KINDERÄRZTE.SCHWEIZ 2/2017

02 / 2017 FORTB I LDUNG K I N D E R Ä R Z T E. SCHWEIZ 27 Wundbehandlung – Update in Kürze Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Kinder in den meisten Fällen primär heilende Wunden aufweisen. Aufgrund des Wachstums des Kindes und der sich verändernden Hautstruktur, insbesondere im Säuglings- und Jugendalter, muss die Wundversorgung und -behandlung immer entsprechend dem Alter, der Haut und den Gegebenheiten der betroffenen Körperstellen angepasst werden. Insbesondere im Säuglings- und Kleinkindesalter müssen entsprechende Interventionen zur Wundversorgung dieser veränderten Hautstruktur angepasst sein, um eine weitere Traumatisierung, zum Beispiel beim Entfernen von Pflastern, der Haut zu verhindern [1].  Unter Berücksichtigung der kindlichen Hautstrukturen sind folgende Aspekte von zentraler Bedeutung betreffend der Wundheilung bei Kindern: • Die Haut des Früh-/Neugeborenen und Säuglings im ersten Lebensjahr ist um 60% dünner als die Haut erwachsender Patienten und ist daher anfällig für Läsionen durch Wundauflagen, Verkleben mit der Wunde und Wundränder sowie Hauttränen (skin tears). • Die Hautregeneration insbesondere in der Granulationsphase ist bei Kindern deutlich schneller als bei Erwachsenen (grössere Anzahl an Fibroblasten, Collagen und die Elastinproduktion ist bei Kindern höher). • Narben wachsen potenziell langsamer als die nicht vernarbte Umgebungshaut und können bereits nach kurzer Zeit funktionelle Einschränkungen verursachen. Um die primäre Wundheilung bei Kindern ideal zu unterstützen, bedürfen Wunden Schutz vor mechanischer Reibung, um die Wundregeneration nicht zu stören. Je nach Lokalisation, Alter des Kindes und Grösse der Wunde ist eine Wundauflage nach ca. 48 Stunden nicht mehr notwendig. Eine Desinfektion der Wunde entfällt in aller Regel, da das Gewebe bereits bei der ersten Wundinspektion verschlossen ist. Bei grossflächigen oder sekundär resp. verzögert heilenden Wunden ist der Aspekt zur Wahl einer geeigneten Wundauflage besonders gross (Tabelle 1). Kinder erleben durch einen Verbandwechsel einerseits eine Retraumatisierung, welche sie zum Beispiel an ihr Unfallereignis erinnert, häufig sind es aber die Angst- und Schmerzzustände, die das Wohlbefinden des Kindes wie auch das seiner Familie während einem Verbandwechsel stark beeinträchtigen können. Angst und Schmerzen, zwei sich gegenseitig verstärkende Phänomene, lassen sich nicht immer auseinanderhalten. Dementsprechend ist die Unterscheidung, ob ein Kind nun in erster Linie Angst vor den Schmerzen oder wirklich Schmerzen während eines Verbandwechsels hat, oft erschwert. Es zeigt sich, dass die Anforderungen an eine geeignete Wundauflage für Kinder vor allem eines sein müssen – flexibel in ihrem Einsatz (Tabelle 1). Tabelle 1: Anforderungen an Wundverbände für Kinder aller Altersstufen • Kleine Grössen und Verpackungseinheiten • Zuschneidbare und flexible Wundauflagen, keine Standardgrössen, die nicht zerschnitten werden können (keine fixen Ränder) • Einfache Handhabung, da gleichzeitig das Kind evtl. gesichert/gehalten werden muss, sowie keine unnötig langen Wartephasen zwischen einzelnen Schritten der Wundversorgung (easy to apply) • Exsudataufnahme und Schutz der Wundränder • Kein Verkleben mit der Wunde / atraumatische Verbandwechsel • Flexibilität, um die Bewegungsfreiheit und das Wachstum des Kindes nicht einzuschränken Obwohl den Inhaltsstoffen einer Wundauflage Beachtung geschenkt werden muss, sind diese nicht für alle Altersstufen im Kindesalter getestet und Evaluationen dazu fehlen meist gänzlich. Silberhaltige Wundauflagen zeichnen sich dadurch aus, dass sie durch die lokale Freisetzung von Silberionen das Risiko für lokale Wundinfektionen minimieren oder sogar positiv beeinflussen können. Dies ist in der Wundversorgung von grossflächigen Wunden zum Beispiel nach einer thermischen Verletzung zentral, da mit der Wahl einer saugfähigen, einfach an die Körperkonturen des Kindes zu adaptierenden, silberhaltigen Wundauflage wesentliche Aspekte für die effektive Wundversorgung bei Kindern nach einer solchen Verletzung gewährleistet werden können (Abbildung 1 und 2). Der Vorteil einer silberhaltigen Schaumstoffwundauflage gegenüber den vor Jahren weit verbreiteten Anwendung von silberhaltigen Salben für die Wundversorgung von grossflächigen Verbrühungen und Verbrennungen ist hauptsächlich darin gegeben, dass die Intervalle für Verbandwechsel reduziert sind. Salbenverbände (z.B. Flammazine® oder Ialugen®) müssen alle 24 Stunden erneuert werden, was für das Kind und die Familie häufig mit einer sehr hohen Belastung verbunden ist. ■ LITERATUR: [1]Bahasterani, M.M (2007). An Overview of Neonatal and Pediatric wound care knowledge and considerations. Ostomy Wound Management, 53 (6); 34–55. [2]Schiestl, CM, Hafner, B, Kamholz, LP, Guggenheim, M. (2015). Thermische Verletzungen, ein Ratgeber für die Praxis, Mölnlycke HealthCare. ANNA-BARBARA SCHLÜER, PHD, MSCN, PFLEGE- EXPERTIN APN HAUT- UND WUNDPFLEGE, UNIVERSITÄTSKINDERSPITAL ZÜRICH Abbildung 1 und 2: Exemplarische Anwendung eines silberhaltigen, selbsthaftenden Wundverbandes (Mepilex Ag®) an zwei Fingern [2]. ANMERKUNG DER REDAKTION: Da die Kinderspitäler Zürich und Bern in ihren Empfehlungen für die Behandlung von Verbrennungen Mepilex Ag® der Firma Mölnlycke Health Care empfehlen, erlauben wir uns, euch die von der Herstellerfirma herausgegebene «Verbrennungsfibel» im E-Paper dieser Ausgabe vorzustellen. Die Fibel ist sehr informativ und lesenswert und wir publizieren sie frei von jedwelchen Interessenskonflikten und kommerziellen Interessen.

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