K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 32 JAHRESTAGUNG 2017 – MPA WORKSHOPS 04 / 2017 Haben Sie sich auch schon mal gefragt, was Epilepsie genau ist, und wie das Leben für Betroffene auch wirklich aussieht? Im Workshop für MPA hat Dr. med. Tobias Iff uns einen Einblick in diese Krankheit gegeben und darüber, wie die Patienten damit umgehen. Was ist Epilepsie? Ein epileptischer Anfall ist eine überschiessende elektrische Entladung von Teilen des Gehirns, die sich mit unkontrollierter Muskelbewegung, Bewusstlosigkeit oder auch vegetativen Symptomen zeigt. Primär ist ein Anfall ein Symptom, dessen Ursache abgeklärt werden muss. Von einer Epilepsie abgegrenzt werden eine Synkope und ein Affektkrampf. Die eigentlichen epileptischen Anfälle werden eingeteilt nach ihrem Auftreten in provozierte (z. B. durch Fieber) vs. spontane, nach ihrer Form in tonische, klonische, atonische und gemischte Anfälle und nach ihrer Ausdehnung in generalisierte oder fokale Anfälle. Von wahrscheinlicher Epilepsie sprechen wir, wenn 2 oder mehr unprovozierte Anfälle im Abstand von mindestens 24 Stunden auftreten. Diese können verschiedene Ursachen haben. Sie können genetisch bedingt (Trisomie, Angelman-Syndrom), strukturell-metabolisch (Hirnfehlbildungen, Stroke), Folge einer Infektion (z. B. Kongenitale CMV-Infektion) oder auch idiopathisch sein. Wie wird eine Epilepsie abgeklärt und behandelt? Nach einem ersten unprovozierten Anfall sollte ein EEG erfolgen. Bei ca. 1/3 der pädiatrischen Epilepsien ist aber das EEG zwischen den Anfällen normal! Im zeitnah abgenommenen Labor analysiert man Glukose, Elektrolyte und bei Verdacht auf Stoffwechselerkrankung auch Laktat etc. Zur Bildgebung erfolgt meist ein MRI zum Ausschluss von manifesten Ursachen. Erst bei mehr als 2 Anfällen wird über eine antiepileptische Therapie nachgedacht. Es braucht zur Therapie-Entscheidung eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung. Die Behandlung erfolgt in erster Linie medikamentös. Diese sog. Antiepileptika blockieren die elektrische Entladung der Hirnzellen, insbesondere durch Stabilisieren von Ionenkanälen (z. B., Na+, Ca++-Kanal), haben aber auch störende Nebenwirkungen wie z. B. Müdigkeit und Gewichtszunahme. Die Einstellung ist häufig langwierig und nicht immer zufriedenstellend. Bei einer behandlungsresistenten Epilepsie gibt es noch weitere Behandlungsmöglichkeiten, wie Epilepsiechirurgie, ketogene Diät, Vagusnervstimulator und neu auch coolerweise Cannabis. Was tun bei einem Anfall? Ein kurzzeitiger Anfall ergibt keinen Schaden im Gehirn. Erst bei einer Krampfzeit über 30 Min. erhöht sich die Gefahr einer Hypoxie und damit einer bleibenden Schädigung. Gefährlich ist aber eine sekundäre Verletzung durch Sturz oder beispielsweise Ertrinken bei einem plötzlichen Anfall beim Schwimmen. Daher Vorsicht bei engen Verhältnissen, in der Nähe von Wasser oder anderen Gefahrenquellen! Spätestens nach 3–5 Min. soll der Anfall medikamentös gestoppt werden. Die Patienten sollen in Bewusstlosenlagerung gebracht und dann Notfallmedikamente wie z. B. Desitin® rectal oder Buccolam® sublingual verabreicht werden. Wie verändert Epilepsie die Lebensqualität des Betroffenen und seiner Familie? Epilepsie beeinträchtigt die Lebensqualität des Kinds und auch der Familie. In erster Linie haben alle Angst, dass es zu einem erneuten – vielleicht unkontrollierbaren – Anfall kommt. Dazu kommen diverse praktische Einschränkungen und schliesslich die Abhängigkeit von den antiepileptischen Medikamenten. Daher bieten alle Zentren ein Epilepsietraining für Kinder und Familien mit schwer einstellbaren Epilepsien an. Dort lernen die Familien im Alltag mit der Epilepsie umzugehen. Kinder mit neuer oder nicht gut eingestellter Epilepsie müssen wichtige Vorsichtsmassnahmen beachten. Sie dürfen nicht alleine REFERENT: DR. MED. TOBIAS IFF, FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN FMH, SCHWERPUNKT NEUROPÄDIATRIE, PRAXIS FÜR KINDERNEUROLOGIE IN ZÜRICH (WWW.KINDERNEUROLOGIE.CH), KONSILIARARZT FÜR NEUROPÄDIATRIE STADTSPITAL TRIEMLI, ZÜRICH MODERATION: KERSTIN BÖHLEN, MPA IN DER PRAXIS KINDER- UND JUGENDMEDIZIN KÖNIZ, LIEBEFELD AUTORIN: GENTIANA HASAJ, MPA IN AUSBILDUNG BEI KINDER- UND JUGENDMEDIZIN KÖNIZ, LIEBEFELD KORRESPONDENZADRESSE: gentiana.hasaj@hotmail.com Das Leben mit Epilepsie – wie gehen Betroffene damit um
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