KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 1/2018

BERUFSPOL I T I K 01 / 2018 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 12 Und wenn nicht, dann kann sie es lernen. Die Materie ist komplex, sowohl inhaltlich wie tarifarisch. Gerne möchten wir gewisse Aufgaben an unsere Mitarbeiterinnen abtreten, gerne möchten wir ihnen zusätzliche Aufgaben anvertrauen. Dazu braucht es geregelte Kompetenzen und eine entsprechende Finanzierung. Ein zukünftiger Tarif muss interprofessionelles Arbeiten abbilden und entschädigen. Bis anhin ist es so, dass alle Arbeiten der Medizinischen Praxisassistentin – mindestens theoretisch – in der Technischen Leistung TL des Tarifs abgebildet sind. Stellen wir immer mehr MPAs an pro Arzt, so führt das zu immer höheren Praxisinfrastrukturkosten, somit besteht tarifarisch ein negativer Anreiz, mehr Personal einzustellen. Höhere Infrastrukturkosten zeigen sich in den RokoZahlen, was zu einer Anpassung des Tarifs führen müsste, so wie es das Gesetz (Krankenversicherungsgesetz) mit der Forderung nach Sachgerechtigkeit und Betriebswirtschaftlichkeit fordert. Zwanzig Jahre nichts passiert! Trotzdem sind eure Roko-Zahlen enorm wichtig. Es ist der einzige Weg, wie wir unseren Aufwand belegen und mit den Versicherern und Behörden verhandeln können. Liefert Roko-Daten! Nur ganz wenige Leistungen sind im Tarmed als explizite MPA-Leistungen aufgeführt. Dazu gehören die Abgabe von Antabus (00.0150) und Methadon (00.0155), die Überwachung der Urinabgabe bei Suchtpatienten (00.0160), die kapilläre (00.0716) und venöse (00.0715) Blutentnahme, die Injektion und Infusion (00.0750), der Gefässzugang peripher venös (00.0855), Wundtoilette und Verbandwechsel (00.1345), Entfernung härtender Verbände (01.0265 und 01.0275), nichtärztliche Betreuung und Behandlung ambulanter onkologischer/ hämatologischer/diabetologischer Patienten (00.1430 und 00.1440). Nicht-ärztliche Leistungen haben im Tarif keine AL (ärztliche Leistung) sondern nur eine TL. Einige nicht-ärztliche Leistungen dürfen nur dann abgerechnet werden, wenn nicht gleichzeitig eine ärztliche Konsultation stattfindet bzw. abgerechnet wird. Andere Leistungen sind zwar typische MPA-Leistungen, bei denen der Arzt aber zu einem kleinen Teil involviert ist. Sie sind auch so tarifiert: mit einer kleinen AL und einer grösseren TL. Dazu gehören das Röntgen, die Nachbetreuung/Betreuung/Überwachung des Patienten (00.1370), der Prick-Test etc. Mit diesen Leistungen wie auch den Laborleistungen finanzieren sich die MPA quasi selber. Alle anderen Leistungen der MPA sind in der TL der Arztleistungen eingerechnet. Erarbeiten sich unsere MPAs zusätzliche Kompetenzen und werden sie mit zusätzlichen Aufgaben betraut, so macht das ihren Beruf attraktiver und eröffnet den MPAs neue Perspektiven, ist aber für die Praxis finanziell uninteressant. Eine aufwändige kompetente Telefonberatung durch die MPA, die eine ärztliche Konsultation überflüssig macht, ist für den Patienten eine willkommene Dienstleistung, für die Versicherer eine Kosteneinsparung (was diese längst gemerkt und ihre Telefondienste mit den entsprechenden Versicherungsmodellen aufgebaut haben), für die Praxis aber ein Verlustgeschäft. Hier liegt Potenzial brach, das genutzt aber auch entschädigt werden muss. Dann gibt es noch die ärztlichen Leistungen, die unter Umständen von MPAs erbracht werden könnten. Und hier beginnen die Schwierigkeiten. Die MPA/EFZ (Medizinische Praxisassistentin mit Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis) hat eine dreijährige Lehre abgeschlossen mit über 1000 Schullektionen, die sich von Schule zu Schule unterscheiden, und bringt sehr unterschiedliche praktische Erfahrungen aus ihrer Lehrpraxis mit. Die MPA sollte die Administration mit Planung der Sprechstunde und Abrechnungswesen, die Kommunikation mit Patienten und anderen Berufsgruppen, das Labor und das Röntgen und einige diagnostische und therapeutische Aufgaben beherrschen. Sie arbeitet im Auftrag und unter der Verantwortung der Ärztin, welche Aufgaben nach eigenem Ermessen delegieren kann. Der Kanton Zug hat im Jahr 2015 als erster die MPA in die Gesundheitsgesetzgebung aufgenommen: Leistungen die nicht zwingend von einem Arzt erbracht werden müssen, so vor allem Routinehandlungen bei chronisch Kranken, können vom Arzt an die MPA delegiert werden. Im Kanton Bern wird eine Parlamentarische Motion «Delegieren ärztlicher Tätigkeiten an MPA» von Regierung und Parlament unterstützt. Die Kantonale Ärztegesellschaft will zusammen mit dem Berufsverband der Medizinischen Praxisassistentinnen SVA, mit innovativen Versicherern, Netzwerken und dem Institut für Hausarztmedizin Möglichkeiten und Auswirkungen des Einsatzes von Medizinischen Praxiskoordinatorinnen untersuchen. Möglicherweise und hoffentlich gibt es in anderen Kantonen ähnliche Bestrebungen. Die Weiterbildung zur Medizinischen Praxiskoordinatorin MPK (es kann zwischen der klinischen und der praxisDR. MED. ROLF TEMPERLI, BERN Korrespondenzadresse: temperli-rossini@bluewin.ch Meine MPA kann alles Trotzdem sind eure Roko-Zahlen enorm wichtig. Es ist der einzige Weg, wie wir unseren Aufwand belegen und mit den Versicherern und Behörden verhandeln können.

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