KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2017

02 / 2017 FORTB I LDUNG K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 29 Trichotillomanie / Trichotillose Die Trichotillomanie, in milderer Ausprägung auch Trichotillose genannt, ist in der pädiatrischen Praxis immer wieder einmal anzutreffen. Obwohl sie manchmal nicht einfach von der AA zu unterscheiden ist, sind die vorliegenden alopezischen Areale meist bizarr konfiguriert (Abbildung 2). Typisch ist zudem das Vorliegen von abgebrochenen Haaren ganz unterschiedlicher Länge, was gut auch mittels Dermatoskop ersichtlich ist.  Bei kleineren Kindern kommt es durch gewohnheitsmässiges Spielen, Zwirbeln oder Zupfen der Haare zur Manifestation. Häufig liegen gleichzeitig ähnliche Verhaltensmuster (Fingerlutschen, Nägelkauen etc.) vor. Meist erfolgen die Manipulationen beim Einschlafen, Lesen oder Fernsehen. Die Prognose ist bei jungen Kindern insgesamt günstig.  Problematisch ist die Trichotillomanie öfter im Adoleszentenalter, wo sie von weiteren Zwangshandlun- gen begleitet oder im Rahmen anderer psychiatrischer Erkrankungen auftreten kann. Hier ist ein behutsamer Zugang sowie, sofern indiziert, eine psychologische/ psychiatrische Begleitung erforderlich. Tinea capitis Pilzinfektionen des Skalps kommen fast ausschliesslich im Kindesalter, am häufigsten im Alter von 3–7 Jahren, vor. Durch die vermehrte Seborrhö sind Adoleszente und Erwachsene vor dieser Infektion meist geschützt. Nebst dem Alter spielt auch die Textur der Haare eine  Die Prognose ist im Einzelfall leider nicht vorhersehbar. Einige wenige alopezische Stellen haben eine gute Spontanheilungsrate über 6–12 Monate. Schlechter ist die Prognose bei früher Krankheitsmanifestation und ausgedehntem Befall. Bei Kindern mit Alopecia totalis und universalis beträgt die Spontanheilungsrate lediglich 10%.  Die Behandlung von Kindern mit AA stellt für den Arzt/die Ärztin eine Herausforderung dar. Den beschränkten therapeutischen Möglichkeiten steht oft ein enormer Leidensdruck entgegen. Die Art der Behandlung hängt dabei vom Alter des Patienten, der Ausdehnung und der Dauer der Erkrankung wie auch den Wünschen der Familie ab.  Für umschriebene Formen kommen insbesondere topische Steroide (Klasse III) infrage, welche täglich über 4 Wochen, danach weiter am Wochenende über mehrere Monate eingesetzt werden. Alternativ erfolgt bei älteren Kindern die intraläsionale Applikation von Steroid-Kristallsuspensionen (Kenacort®).  Bei rasch fortschreitenden, ausgedehnten Formen kann mittels intravenösen Steroidpulsen dem Fortschreiten der Erkrankung häufig Einhalt geboten werden. Diese therapeutische Intervention führt jedoch gemäss eigenen wie auch anderen Untersuchungen nicht zu einer Besserung der Langzeitprognose, sodass diese Intervention mit den Familien kritisch zu evaluieren ist. Längerfristige immunsuppressive Behandlungen mit Methotrexat oder in Zukunft möglicherweise auch mit Januskinaseinhibitoren (Tofacitinib, Ruxolitinib) stellen allenfalls im Adoleszentenalter eine Option dar, wobei Ansprechraten um die 50% erzielt werden.  Für ältere Kinder mit chronischen, schweren Formen der AA existiert zudem die topische immunmodulierende Behandlung mit Diphenylcyclopropenon (DCP). Dieses wird wöchentlich aufgetragen und führt zu einem subklinischen Kontaktekzem, wodurch ein Nachwachsen der Haare induziert werden kann. Die Ansprechraten liegen bei dieser Therapieform zwischen 35–50%.  Leider stellt ein langfristiges Fehlen von Haaren trotz aller therapeutischer Versuche für etliche Kinder eine Realität dar. Diese Patienten können von der Verschreibung einer Perücke, welche von der Invalidenversicherung teilfinanziert wird, profitieren. Zudem kann in solchen Situationen psychologischer Support hilfreich sein. Abbildung 1: Alopecia areata. Abbildung 2: Trichotillomanie. Alopezisches Areal mit multiplen verbleibenden Haarstümpfen unterschiedlicher Länge.

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