KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 3/2017
03 / 2017 FORTB I LDUNG K I N D E R Ä R Z T E . SCHWEIZ 31 Initiale Symptome nach Massen-Feldstichen sind Ödem, Müdigkeit, Schwindel, Erbrechen, Fieber und Apathie bis Bewusstlosigkeit. Durch den kumulativ zyto- toxischen Effekt des Bienen- und Wespengiftes kommt es zur Hämolyse und relativ spät (iR nach 24 h bis 6 Ta- gen) wegen Rhabdomyolyse zum Anstieg des Creatin- Phosphokinase (CPK)-Spiegels. In der Folge kann es zu akutem Nierenversagen kommen mit tubulärer Nekro- se. Weitere Gewebeschäden betreffen das Integument, Myokard sowie Leber mit Anstieg der Leberwerte. Ursache für einen tödlichen Verlauf ist fast immer das akute Nierenversagen 2–6 Tage nach dem Massen- stich-Ereignis. Obwohl in der Literatur zahlreiche Fälle beschrieben sind mit tödlichem Verlauf nach Massen- stichen (vom Kleinkind bis ins hohe Alter) ist die Häu- figkeit von fatal verlaufenden einzelnen Stichereignis- sen bei Insektengift-Allergikern mit ca. 200 Todesfällen pro Jahr in Europa höher. Interessanterweise lässt sich keine Schwelle betref- fend Anzahl Bienen- und Wespenstiche definieren, bei deren Überschreiten der kumulativ toxische Effekt zum Tod führt. Bei Kindern sind letale Verläufe bei weniger als 30 Wespenstichen und nach etwa 100 Bienensti- chen beschrieben. Andere «Case Reports» beschreiben Kinder, welche 100–200 Wespenstiche überlebt haben. Ein Fall ist bekannt, bei dem ein Kind angeblich über 1000 Bienenstiche überlebt haben soll. Wie ist das Vorgehen in der Praxis bei einem Patien- ten mit Dutzenden von Hymenopteren-Stichen? Wich- tig sind eine rasche Beurteilung in der Praxis und ge- gebenenfalls Behandlung des nicht-immunologischen Schocks, einer möglichen Hypoxie und Hypovolämie. Adrenalin soll falls erforderlich als Sofortmassnahme eingesetzt werden, ebenso intravenöse Flüssigkeit, Antihistaminika und Glucocorticoide. Zusätzlich sol- len Schmerzmittel, eventuell Antiemetika oder Medi- kamente zur Beruhigung eingesetzt werden. Die be- troffenen Kinder sollen vorsichtig ausgezogen und die Stachel – falls noch vorhanden – entfernt werden. Ach- tung: Oft verstecken sich in den Kleidern weitere stich- bereite Insekten! Nach Erstversorgung in der Praxis sollen die Patien- ten überwiesen werden zur stationären Überwachung. Kontrolliert werden im Spital in regelmässigen zeitlichen Abständen CPK, Hämoglobin, Thrombocyten, Elektro- lyte, Leberwerte und Nieren-Parameter. Gegebenenfalls müssen Diuretika eingesetzt werden, in einzelnen Fällen ist eine Dialyse oder Plasmapherese notwendig. Wie soll man sich verhalten, wenn man als Individu- um von einem Schwarm Bienen oder Wespen angegrif- fen wird? Die beste Verteidigung ist, so schnell und weit wie möglich wegzurennen. Die Insekten verteidigen pri- mär ihr Revier und geben in der Regel die Verfolgung an der Grenze ihres Territoriums auf. ■ Biene Nahaufnahme Tabelle 1: Mögliche Komplikationen von Hymenopteren-Stichen 1. Systemische IgE-vermittelte Reaktionen bei Bienen- und Wespengiftallergikern 2. Schwere lokale Reaktionen nach einzelnen Stichen an empfindlichen Körperstellen 3. Kumulativ toxische Reaktionen nach Massenstich-Ereignis. Tabelle 2: Cytotoxischer Effekt nach Massenstich-Ereignis – Hämolyse – Rhabdomyolyse mit Anstieg der CPK und möglicher akuter Niereninsuffizienz – Gewebeschäden an Integument, Leber und Myokard Tabelle 3: Vorgehen nach Massenstich-Ereignis in der Praxis – Rasche Beurteilung des Patienten – Bei nicht-immunologischem Schock: Adrenalin intramuskulär, Volumen i.v. und O 2 -Substitution – Antihistaminika und Glucocorticosteroide – Analgetika, evtl. Antiemetika und Sedativa – Verlegung ins Kinderspital zur stationären Überwachung Wespen
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