KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 4/2017

K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 30 JAHRESTAGUNG 2017 – MPA REFERAT 04 / 2017 Mit der Frage: «Was fällt Ihnen bei der Organisation MSF ein?», startet Frau Jakob einen eindrücklichen und interaktiven Workshop. Einiges wird nun aufgezählt und von der Referentin mit Fakten unterlegt. Hier ein kleiner Auszug: • MSF ist eine private internationale Organisation, gegründet als Folge der humanitären Katastrophe des BiafraKriegs im Jahr 1971. Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Ärzte und Pflegekräfte, aber auch Vertreter zahlreicher anderer Berufe unterstützen aktiv die Arbeit. Sie verpflichten sich auf folgende Grundsätze: – MSF hilft Menschen in Not, Opfern von natürlich verursachten oder von Menschen geschaffenen Katastrophen sowie von bewaffneten Konflikten, ohne Diskriminierung und ungeachtet ihrer ethnischen Herkunft, der religiösen, philosophischen oder politischen Überzeugung. – Im Namen der universellen medizinischen Ethik und des Rechts auf humanitäre Hilfe arbeitet MSF neutral und unparteiisch. – MSF rechnet daher mit der völligen und ungehinderten Freiheit bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten. • MSF hatte 2016 weltweit ein Gesamtbudget von rund 1,5 Mia. Euros und wurde zu 95% Prozent durch private Mittel finanziert. Dadurch kann die Organisation frei und unabhängig entscheiden, welche Aktivitäten durchgeführt werden, um Menschen in Not bestmöglich zu helfen. • Bei MSF weltweit arbeiteten 2016 ca. 38000 Mitarbeiter weltweit aus über 98 Ländern. • MSF Schweiz arbeitete im Jahr 2016 in 63 Projekten in 25 Ländern mithilfe von über 6000 lokalen Mitarbeitern. Darüber hinaus entsendete MSF Schweiz über 1000 internationale Mitarbeiter weltweit. Am Hauptsitz in Genf arbeiten 232 Mitarbeiter und ehrenamtlich tätige Personen.  Nach dieser Einführung zu MSF,berichtete uns Frau Dr. Jakob von ihren eigenen Erfahrungen aus Einsätzen im Irak und Tschad.  Frau Jakob war 5 Monate in Kirkuk (Irak) stationiert. Dort wohnte sie mit den anderen Mitarbeitern von MSF in sehr bescheidenen Verhältnissen und auf sehr engem Raum. Die Mitarbeiter von MSF hatten nicht die Möglichkeit, sich frei in Kirkuk zu bewegen, da dies zu gefährlich war. Die Wohnsiedlung wurde immer bewacht und auch die Ärzte von MSF hatten stets einen Bodyguard bei sich. MSF war in einem öffentlichen Spital auf der Neonatologie im Einsatz. Dort hatten sie die Aufgabe, das einheimische Personal zu schulen und zu unterstützen. Durch die Arbeit von MSF war es möglich, die Neonatologie ein wenig aufzurüsten. Und trotzdem fehlte es immer an allen Ecken und Enden an geeigneten Einrichtungen und Material. Dies lag oft daran, dass am Zoll oder beim Transport Schwierigkeiten auftraten. Die Geburtenrate beträgt ca. 1200 Kinder pro Monat (als Vergleich: Inselspital Bern: 1800 Kinder/Jahr) Oft fehlte es an Kleinigkeiten, um das Leben eines Säuglings zu retten. Die Sterblichkeitsrate bei Frühgeburten ist sehr hoch, da im Irak eine Frühgeburt als Abort gilt und dementsprechend nicht die medizinische Versorgung stattfindet, welche notwendig wäre, um das Kind am Leben zu erhalten. Bei der Schulung und Betreuung des einheimischen Personals mussten oft einfache «Basics» korrigiert werden. Zum Beispiel, dass ein Säugling nicht stundenlang nackt auf einer nichtfunktionierenden Wärmeplatte liegen bleiben sollte, sondern dass er sofort in warme Decken eingepackt werden sollte.  Bei den sehr eindrücklichen und bewegenden Erlebnissen, die uns Frau Jakob geschildert hat, fragt man sich, wie es das medizinische Personal von MSF schafft, dies durchzustehen. Man erlebt doch sehr viel Leid und spürt oft Frustration. Und doch wird von Frau Jakob hervorgehoben, dass man sich an den Menschen orientieren muss, denen man helfen konnte und es ein grosses Glücksgefühl ist, wenn man eine gesunde Mutter mit ihrem gesunden Säugling nach Hause entlassen kann.  Im Workshop schilderte die Referentin noch weitere Einsätze, deren Probleme und Erfolge und gab uns damit ein eindrückliches Bild über die Arbeit, welche MSF täglich leistet. Wir verliessen den Workshop mit dem Gefühl, dass es tatsächlich jenseits der Grenzen unserer Praxen noch einiges zu tun gibt. ■ REFERENTIN: DR. MED. DINA-MARIA JAKOB, FACHÄRZTIN FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN FMH, ASSISTENZÄRZTIN KINDERKARDIOLOGIE UNIVERSITÄTS-KINDERSPITAL ZÜRICH MODERATION: CLAUDIA SCHEIDEGGER, MPA IN DER PRAXIS DR. MED. HANSUELI ZWEIFEL, GLARUS AUTORIN: SIMONE ORAVEC SCHNEEBERGER, MPA IN DER PRAXIS DR. C. PASQUINELLI, ZOLLIKOFEN KORRESPONDENZADRESSE: simca1@bluemail.ch Als Kinderärztin im Einsatz für «Médecins sans frontières (MSF)» (während der Mitgliederversammlung KIS)

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