KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2017

K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 38 FÜR S I E GELESEN 03 / 2017 Yvonne Steiner: Léonie: Über Missbrauch reden Taschenbuch, Orte Verlag, 96 Seiten, 1. Auflage 3. Oktober 2016 DR. MED. KERSTIN WALTER, VORSTAND KINDERÄRZTE SCHWEIZ Korrespondenzadresse: kerstin.walter@web.de I n diesem kleinen Buch schildert eine betroffene junge Frau ihre Erfahrungen, wie sie als Kind und Jugendliche Opfer von sexuellem und körperlichem Missbrauch wur- de. Zu denken gibt insbesondere die Spirale aus Gewalt – sie entkommt zunächst dem Missbrauch durch den eigenen Vater, weil ein Freund der Mutter, der später zu ihrem Stiefvater wird, diesen anzeigt. Ausgerechnet durch diesen wird sie aber später erneut missbraucht und leidet zusätzlich sehr unter der körperlichen und seelischen Gewalt, welche dieser insbesondere auch ge- gen ihren Bruder einsetzt.  Die Geschichte macht deutlich, wie solche Erfahrun- gen das gesamte emotionale Leben von Kindern ver- ändern und sich auch auf nahezu alle anderen Lebens- bereiche einschliesslich Schule und Berufsausbildung auswirken. Dieser Abwärtsspirale zu entkommen ist, wie die Geschichte von Leonie zeigt, schwierig, aber nicht unmöglich. Die Geschichte soll somit auch Mut machen, indem sie zeigt, dass es trotz solcher trauma- tischer Erfahrungen seit dem frühen Kindesalter durch den Einsatz von Bewältigungsstrategien und Unterstüt- zung von Dritten gelingen kann, in ein halbwegs «nor- males» Leben zurückzufinden.  Das Buch liest sich schnell und trotz harter Kost flüs- sig. Es bleibt aber ein individueller Erfahrungsbericht, aus dem sich eher weniger konkrete Handlungsemp- fehlungen für Ärzte, Psychologen oder ähnliche Be- rufe ableiten lassen. Was für Leonie zutrifft, kann si- cherlich nicht einfach generalisiert werden. Insofern ist das Buch eher an Menschen gerichtet, die selbst Missbrauchserfahrungen gemacht haben und so erle- ben, dass sie mit ihrer Scham, Wut oder Hilflosigkeit nicht alleine sind. «Léonie: Über Missbrauch reden» zeigt einen der vielen möglichen Wege auf, mit sol- chen Erfahrungen umzugehen und eignet sich damit meines Erachtens am ehesten dafür, an interessierte Le- ser als eines von vielen Beispielen ausgeliehen zu wer- den. ■ Milo und der Kämpfer im Wald Autorin und Songwriterin: Berna Weber; Illustration: Marlene Küng M ilo, der fröhliche Hase kommt von einem Waldspa- ziergang zu seiner Höhle zurück und wird aus dem dunklen Inneren von einer Stimme erschreckt, die ihm grosse Angst einflösst. Er traut sich nicht in seine Höh- le und holt sich Hilfe bei verschiedensten befreundeten Waldtieren. Eines nach dem anderen stellen sie ihm gerne ihre herausragenden Fähigkeiten zur Verfügung und ver- sprechen ihre Hilfe. Als aber zu guter Letzt auch der star- ke grosse Bär es mit der Angst zu tun bekommt, beginnt Milo zu verzweifeln. Da kommt die alte Eule. Sie lässt sich nicht so rasch von den leeren Drohungen des «furchtlo- sen Kämpfers», wie sich die Stimme aus der Höhle selber bezeichnet, beeindrucken. Sie hat nämlich seine Stimme erkannt und entlarvt den Übeltäter als kleines Waldmäus- lein. Es hatte sich ein Winterquartier gesucht und, Ende gut alles gut, darf nun bei Milo in der Höhle überwintern. Das Buch ist grossformatig mit Hochglanzseiten aufge- macht. Die Bilder werden von der Farbe grün dominiert: der Farbe der Hoffnung?  Berna Weber ist Märchenerzählerin und Kleinkind­ erzieherin. Beide Herkunftswurzeln sind im Buch er- kennbar. Die Geschichte ist vielschichtig, in der Tradition der alten Volksmärchen und bietet neue, unentdeckte Blickwinkel auch bei wiederholtem Erzählen. Diesen Teil des Buches wie auch die gefälligen Illustrationen mag ich sehr.  Es ist die Ausstattung des Buches mit CD (Schweizer- deutsch, Deutsch und Englisch), Bastelbogen, Finger­ figuren: im Online-Shop bestellbar, Zeichenvorlagen und eine simple Ausdeutschung der Moral der Ge- schichte im Webauftritt, die mir etwas sauer aufgestos- sen sind. Wenn ich das Buch als Lehrmittel betrachte, DR. MED. REGULA ZIEGLER-BÜRGI, KÜSNACHT, MITGLIED REDAKTIONSKOMMISSION Korrespondenzadresse: regula.ziegler@bluewin.ch

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