02 / 2017 FORTB I LDUNG K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 31 Aknetherapie aktuell Ausserhalb des Jugendalters tritt die Akne zunehmend bei jüngeren Kindern ab 8 Jahren auf und ist damit häufig das erste Zeichen der beginnenden Pubertät. In den ersten drei Lebensmonaten findet sie sich vereinzelt bereits beim Säugling, unter anderem bedingt durch mütterliche Androgene, mit selbstlimitierendem Verlauf. Bei Manifestation ab dem 3. Lebensmonat sowie später im Vorschulalter sind unterliegende androgenisierende Prozesse auszuschliessen und aufgrund des oft schwereren Verlaufs eine Aknetherapie einzuleiten. Spätformen der Akne im Erwachsenenalter werden vorwiegend bei Frauen beobachtet. Die Akne manifestiert sich an den Talgdrüsen. Das klinische Spektrum reicht von wenigen Komedonen bis zu schweren nekrotisierenden Formen. Die typischen betroffenen Hautareale, alle reich an Talgdrüsen, sind Gesicht, Schulterpartie, Oberarme, V-förmiger Brust- und Rückenabschnitt. Schwere entzündliche Akneformen können meist lebenslänglich sichtbare Narben hinterlassen. Die psychosoziale Bedeutung der Akne ist relevant und wurde in Studien als vergleichbar mit Diabetes mellitus und Arthritis beurteilt. Von Akne betroffene Jugendliche haben ein erhöhtes Risiko, ein niederes Selbstwertgefühl zu entwickeln, und weisen oft eine Neigung zu Depressivität und sozialem Rückzug auf. Eine frühzeitige, wirksame und an die aktuelle Klinik angepasste Therapie ist deshalb anzustreben. Wie entsteht Akne? Die Pathogenese der Akne ist multifaktoriell und nach wie vor nicht durchwegs erklärt. Folgendevier hauptsächliche Faktoren sind, in individuell unterschiedlicher Ausprägung, relevant und sind auch in die therapeutischen Überlegungen mit einzubeziehen: – Hyperkeratose im Ausführungskanal des Talgdrüsenfollikels durch die gesteigerte Proliferation und Retention von Keratinozyten – Talgdrüsenhyperplasie mit Seborrhoe, stimuliert durch Androgene – Mikrobielle Hyperkolonisation des Talgdrüsenfollikels mit Keimen der physiologischen Standortflora (Propionibacterium acnes) – Inflammatorische Reaktion mit erythematösen Papeln, Pusteln und Knoten. Je nach Ausmass der Entzündung können Narben entstehen. Für den Schweregrad und Verlauf einer Akne sind relevant: – Genetische Prädisposition, basierend auf Beobachtungen in Zwillingsstudien. Waren beide Eltern im Jugendalter von Akne betroffen, so liegt die Wahrscheinlichkeit des Auftretens beim Kind bei mindestens 50%. – Hormone: Androgene erhöhen die Talgdrüsenproduktion und Inflammation. – Die Rolle der Ernährung wird heute wieder zunehmend diskutiert. Untersuchungen weisen auf die Verschlechterung der Akne unter westlichem Ernährungsstil hin, welche reich ist an Milchprodukten mit hyperglykämischen Lebensmitteln sowie hohem glykämischem Index [1]. Der Nachweis, dass erhöhte Insulin-like growth factor-1 Werte in vitro zu erhöhter Expression von Entzündungsparametern und Talgproduktion in Sebozyten führen, [2] stützt obige Beobachtungen. Umgekehrt weisen neue Arbeiten auf Akne als Marker für erhöhten Body-Mass-Index und Insulinresistenz hin [3]. Die Korrelation Akne und Ernährung ist aktuell Gegenstand breiter Untersuchungen. Die heute vorliegenden Daten können bereits im Einzelfall die Empfehlung einer Nahrungsumstellung hin zu Lebensmitteln mit niedrigem glykämischem Index rechtfertigen als adjuvante Massnahme in der Aknetherapie. – Medikamente und Vitamine ACTH, Azathioprine, Barbiturate, Isoniazid, Lithium, Phenytoin, Disulfiram, Halogeniodide, Steroide, Ciclosporin, Vit. B2, B6, B12 – Stress führt häufig zu einer Verschlechterung der Akne. Akne oder nicht? Die Diagnose wird klinisch gestellt und ist bei Nachweis von Komedonen gesichert. Charakteristisch sind weiter follikulär gebundene Papulopusteln. Bei atypischen Befunden ohne Komedone kann eine mikrobiologische Abklärung (Abstrich Pustel) sinnvoll sein zum Ausschluss einer gramnegativen, einer PityrosporumFollikulitis oder einer pustulösen Tinea. Weitere Differenzialdiagnosen sind in erster Linie die periorale Dermatitis und die Rosazea, bei welchen keine Komedonen auftreten. DR. MED. KRISTIN KERNLAND LANG, FMH DERMATOLOGIE, SPRECHSTUNDE FÜR PÄDIATRISCHE DERMATOLOGIE, KANTONSSPITAL BADEN Akne ist in der westlichen Hemisphäre die häufigste Hauterkrankung überhaupt und betrifft >85% der Jugendlichen (Pubertät bis frühes Erwachsenenalter) in der einen oder anderen Form. Der durchschnittliche Beginn liegt bei 11–12 Jahren. Die Akne ist in ihrer Pathogenese komplex, im Verlauf chronisch und in ihrer Ätiologie teilweise noch ungeklärt. Aufgrund ihrer potenziellen Narbenbildung und psychischen Relevanz ist ein früher Therapiebeginn sinnvoll.
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