Ziemlich zufrieden Sehr zufrieden Abbildung 1: Neun von zehn Teilnehmern (88,8%) der Studie sind ziemlich bis ausserordentlich zufrieden mit ihrer Arbeitssituation.

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