KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 4/2017

K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 27 04 / 2017 JAHRESTAGUNG 2017 – WORKSHOPS Bereits auf dem Gang führen einem die wohlriechenden Düfte der ätherischen Öle zielbewusst zum Kursraum. Hier begrüsst einen neben der Referentin Frau Fotinos-Graf und dem Moderator Dr. Simmen eine anregende Auslage von Pflanzen in nativer und getrockneter Form, ätherische Öle und diverse Sirupe. Frau Fotinos-Graf ist Apothekerin mit Vertiefung im Gebiet der Phytotherapie.  Eine kurze Einführung zu den Hintergründen der Phytotherapie führt zielstrebig zu den für uns Kinderärzte gut gegliederten wichtigsten Krankheitssymptomen und ihren möglichen pflanzlichen Therapien. Das sehr schön strukturierte Handout ermöglicht es einem, sich in der Fülle der erwähnten Arzneimittel zurechtzufinden und ist auch jedem Nicht-Teilnehmenden als kleines Nachschlagewerk zu empfehlen.1 Sehr hilfreich sind auch Fertigpräparate unter Anmerkung der Aufführung in der Spezialitätenliste aufgeführt. Zudem folgt jedem Kapitel eine Auswahl an möglichen Magistralrezepturen, welche so 1:1 als Rezept übernommen werden können. Frau Fotinos-Graf empfiehlt hier grosszügig auszuprobieren. Als wichtigen Hinweis erwähnt sie, dass solche Magistralrezepturen leider nur noch von wenigen Apotheken hergestellt werden und verweist auf das Netzwerk der Phyto-Referenz-Apotheken (siehe www.smgp.ch).  Auffallend für mich sind die bei fast jeder Arznei, hier Droge genannt, bestehenden Alterseinschränkungen. Meinerseits hatte ich gehofft, insbesondere beim Altersspektrum der unter 2-Jährigen, wo bei den klassischen Arzneimitteln doch eine grosse Einschränkung besteht, phytotherapeutische Mittel anwenden zu können. Dem ist nicht unbedingt so. Auch lernen wir, dass von der gleichen Pflanze unterschiedliche Extrakte gewonnen werden können und diese sich in ihrer Toxizität unterscheiden. Z. B. sollte vom Thymian das Thymian ct thymol gemieden werden, wohingegen Thymian ct linalol schon früh zur Anwendung kommen kann. Zu diesem Zeitpunkt beginnt auch das Herumreichen diverser Pflanzen zum Riechen und Säfte zum Probieren. Wo die Pflanzen hierbei sehr gut riechen, sind die Säfte teils von grausligem Geschmack, dass man sich nur schwer vorstellen kann, wie ein solcher dem kranken Kind eingeflösst werden kann.  Eine spannende Diskussion entsteht, als eine Teilnehmerin kritisch anmerkt, dass die Phytotherapie einen in der Praxis dazu verleitet, dem Wunsch der Eltern nach einem Medikament (zu) niederschwellig nachzukommen. Dies widerstrebe der Auffassung, dass man die Eltern dahingehend berät, dass z. B. eine banale Erkältung nicht unbedingt einer Medikation bedarf und ihnen so auch eine gewisse Kompetenz im Umgang mit dem kranken Kind vermittelt. Die Anwendung phytotherapeutischer Mittel scheint unter den Anwesenden jedoch ziemlich verbreitet und auch niederschwellig zu erfolgen. Als die Referentin nachfragt, wer diese in der Praxis gebraucht, melden sich nur wenige. Bei den Diskussionen hört man dann aber immer wieder, wie die Kollegen von der Anwendung dies oder jenes Hausmittelchens berichten.  Abschliessend kann gesagt werden, dass der Workshop einem einen strukturiert gestalteten Einblick in das Thema erlaubt hat, deren Komplexität einem aber auch klar aufgezeigt wurde. Praktiker können das Problem dahingehend lösen, dass sie sich analog zur Gliederung des Handouts für das jeweilige Krankheitssymptom eine passende Arznei heraussuchen, mit der sie dann arbeiten. Wer sich mit dem nicht begnügt, dem wäre eine Weiterbildung bei der SMGP zu empfehlen. ■ REFERENTIN: KAROLINE FOTINOSGRAF, EIDG. DIPL. APOTHEKERIN, FPH PHYTOTHERAPIE, DIPL. AROMATHERAPEUTIN, APOTHEKERIN ZÄHRINGER-APOTHEKE BALLINARI BERN MODERATION: DR. MED. LUCIEN SIMMEN, FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN FMH, MIT PRAXIS IN BRUGG AUTOR: DR. MED. CORSIN DUFF, FACHARZT FÜR KINDER- UND JUGENDMEDIZIN FMH, PRAXIS AM LINDBERG, WINTERTHUR KORRESPONDENZADRESSE: corsin.duff@hin.ch Vom ätherischen Öl bis zum Zwiebelwickel: Phytotherapie in der Pädiatrie 1  Alle Teilnehmenden der Jahrestagung 2017 haben einen Link zum Herunterladen der Handouts erhalten.

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