KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2017

FORTB I LDUNG 02 / 2017 K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 30 wichtige Rolle. Obwohl alle Kinder von einer Tinea capitis befallen sein können, sind afrikanische Kinder sehr viel häufiger betroffen. Bei afrikanischen Kindern kann grundsätzlich jede schuppende Kopfhautläsion bis zum Beweis des Gegenteils als Tinea capitis betrachtet werden.  Die Tinea capitis kann klinisch als relativ reizlose, schuppende, alopezische Areale, als sog. «black-dot tinea» mit multiplen abgebrochenen Haaren (Abbildung 3) oder dann stärker entzündlich mit Papeln und Pusteln auftreten. Maximalform ist das Kerion celsi, wo es zu hochentzündlichen, eitrig einschmelzenden Plaques kommt, häufig begleitet von Allgemeinsymptomen und zervikaler Lymphadenopathie (Abbildung 4). In diesen Fällen kann bei zu später therapeutischer Intervention eine narbige Alopezie resultieren. Leider wird diese Form der Tinea capitis häufig über längere Zeit als Pyodermie fehlinterpretiert.  Die Diagnose soll stets mittels mykologischer Kultur bestätigt werden, da anhand des Erregers Aussagen über die Quelle der Infektion gemacht werden können (athropophiler oder zoophiler Pilz). Zudem hängt die Wahl des Antimykotikums von der nachgewiesenen Spezies ab.  Zur mykologischen Kultur werden ausgezupfte Haare (bei Tinea capitis häufig schmerzlos) und Skalpschuppen in einem sterilen Gefäss ins Labor geschickt.  Die Behandlung der Tinea capitis ist ausnahmslos systemisch. Die Therapie erfolgt für mind. 6–8 Wochen resp. bis zur kulturell dokumentierten Erregerfreiheit. Bei stark entzündlichen Formen soll die Behandlung bereits bei klinischem Verdacht begonnen und nicht die Kultur abgewartet werden (Dauer 3–4 Wochen!). Bei Kerion celsi scheinen systemische Steroide (Prednison 1mg/kg/ Tag) initial über 5–7 Tage einen gewissen Stellenwert zum Schutz der verbliebenen Follikelstammzellen zu haben. Bei Verdacht auf bakterielle Superinfektion ist zudem eine gleichzeitige antibiotische Behandlung erforderlich.  Als Antimykotika stehen Itraconazol und Terbinafin zur Verfügung (Tabelle 1). Itraconazol wirkt sowohl gegen Microsporum- wie auch Trichophyton-Spezies, Terbinafin wird vor allem bei Infektionen mit TrichophytonPilzen verwendet und weist im Vergleich zu Itraconazol eine etwas bessere Verträglichkeit und weniger Interaktionen auf. Eine Kontrolle von Blutbild und Leberwerten ist bei beiden Medikamenten spätestens nach 4 Wochen Therapie sinnvoll.  Zusätzlich zur systemischen Behandlung sollen topischen Antimykotika als Shampoos beim Patienten wie Antimykotikum Dosierung Terbinafin (z.B. Lamisil®) <20 kg 62,5 mg täglich 20–40 kg 125 mg täglich >40kg 250 mg täglich Itraconazol (z.B. Sporanox®) 5mg/kg in 1 täglicher Dosis (max. 200 mg/Tag) Einnahme nüchtern! Tabelle 1. Dosierung systemischer Antimykotika im Kindesalter. Abbildung 3: Tinea capitis vom Typ der «black-dot-Tinea» bei afro-amerikanischem Kind. Abbildung 4: Kerion celsi – sofortige systemische antimykotische Therapie erforderlich. auch den übrigen Familienmitgliedern verwendet werden.  Nach Beginn der systemischen Therapie ist ein Schulbesuch wieder möglich.  Nebst den genannten Krankheitsbildern existiert eine Vielzahl entzündlicher, infektiöser, genetischer sowie anderer Alopezien, welche meist eine dermatologische Beurteilung erfordern. Insbesondere bei Auftreten von vernarbenden Alopezien ist eine zügige fachärztliche Beurteilung indiziert. ■ LITERATUR – RalphM. Trüeb, Haare–Praxis der Trichologie, Steinkopff Darmstadt, 2003 – Amy S. Paller, Anthony J. Mancini – Hurwitz Clinical Pediatric Dermatology, Elsevier 2016 – Smith A, Trüeb RM, Theiler M, Hauser V, Weibel L., High Relapse Rates Despite Early Intervention with Intravenous Methylprednisolone Pulse Therapy for Severe Childhood Alopecia Areata, Pediatr Dermatol. 2015 Jul–Aug;32(4):481–7 – Gilhar A, Etzioni A, Paus R., Alopecia areata. N Engl J Med. 2012 Apr 19;366(16):1515–25 – Fuller LC, Barton RC, Mohd Mustapa MF, Proudfoot LE, Punjabi SP, Higgins EM., British Association of Dermatologists‘ guidelines for the management of tinea capitis 2014, Br J Dermatol. 2014 Sep;171(3):454–63 In der E-Paper Ausgabe dieses Heftes finden Sie einen Artikel dieses Autors zum Thema «Nagelveränderungen bei Kindern».

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