102 • G elenktrolleybus mit einmotorigem Antrieb (2. Achse) und diesel-mechanischem Antrieb (3. Achse); • Zweiachs-Trolleybus. Gemäss den Spielregeln der damaligen Daimler-Benz Beteiligungsgesellschaft NAW war auch das Niederflur-Trolleybusprogramm eine Ergänzung und nicht eine Konkurrenz zum Programm von Mercedes-Benz. Es war nicht zu erwarten, dass Mercedes eines Tages einen Niederflur-Trolleybus anbieten würde – der NAW-Niederflur-Trolleybus hatte also die Chance, auch im Ausland gekauft zu werden. Hingegen durfte es – wenn auch technisch durchaus realisierbar – keinen NAW-Niederflur-Autobus geben; da dieser den eben auf den Markt gekommenen MB O405N-Niederflurbus und den damals kurz vor Serienreife stehenden O405GN-Niederflur-Gelenkautobus konkurrenziert hätte. Aber war ein Niederflurbus mit Leiterrahmenchassis überhaupt möglich? Konnte mit einer solchen Konstruktion der Wagenboden tatsächlich auf die gewünschte Höhe gebracht werden? Beim NAW BGT/N Chassis des ersten Niederflur-Gelenktrolleybus findet man tatsächlich sowohl im Vorder- als auch im Hinterwagen zwei Längsträger in Form von U-Profilen. Gegenüber einem Bus mit herkömmlichem Leiterrahmenchassis waren diese Längsträger jedoch tiefer angelegt und ihre maximale Dicke betrug lediglich 120 mm gegenüber 200 bis 250 mm. Sie verliefen auch nicht parallel, wie man es von früher her gewohnt war: Im Bereich vor der zweiten und dritten Achse (B bzw. C-Achse) verlief der in Fahrrichtung rechte Träger gegen die Fahrzeuglängsachse hin, um den Einbauraum zu ermöglichen für die sich unmittelbar vor den rechten Rädern befindlichen Antriebsmotoren. Die Längsträger hatten einen trapezförmigen Verlauf über die Achsen; diese Trapeze bildeten zugleich den Abschluss der Radkästen gegen den Mittelgang, der übrigens im Bereich der Vorderachse rollstuhlgängig war. Die Traversen waren durch die Längsrahmen hindurchgesteckt und halfen mit, dem Chassis die nötige Verwindungssteifigkeit zu geben. Dieser tiefe Rahmen hatte einige Podeste zur Folge, unter denen Aggregate von verschiedenen Herstellern eingebaut werden konnten; aus Platzgründen war eine unterschiedliche Aggregatsanordnung jedoch nicht möglich. Alle Podeste wurden auf Verlangen der Aufbauer im Chassis integriert. Erstens trugen sie zur Festigkeit des Chassis bei und zweitens wurden diese Podeste während der Chassisfertigung, das heisst vor dem Richten und Lackieren, eingeschweisst. Endlich ein aufbaufreundliches Fahrgestell So war der Fahrerplatz auf einem Podest zu finden, das mithalf, den vorderen Überhang zu tragen und unter dem nebst anderem ein Luftbehälter zu finden war. Unter dem Podest hinter dem linken Vorderrad waren zwei weitere Luftbehälter versorgt, während die Steuerstrom-Batterien sich vor dem linken Rad der zweiten Achse befanden. Links vor der dritten Achse war ein diesel-elektrisches Notfahraggregat untergebracht. Rechts vor der zweiten und dritten Achse waren die elektrischen Antriebsmotoren eingebaut und quer im Heck unter der Sitzbank die Kompressoranlage, die auf einfache Weise von aussen her mittels eines Gabelstaplers ausgewechselt werden konnte. Gegenüber der zweiten und vierten Türe waren keine Podeste vorhanden; dort konnten grosse Auffangplattformen oder – gegenüber der zweiten Türe – Abstellplätze für Kinderwagen und Rollstühle errichtet werden. Beim klassischen Bus mit Leiterrahmenchassis war das Chassis in der Regel so dimensioniert, dass es alle Kräfte alleine aufnehmen konnte. Die Carrosserie, die im Wesentlichen für den Transport der Fahrgäste und deren Schutz vor dem Wetter diente, musste einzig elastisch genug sein, um die Verwindungen und Durchbiegungen des Chassis mitmachen zu können. Beim neuen Niederflur-Gelenktrolleybus jedoch konnte die bisherige Fahrgestell- und Aufbau- autonomie nicht mehr übernommen werden. Es ist klar, dass ein Längsträger mit maximaler Dicke von 120 mm nicht dieselbe Belastung erträgt wie ein solcher von 200 mm; im vorliegenden Fall musste also die Carrosserie ebenfalls Kräfte aufnehmen können.
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